1Q84: Buch 3
vor sich, die zu einem vergrabenen Piratenschatz führte. Oder das ursprüngliche Manuskript von Die Puppe aus Luft .
Dabei hegte Fukaeri keineswegs die Absicht, sich in Anspielungen und Rätseln zu ergehen. Für sie war diese Ausdrucksweise das Natürlichste auf der Welt. Sie konnte ihre Gedanken und Vorstellungen eben nur mit diesem Wortschatz und in dieser Grammatik übermitteln. Um sich mit ihr auszutauschen, musste man sich an diesen Stil gewöhnen. Um eine Botschaft von ihr zu entschlüsseln, musste man unter Einsatz seiner gesamten Fähigkeiten und Begabungen mit der Reihenfolge des Gesagten experimentieren und das Fehlende ergänzen.
Doch inzwischen war Tengo so weit, die konkreten Aussagen Fukaeris versuchsweise in ihrer bestehenden Form anzunehmen. Wenn sie sagte, dass sie beobachtet wurden, dann wurden sie wohl tatsächlich beobachtet. Wenn sie das Gefühl hatte, gehen zu müssen , dann war es tatsächlich Zeit für sie zu verschwinden. Das durfte er als gegeben annehmen. Fraglich war nur, ob er die Hintergründe und Einzelheiten später noch herausfinden würde. Oder ob er diese Hoffnung von vornherein aufgeben konnte.
Wir werden beobachtet .
Ob die Vorreiter Fukaeri aufgespürt hatten? Sie wussten von der Verbindung zwischen Tengo und Fukaeri, und sie wussten, dass er von Komatsu beauftragt worden war, Die Puppe aus Luft zu überarbeiten. Genau deshalb war ihm auch dieser Ushikawa auf den Pelz gerückt. Offenbar versuchten sie über raffinierte Umwege, Tengo unter ihren Einfluss zu bringen. Warum, das wusste er noch nicht, aber damit bestand durchaus auch die Möglichkeit, dass sie Tengos Haus beobachten ließen.
Doch wenn dem wirklich so war, dann hatten sie eigentlich zu lange gebraucht, um sie zu finden. Fukaeri wohnte bereits seit fast drei Monaten bei ihm. Die Vorreiter waren hochorganisiert, sie verfügten über große Macht. Falls sie Fukaeri in ihre Hände bekommen wollten, konnten sie das jederzeit tun und mussten ihre Zeit nicht damit vergeuden, sein Haus zu beobachten. Und wenn sie Fukaeri wirklich beschattet hatten, hätten sie sie doch nicht einfach so gehen lassen. Trotzdem war Fukaeri, nachdem sie ihre Sachen gepackt und seine Wohnung verlassen hatte, nach Yoyogi zu seiner Schule gefahren, hatte den Brief bei seinem Freund hinterlegt und sich an irgendeinen anderen Ort begeben.
Je mehr Tengo nach einer logischen Begründung suchte, desto verwirrter wurde er. Er konnte sich nur vorstellen, dass es gar nicht Fukaeri war, die die Vorreiter in ihre Hände bekommen wollten. Vielleicht hatten sie irgendwann ihren Aktionsradius verlagert und jetzt ein anderes Ziel im Visier. Jemanden, der nur mit Fukaeri zu tun hatte. Vielleicht stellte sie selbst aus irgendeinem Grund keine Bedrohung mehr für die Vorreiter dar. Doch warum sollten sie dann Tengos Wohnung beobachten lassen?
Tengo rief vom öffentlichen Telefon in der Schule aus in Komatsus Büro an. Es war Sonntag, aber er wusste, dass Komatsu sich am Wochenende gern im Verlag aufhielt. Ein Büro, in dem sonst keiner war, sei ein wunderschöner Ort, pflegte er zu sagen. Aber es ging niemand an den Apparat. Tengo sah auf die Uhr. Erst elf Uhr am Vormittag. Zu früh für Komatsu. Er fing erst an, wenn die Sonne ihren Zenit überschritten hatte, ganz gleich, an welchem Tag. Also setzte Tengo sich in die Cafeteria und las bei einem dünnen Kaffee noch einmal Fukaeris Brief. Wie üblich war die Schrift sehr klein, und es fehlten Zeichensetzung und Absätze.
tengo wenn sie aus der stadt der katzen zurück sind lesen sie diesen brief alles gut aber wir werden beobachtet deshalb muss ich die wohnung verlassen und das sofort machen sie sich keine sorgen um mich aber ich kann nicht hierbleiben wie ich gesagt habe können sie zu der frau die sie suchen zu fuß gehen aber passen sie gut auf dass sie von niemandem gesehen werden
Nachdem er den Brief, der eher an ein Telegramm erinnerte, dreimal gelesen hatte, faltete er ihn zusammen und steckte ihn in die Tasche. Es ging ihm wie immer bei Fukaeris Mitteilungen: Je öfter er ihre Sätze las, desto stärker gewannen sie an Überzeugungskraft. Tengo erkannte es nun als erwiesene Tatsache an, dass jemand ihn beobachtete. Er hob den Kopf und schaute sich in der Cafeteria um. Es war gerade Unterrichtszeit, und sie war fast leer. Nur wenige Schüler saßen über ihren Lehrbüchern und schrieben in ihre Hefte. Niemand zu sehen, der ihn verstohlen ansah.
Die grundsätzliche Frage lautete: Wenn
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