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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und ich zusammen. Hat sie dir noch etwas aufgetragen?“
    „Ja.“
    „Sage es mir! Deine Worte sind für mich wie Sonnenstrahlen, welche selbst den Rücken eines Krokodils erwärmen. Ich bin bereit, alles zu hören.“
    „Und auch alles zu befolgen?“
    „Ja, wenigstens jetzt, in diesem Augenblicke.“
    „Das genügt mir nicht. Das, was ich dir noch zu sagen habe ist so vortrefflich für dich, daß du mir getrost dein Wort es stets befolgen zu wollen, geben kannst.“
    „Höre, Effendi, die Stimmung meines Herzen ist in diesem Augenblick voller Wohltaten für dich; ich will dir also hiermit das Versprechen geben, welches du von mir verlangst.“
    „Gut; ich halte dich beim Worte. Hanneh will nämlich haben, daß du stets recht bedachtsam und vorsichtig handeln sollst.“
    „Das tue ich doch immer! Nicht?“
    „Nein.“
    „Nein? Was ist das für ein Wort, welches ich da hören muß! War es nicht sehr klug und vorsichtig von mir, daß ich mich von dir zum Freund und Beschützer wählen ließ? Kann ich einen besseren Effendi haben als dich? Und war es nicht sehr weise und bedachtsam von mir, daß ich grad dasjenige Weib für mich aussuchte, welches die herrlichste Knospe am blühenden Baum der Frauen ist? Kann ich eine bessere Gattin haben als diese vorzüglichste aller Mütter, welche einen Sohn besitzen?“
    „Nein. Und da du in diesen beiden Wahlen eine so große Bedachtsamkeit bewiesen hast, so hoffe ich, daß du auch bei andern Gelegenheiten dieselbe Vorsicht in Anwendung bringen wirst. Wenn nicht, so werde ich dich an das Wort erinnern, welches du mir heute gegeben hast. Du bist zuweilen etwas hitziger und schneller als du sollst.“
    „Ich? Sihdi, da kennst du mich schlecht! Ich komme mir im Gegenteil sehr oft viel zu kalt und langsam vor.“
    „So denke an die zahlreichen Fälle, in denen ich dich zurechtweisen mußte!“
    „Dazu hattest du gar keine Ursache. Soll ich einer Gefahr feig den Rücken kehren? Soll ich bei Beleidigungen etwa nicht in den Gürtel greifen und – – – oh, da fällt mir ein: ich habe sie mit!“
    „Sie? Wen oder was?“
    „Die ich bei unsern früheren Reisen stets am Gürtel hängen hatte. Ich will sie dir zeigen.“
    Ich wußte gar wohl, was er meinte, nämlich die Peitsche aus Nilpferdhaut, mit welcher er stets so schnell bei der Hand gewesen war, zuweilen zu meiner Freude, oft aber auch zu unserm Nachteile. Er wickelte seinen zusammengerollten Haïk auf, zog die Peitsche heraus, schwang sie durch die Luft und fuhr fort:
    „Ja, das ist sie, die Bringerin der Achtung, die Mutter des Gehorsams, die segensreiche Spenderin der Hiebe! Die konnte ich unmöglich liegenlassen; die mußte ich unbedingt mitnehmen. Es ist dieselbe, welche ich schon damals in und vor Ägypten hatte. Wenn weder Worte noch Winke helfen, so ist sie die Vermittlerin zwischen meinem Wohlwollen und dem Rücken der Übelwollenden. Was keine Bitte und kein Befehl zustande bringt, das wird von dem süßen Bewußtsein fertiggebracht, eine Haut zu besitzen, welche unter den Liebkosungen dieser Karbatsch auseinanderplatzt.“
    „Wickle sie wieder ein, Halef! Du wirst sie nur dann in Anwendung bringen, wenn ich dir den Befehl dazu erteile!“
    „Sihdi, darüber sprechen wir wohl noch!“
    „Nein! Hanneh ist auch ganz dieser meiner Meinung.“
    „Ist sie? Hat sie, als du mit ihr sprachst, auch Meinungen gehabt? Schau, Sihdi, als die Frauen noch keine Seelen hatten, da – – –“
    „Still! Sie haben stets welche gehabt!“
    „Höre, das kannst du doch du nicht wissen! Erst dann, wenn du auch ein Weib besitzen wirst, kannst du dich überzeugen, ob und daß – – –“
    „Lieber Halef, ich habe eins!“ unterbrach ich ihn wieder.
    Er trat zwei Schritte zurück, bückte sich halb nieder, sah mir, der ich am Feuer saß, erstaunt in das Gesicht und fragte:
    „Was – – – was – hast – du?“
    „Auch eins.“
    „Ein Weib?“
    „Ja.“
    „Welch ein Scherz!“
    „Es ist kein Scherz.“
    Da ließ er vor Verwunderung die Peitsche aus der Hand fallen und fragte:
    „Kein Scherz? Hättest – – hättest du denn das Geschick dazu, eine – Frau zu besitzen?“
    „Warum denn nicht?“
    „Sihdi, erlaube, daß ich mich wieder niedersetze! Dein so ganz unerwartetes Weib ist mir in die Knie gefahren; ich fühle, daß sie zittern!“
    Er setzte sich, betrachtete mich kopfschüttelnd vom Kopf bis zu den Füßen, zog das allerernsteste seiner Gesichter, lachte dann aber hell auf,

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