2 Die Connor Boys: Lieb mich hier und jetzt
erwiderte ihr Lächeln, so wie sie gehofft hatte. „Sie glauben in etwa so sehr an Geister
wie ich", entgegnete er. „Ich denke sogar, dass das ganze Schwarze -Schaf-Image ein Bluff ist, Miss Adams."
„Und ich habe mir solche Mühe gegeben mit meiner Geschichte vom verwöhnten reichen Mädchen, das faul und verantwortungslos ist. Haben Sie mir gar nicht richtig zugehört?" schmollte sie.
„O doch, ich habe zugehört. Ich habe auch Ihrem Unsinn über die Geister zugehört. Sie glauben ebenso sehr daran, dass Sie sich mit einem Geist in Verbindung setzen können, wie Sie daran glauben, dass die Erde eine Scheibe ist."
„Du meine Güte!" stieß sie plötzlich hervor.
„Du meine Güte, was?"
„Sehen Sie doch." Sie sprang auf die Füße und wies auf das Haus. Nebel war vom Meer heraufgestiegen und schwebte um das Haus und die Bäume. Wolken schoben sich jetzt vor den blassen Mond, so dass es für einen Moment noch dunkler wurde, aber den noch waren alle Fensterscheiben des Hauses ein wenig erhellt, obwohl keiner von ihnen Licht angelassen hatte. Während sie noch hinübersahen, bewegten sich an einem der Fenster in der zweiten Etage die Vorhänge - wie von unsichtbarer Hand zurückgescho ben.
„Haben Sie das gesehen?"
Seth runzelte die Stirn. „Das spielt uns nur unsere Phantasie vor. Irgendwelche Schatten, nehme ich an."
Samantha schüttelte den Kopf, ohne den Blick vom Fenster abzuwenden. „Ich glaube, das ist das blaue Schlafzimmer. Das, in dem ich letzte Nacht geschlafen habe." Die Vorhänge schoben sich noch weiter zur Seite. Irgend etwas bewegte sich dahinter. Die Entfernung zum Haus war ungefähr fünfhundert Meter, aber Samantha hätte schwören können, dass sie das Gesicht eines Mannes gesehen hatte.
„Ich habe Ihnen doch gesagt, dass es Geister gibt, oder? Ich hatte Ihnen von Jock erzählt. Glauben Sie mir jetzt endlich?"
5. KAPITEL
Seth starrte zum Fenster hinüber. Er konnte nichts erkennen. Ab solut nichts. Einige Sekunden lang mochte es ja so ausgesehen ha ben, als hätte ein Mann das Gesicht an ein Fenster in der zweiten Etage gepresst. Aber schließlich war das Haus ziemlich weit entfernt, und es war neblig und dunkel. Die Erscheinung war eindeutig ein Erzeugnis ihrer Einbildungskraft gewesen, und ganz bestimmt kein Geist.
Ein Kichern ließ ihn herumfahren. Jezebel hatte es sich in den Kopf gesetzt, Samantha das Gesicht zu lecken. Lachend wehrte sie ab und floh den Strand hinunter, während der Hund ihr auf den Fersen blieb.
Seth fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Wenn ihr das nicht wieder ähnlich sah. Zuerst musste sie ihn halb zu Tode erschre cken, so dass ihm noch die Haare zu Berge standen, und dann vergaß sie den Vorfall einfach, als wäre nichts geschehen. Er bückte sich, um Sand auf das Feuer zu werfen. Die Pappteller und -becher hatten sie schon als Brennmaterial verwendet. Jetzt blieb ihm nur übrig, das Besteck einzusammeln und das Feuer endgültig zu löschen, dann erinnerte nichts mehr an ihr Abendessen.
Die beiden weiblichen Mitglieder seiner Gesellschaft jagten wie zwei Wilde an ihm vorbei. Samantha in ihrem zu weiten Sweatshirt sah ungefähr wie dreizehn aus und gebärdete sich auch so. Ihr Lachen und das Bellen des Hundes durchdrangen die abendliche Stille.
„Jezzie, gib Ruhe!" rief Seth und fragte sich dann, wieso er sich überhaupt die Mühe machte. Er sollte lieber seine Stimme schonen, denn keiner hörte auf ihn.
Geistesabwesend massierte er sich die Schläfen. Wahrscheinlich Anspannung, sagte er sich. Er war noch nie anfällig für Kopfschmerzen gewesen - bis vor etwa dreißig Stunden, als Samantha in sein Leben getreten war.
Selbst bevor sie ihm von ihrem aristokratischen, reichen Hintergrund erzählt hatte, hatte Seth gewusst, dass sie nicht zusammenpassten. Sie war ein exotischer Paradiesvogel, voller Flausen im Kopf, und er war ein gewöhnlicher, praktisch denkender Mensch. Sie machte alles mit leidenschaftlicher Begeisterung, ob sie nun arbeitete, aß oder ihn neckte. Himmel noch mal, ihre Stimme hatte selbst dann einen sinnlichen, aufregenden Unterton, wenn sie zu dem Hund sprach.
Samantha konnte einen Mann das Fürchten lehren. Deshalb war er so klug, Abstand zu ihr zu halten. Zur richtigen Zeit, wenn er fühlte, dass er wiede r bereit dazu war, würde er es mit einer netten, ungefährlichen Frau versuchen. Aber nicht mit Samantha. Samantha hatte mehr Leidenschaft in ihrem kleinen Finger als andere Frauen in ihrem ganzen Körper. Es war keine
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