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2 ½ Punkte Hoffnung

2 ½ Punkte Hoffnung

Titel: 2 ½ Punkte Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Olson
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entgegnete ich knapp vor wütender Ungeduld. »Und da müssen wichtige Formulare ausgefüllt werden.«
    »Wenn die so wichtig sind, dann werden sie mir sicher mit der Post geschickt.« Sie schaltete auf einen anderen Sender.
    »Mr. Hudson wird ein paar witzige Lagerfeuerlieder vortragen.«
    Sie sah mich an. »Glaub ich nicht.«
    »
Bitte
, Mom.
Bitte
, geh hin. Ich hol deine Jacke und deine Wagenschlüssel. Du
musst
einfach hingehen.«
    Sie setzte sich auf. »Hope Marie, hör mit diesem verdammten Gequengel auf. Ich muss überhaupt nichts.« Sie kniff die Augen zusammen. »Und von einer Zwölfjährigen lass ich mir schon gar nichts befehlen.«
    Meine Arme fielen herab und der Merkzettel landete auf dem Boden. Dann drehte ich mich um und rannte aus dem Wohnzimmer. Der restliche Abend schleppte sich dahin, während ich abwechselnd die Matheaufgaben an- und aus dem Fenster herausstarrte. Ich ging ins Badezimmer und betrachtete mich im Spiegel; ich konnte meine Wangen zucken sehen, als ich die Zähne hin und her schob. Vielleicht würde Mom sich die Sache noch überlegen, von der Couch aufstehen und in die Schule fahren. Sie würde zu spät kommen, aber das wäre nicht so schlimm. Sie würde die Lieder hören und die Betreuer kennenlernen und …
    »Hope!«, rief Mom durch die Badezimmertür. Mein Herz machte einen Sprung. Sie wollte hinfahren! »Blockier nicht das Badezimmer.«
    Ich seufzte und sah, wie meine Augen schwer wurden. »Ich komm schon.« Ich ließ die Spülung der leeren Toilette laufen und drehte den Wasserhahn auf.
    Als ich die Tür öffnete, lächelte Mom und küsste mich auf die Wange. »Danke, Süße, du hast mir das Leben gerettet.« Da war sie wieder, diese blöde Küsschen-Süße-Kiste, wenn sie zuvor gemein gewesen war. Ich hasste diese Nummer. Sie ergab überhaupt keinen Sinn und versetzte mich jedenfalls nicht in Küsschen-Süße-Laune.
    Passierte das hier wirklich? Das, wovor ich mich seit dem ersten Tag der sechsten Klasse gefürchtet hatte? Bestand wirklich die Gefahr – eine große Gefahr –, dass ich nicht ins Sommerlager fahren dürfte? Nein. Das war nicht möglich. Ich hatte das Gefühl, in ein tiefes Loch zu fallen und vonkalter Dunkelheit verschlungen zu werden. ›Nein!‹, wollte ich schreien. ›Ich fahre!‹
    Am nächsten Tag reichte Mr. Hudson mir ein Elternpäckchen. »Da ist alles drin – abgesehen vom Beamer und den Betreuern.«
    Ich zog die Ausrüstungsliste heraus. Schlafsack. Luftmatratze. Taschenlampe. Sonnencreme. Schlafanzug oder Trainingsanzug. Stiefel oder feste Schuhe. Meine festen lila Stiefel waren bereit. Ich auch. Ich würde mitfahren.

    »Ich sage boom chicka boom!« Mr. Hudson klatschte in die Hände und schlug sich auf die Beine.
    »Ich sage boom chicka boom«, riefen wir zurück und klatschten und schlugen.
    »Ich sage boom chicka rocka chicka rocka chicka boom.«
    Klatsch, schlag, klatsch, schlag. Mr. Hudson sah sich im Zimmer um.
    Wir hatten die Tische an die Wand gerückt und hockten jetzt im Kreis im Schneidersitz auf dem Boden, während Mr. Hudson vor der Tafel saß.
    »Oh yeah!«, rief er und nickte immer wieder mit dem Kopf.
    »Oh yeah!«, antworteten wir und unsere Stimmen wurden lauter, unsere Hände brannten.
    »Noch einmal.«
    »Noch einmal.«
    Das Sommerlager lag noch drei Wochen in der Zukunft, aber wir waren mehr als bereit. Wir hatten laute alberne Lieder und ruhige Abendsongs gelernt, Lieder mit Gesten und Lieder mit viel Bewegung, wie das Eichhörnchenlied,bei dem du dich umdrehst, dich bückst, mit dem Hintern wackelst und dann auf einem Fuß im Kreis hüpfst.
    Wir hatten gelernt, wie man ein Zelt
nicht
aufstellt, als Mr. H in einem grünen Chaos festgesteckt hatte.
    Jetzt stellten wir aus leeren Kaffeedosen und Thunfischbüchsen Kocher her. Wir bohrten dreieckige Löcher in die Kaffeedose, um Luft hineinzulassen. Dann bastelten wir aus schmalen Wellpappestreifen Feueranzünder und stopften sie in die Thunfischbüchse, die Mr. Hudson mit geschmolzenem Wachs füllte. Als das Wachs erstarrte, steckten wir einen Docht in die Mitte.
    »Räuberküche«, erklärte Mr. Hudson, zündete seinen Anzünder an und stülpte dann die Kaffeedose mit der Öffnung nach unten über die Thunfischbüchse. Er ließ einen Klecks Butter auf die flache obere Seite des Kaffeedosenkochers fallen. Der gelbe Klecks lag für einen Moment da, löste sich dann zu einer Lache auf und fing an zu brutzeln. »Es gibt keinen Knopf zur Wärmeregulierung«, sagte er und verteilte

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