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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Rücksicht auf die Offenheit, mit welcher du mich erfreust.“
    „Offenheit?“
    „Ja. Du bist ein Prinz und zugleich ein Abgesandter des Beherrschers von Persien. Das darf niemand wissen, denn deine Reise soll ein ebenso tiefes wie wichtiges Geheimnis sein. Du hast mir dieses Geheimnis dennoch geöffnet. Dies konnte nur geschehen, entweder weil du ein unvorsichtiger Vater der Plauderhaftigkeit bist, oder weil du ein so großes Wohlgefallen an mir gefunden hast, daß du gar nicht anders konntest, als mir dein verschwiegenes Herz zu öffnen. Da nun der Träger so wichtiger Geheimnisse sicher ein sehr verschwiegener Mann ist, so nehme ich an, daß nicht deine Unvorsichtigkeit, sondern dein Wohlwollen mich erleuchtet hat, und nur darum habe ich von Dank gesprochen.“
    Er merkte, obgleich ich mich so harmlos wie möglich gab, doch, daß er einen großen Fehler begangen hatte, denn ich sah ihm an, daß er sich Mühe gab, seine Verlegenheit zu verbergen. Er tat dies, indem er mir in herablassendem Ton bestätigte:
    „Ja, du hast mir gleich gefallen, als ich dich erblickte, und nur aus diesem Grund bekamst du das zu hören, was eigentlich niemand wissen darf. Aber nun hoffe ich auch, daß du in Anerkennung meiner Freundlichkeit die große Ehre anerkennst, mit welcher meine Gegenwart die Tiefe deines Innern erfüllen muß. Ich werde mich also nun zu euch setzen.“
    „Ich habe nichts dagegen; aber darf ich wissen, wo du deine Begleiter gelassen hast?“
    „Sie stehen nicht weit von hier und werden gleich erscheinen. Wir hörten euern Schuß und eilten herbei, um euch beizustehen, denn wir sagten uns, daß jemand, welcher schießt, sich in Gefahr befinden müsse.“
    Er klatschte in die Hände, worauf seine beiden Kameraden erschienen, die er mit den Worten zum Niedersetzen veranlaßte:
    „Diese fremden Männer haben mich, Kaßim Mirza, den Schahzahdä, gebeten, ihren Abend durch unsere Gesellschaft zu verschönern, und ich will sie nicht durch die Zurückweisung ihrer Bitte betrüben; laßt euch zu meinen beiden Seiten nieder!“
    Sie gehorchten dieser Aufforderung. Daß er ihnen den Namen und den Titel sagte, war wieder eine Unvorsichtigkeit von ihm, denn dieser Umstand mußte, falls ich nicht schon vorher gewußt hätte, woran ich war, mein Mißtrauen erwecken. Er ließ sie wissen, für wen er sich ausgegeben hatte, damit sie ihn nicht etwa bei seinem richtigen Namen nannten. Mein kleiner Halef hatte bis jetzt noch kein Wort gesagt. Ich sah ihm an, daß er sich ärgerte, und war überzeugt daß er die nächste beste Gelegenheit ergreifen werde, dieser Mißstimmung Luft zu machen. Er hatte gar nicht lange zu warten; der angebliche Kaßim Mirza kam ihm mit der Bemerkung entgegen:
    „Ihr habt erfahren, wer wir sind, und könnt euch denken, daß wir nun auch eure Namen hören möchten.“
    Da antwortete, ehe ich die Lippen öffnen konnte, der Hadschi schnell:
    „Da du der Sohn des berühmtesten Beherrschers bist, nehme ich an, daß du alle Königreiche und Länder der Erde kennst?“
    „Ich kenne sie“, nickte der Gefragte.
    „Auch Ustrali (Australien)?“
    „Ja.“
    „Und Yängi dunya (Amerika)?“
    „Auch das.“
    „So wisse, daß ich der Schah von Ustrali bin, und dieser erlauchte Herrscher, welcher hier neben mir sitzt, ist der große Sultan von Yängi Dunya.“
    Der Kleine machte dabei ein außerordentlich ernstes, wichtiges Gesicht. Der Perser riß die Augen auf und sah ihn erstaunt an, ohne zunächst ein Wort zu sagen. Er wußte offenbar nicht, was er von dem Hadschi denken sollte. Dieser fuhr in demselben überzeugungsvollen Ton fort:
    „Auch wir haben Geheimnisse für Bagdad, Geheimnisse von so großartiger Wichtigkeit, daß wir sie keinem Boten oder Gesandten, nicht einmal einem Schahzahdä anvertrauen könnten. Darum sind wir für kurze Zeit von unsern goldenen Thronen gestiegen und mit der Rah-i-ahän (Eisenbahn) über die großen Meere gefahren, um unsere Briefe selbst zu überbringen.“
    „Rah-i-ahän?“ fragte der Perser, der noch immer nicht wußte, woran er mit Halef war: „Die gibt's ja gar nicht auf dem Meere!“
    „Warum nicht? Unsere Herrschermacht ist so groß, daß wir uns gar nicht darum zu kümmern brauchen, ob es etwas gibt oder nicht. Die Gahrha (Bahnhöfe), welche wir von Zeit zu Zeit brauchten, haben wir auf den Kahläskä-i-Bukhahr (Dampfwagen) geladen und gleich mitgenommen. Sooft wir anhalten und aussteigen wollten, wurde schnell einer aufgestellt.“
    „Auf dem Wasser des

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