2 Die Connor Boys: Lieb mich hier und jetzt
redest, aber was ist, wenn er die Wand wieder aufbaut? Was ist, wenn das hier wirklich sein Zimmer ist und er nicht will, dass es verändert wird? Bist du überhaupt nicht beunruhigt nach dem, was das letzte Mal geschehen ist?"
„Wenn du glaubst, dass ich Angst vor einem Geist habe, irrst du dich gewaltig", sagte Seth beinahe schroff.
In Wirklichkeit war er doch etwas beunruhigt. Aber dann sagte er sich, dass er ein erwachsener Mann war und. keine Angst vor Gespenstern hatte. Und ehe sein Mut ihn verließ, nahm er den Vorschlaghammer in die Hand, vergewisserte sich, dass Samantha und Jezzie in sicherer Entfernung waren, und holte aus.
Gleich mit dem ersten Schlag hatte er ein schönes großes Loch herausgehauen. Der zweite donnernde Schlag verschluckte das Klingeln des Telefons.
Seth hörte das Klingeln erst, als er zum dritten Mal ausholte. Der kürzeste Weg zum nächsten Apparat war der über den Flur in sein Zimmer. Bevor er aber loslie f, warnte er sowohl Samantha als auch Jezebel. „Keine von euch rührt sich von der Stelle, solange ich weg bin. Das ist ein Befohl, verstanden?"
Samantha und Jezzie sahen ihn verletzt von seinem strengen Ton an. Obwohl er den binden nicht traute, konnte er sich nicht so schnell vom Telefon lösen. Der Anruf kam von Michael. Es war untypisch für seinen älteren Bruder, mitten am Tag anzurufen, und Seth fiel sofort die Nervosität in Michaels Stimme auf. Er sei frisch geschieden und somit endlich frei, erzählte er.
Seth fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Der vorgetäuschte leichte Ton konnte ihn nicht irreführen. Zwischendurch klang Michael immer wieder entsetzlich deprimiert, obwohl er Witze darüber machte, dass er der alten Familientradit ion folge, da alle Connors scheinbar Pech mit Frauen zu haben schienen. Seth wollte etwas Tröstendes und Aufbauendes sagen, aber es war schwierig, seinen Bruder aufzumuntern, wenn sein eigenes Liebesleben auch nicht gerade zum besten stand.
Michael redete ununterbrochen. Er schien das Bedürfnis zu haben, sich jemandem mitzuteilen. Seth hörte zu, aber als Michael dann über seine Geschäfte zu sprechen begann, schweiften Seths Gedanken automatisch ab.
Samantha hatte immer gesagt, dass sie gehen würde, aber se it der ersten gemeinsam verbrachten Nacht war keine Rede mehr davon. Sie glaubte, dass sie verliebt war in ihn. Das merkte er jedes Mal, wenn er sie berührte oder wenn sie ihn ansah. Er selbst ertappte sich dabei, wie er am helllichten Tag träumte. Sie bei de waren dann verheiratet, wohnten in einem Haus mit Garten und hatten eine Horde Kinder. Und alle sahen sie so aus wie Samantha. Selbst harte Arbeit konnte es nicht verhindern, dass sich seine Gedanken im mer wieder um so peinlich romantische Dingen drehten.
Da er darüber nicht sprechen konnte und wollte, ahnte Samantha nicht einmal von seinen Träumen. Doch nachts im Bett, wenn sie sich liebten, war die Welt mit ihren Problemen
vergessen. Seth war permanent erregt, wenn Samantha in seiner Nähe war. Seine Angst, dass er bei ihr versagen könnte, hatte sich nicht bewahrheitet, und er genoss dieses neue Selbstvertrauen. Zumindest so lange, bis ihm dann wieder einfiel, dass Samantha vor ihm ja nicht die geringste sexuelle Erfahrung gehabt hatte und sie ihn deshalb nicht mit anderen Männern vergleichen konnte.
Seth erinnerte sich noch sehr gut, wie es war, als er das erste Mal mit einer Frau geschlafen hatte. Da war er fünfzehn gewesen. Eine ganze Weile danach hatte er weder Hunger noch Durst verspürt. Wenn man vierundzwanzig Stunden in Sekunden einteilte, erhielt man sechsundachtzigtausendvierhundert Sekunden, und jede einzelne dieser Sekunden bedeutet für ihn körperlichen und seelischen Schmerz, wenn sie ihn von seiner Freundin trennte. Die erste Zeit war ihm wie nie endende Weihnachten erschienen. Samantha war vielleicht keine fünfzehn, aber Sex war für sie genauso neu wie für ihn damals. Niemand konnte einen klaren Kopf bewahren, wenn er gerade die körperliche Liebe entdeckt hatte. Und dabei spielte es wahrscheinlich keine so große Rolle, ob der Sex einfach nur gut war oder sogar phantastisch. Die Wirkung war in etwa dieselbe.
Sein Gewissen machte ihm schwer zu schaffen. Er musste Sa mantha sagen, woran sie war. Ein verantwortungsbewusster Mann verhielt sich so. Die Entscheidung, wie es mit ihnen jetzt weitergehen sollte, lag ganz klar bei ihm, denn Samantha bat ihn um nichts. Sie war zu oft hereingefallen, um etwas von einem Mann zu erwarten. Kein
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