2 Die Connor Boys: Lieb mich hier und jetzt
nötig."
Er sagte zwar nicht direkt, sie solle verschwinden, aber Samantha hörte die zarte Andeutung aus seinem Ton heraus. Einige Männer schienen mit einer Eselssturheit geboren zu sein. Es mochte ja sein, dass eine Frau ihm Unrecht getan hatte, aber Himmel noch mal, sie drohte ihm schließlich nicht damit, ihn auf den Boden zu werfen und sich an ihm zu vergehen. Sie bot ihm nur ihre Hilfe an, denn es war nicht zu übersehen, dass er bis zum Hals in Arbeit steckte, die zu zweit schneller erledigt werden konnte.
„Sie haben mich richtig neugierig gemacht. Erklären Sie mir doch mal, was Sie da tun", schmeichelte sie ihm, indem sie eine andere Taktik anwandte. „Ich meine, wie funktioniert dieses Zeug da, das Sie aufgestrichen haben?"
Es machte ihm zum Glück nichts aus, auf ihre Fragen zu antworten, solange er gleichzeitig arbeiten konnte. Er erklärte ihr, dass man alte Farbe dadurch entfernte, indem man diese Beize hier aufstrich, eine Weile wartete und dann die gelöste Schicht mit einem Spachtel abkratzte. Seth hatte ihr schon wieder den Rücken zugekehrt. Er war nicht unhöflich, sondern er hatte es eilig, weil das Abbeizen zügig vorangehen musste.
Während Samantha ihm noch zusah, band sie sich schnell das Haar in einem Pferdeschwanz zurück. Genauso schnell schlüpfte sie in den Overall. Sie musste die Ärmel und die Hosenbeine ein paar Mal umkrempeln, und trotzdem war der Overall ihr noch viel zu groß. Dann fand sie ein zweites Paar Handschuhe in dem Werkzeugkasten und zog sie an, obwohl auch diese ihr nicht passten.
Seth sah sich erst nach ihr um, als er hörte, wie sie geräuschvoll in dem Kasten nach einem Spachtel suchte. Entgeistert riss er die Augen auf.
„Wagen Sie ja nicht, es mir zu verbieten", warnte sie ihn, ehe er etwas sagen konnte. „Ich bin schon mit größeren Männern als Ih nen fertig geworden. Und außerdem habe ich Ihnen zugesehen und weiß, wie es geht. Genau wie Sie sagten - schmutzig und langwie rig -, aber selbst der Dümmste könnte es machen. Je schneller Sie mit der Küche fertig werden, desto
besser. Gestern haben Sie mir Ihre Gastfreundschaft angeboten, jetzt möchte ich mich wenig stens etwas erkenntlich zeigen. Sonst habe ich ein ganz schlechtes Gewissen. Und das wollen Sie doch nicht, oder?"
Seth sah durch ihre Drohung nicht gerade eingeschüchtert aus. Es fiel ihm sogar schwer, ein Grinsen zu unterdrücken, als er einen letzten Protest versuchte. „Ich dachte, Sie hätten alle Hände voll damit zu tun, Geister zu suchen. Was ist? Haben Sie aufgegeben?"
„Nein, nein. Heute ist nur nicht der richtige Tag für übersinnliche Schwingungen." Sie ging neben ihm in die Hocke. „Ich warte einfach bis morgen, wenn die Umstünde günstiger sind."
„Sie wollen morgen noch hier sein?"
Sie wusste nicht, ob die Besorgnis in seiner Miene von dem Ge danken herrührte, sie morgen immer noch am Hals zu haben, oder ob der Anblick eines Spachtel in ihrer Hand ihn erschreckte. „Ich habe meine Untersuchungen kaum begonnen. Aber ich bleibe natürlich nicht, wenn ich Ihnen lästig falle. Ich werde mich Ihnen auch nicht länger hier im Haus aufdrängen, denn es ist draußen wieder gutes Wetter und ich kann in meinem Zelt schlafen."
„Der Boden ist noch zu feucht. Sie werden sich nur Rheuma holen, wenn Sie draußen schlafen. Ach du liebe Zeit!" Die Frage, wo sie schlafen sollte oder nicht, war auf einmal zweitrangig. „Sie haben sich ja völlig mit der Beize besudelt."
Er hatte recht, die Beize war das ekelhafteste Zeug, das sie je gesehen hatte, und obwohl sie es Seth gegenüber nie zugeben würde, war körperliche Arbeit nicht gerade eine ihrer starken Seiten. Gegen sechs Uhr taten ihr der Nacken und die Handgelenke weh, und sie spürte jeden einzelnen Muskel.
Aber die Arbeit war geschafft. Samantha hatte zwar keine Ahnung, was Seth mit all dem nackten Holz jetzt machen wollte, aber die Farbe war ab. Sie zog den Overall aus und streckte sich wie eine Katze. Trotz des Muskelkaters hatte sie sich selten so zufrieden gefühlt wie jetzt. Gemeinsam hatten sie sehr viel geschafft.
„Sie werden aber nicht mehr hier kochen können", fiel ihr plötzlich ein.
„Für ein, zwei Tage nicht", stimmte er ihr zu.
„Wir könnten unten am Strand ein Feuer machen und uns ein paar Steaks braten", schlug sie vor.
Als Seth zögerte, nahm Samantha an, dass ihm das „wir" nicht so ganz gefiel, und sie konnte ihm ansehen, dass er plötzlich ni cht begriff, wie sie einen ganzen Nachmittag
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