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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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einige Dörfer, bis wir die Krümmung hinter Jehultijeh erreichten. Da rief ich Halef zu:
    „Paß jetzt nun auf, ob es einen Ort gibt, welcher sich zum Übernachten eignet! In einer halben Stunde wird die Sonne untergehen.“
    Was ich nun erwartete, das geschah: Kaum hatte ich diese Aufforderung ausgesprochen, so sagte der Mann aus Mansurijeh:
    „Ich höre, daß ihr einen Ort finden wollt, welcher sich zum Schlafen eignet. Effendi, ich kenn einen, denn ich fahre oft nach Bagdad und bleibe stets da, wo ich meine, über Nacht.“
    „Wo ist das?“ fragte ich.
    „Am rechten Ufer, gar nicht weit von hier.“
    „Was ist es für ein Ort?“
    „Es ist eine Chuss el Khaßab (Schilfhütte), in welcher es Platz für wenigstens zehn Personen gibt. Die Wände sind fest gegen den Regen und alle bösen Nebel; es gibt kein Ungeziefer in ihrem Innern; man wohnt unter dem Dach wie in Allahs Schutz, und süße Träume winken jedem, der durch die immer gastlich offene Türe schreitet.“
    Wie verlockend das klang! Der Mann wurde ja fast poetisch, um uns diese Falle möglichst als begehrenswert erscheinen zu lassen! Ich tat nicht, als ob mir das auffallen müsse, und antwortete:
    „Ist Gesträuch in der Nähe?“
    „Soviel du willst! Wir brauchen das Feuer bis zum Morgen nicht ausgehen zu lassen, denn es herrscht der Brauch, daß jeder, der da übernachtet, dann früh, ehe er sich entfernt, einige Bündel Holz und Schilf für diejenigen sammelt, welche nach ihm kommen. Wasser zum Trinken gibt der Fluß. Es ist also für alles gesorgt, was nötig ist, den Aufenthalt euch angenehm zu machen.“
    „Schön! Wir werden also in dieser Hütte übernachten. Sage es uns, wenn wir hinüberlenken sollen!“
    Er warf seiner Frau einen Blick der Befriedigung zu. Also sogar Feuermaterial sollten wir vorfinden! Es fiel mir natürlich nicht ein, daran zu glauben, daß jeder Fortgehende in der angegebenen Weise für den Nachfolgenden sorge. Die Perser waren schon längst bei der Hütte angekommen; um uns sehen und beobachten zu können, wünschten sie, daß von uns Feuer gemacht werde, und so hatten sie sich der Mühe unterzogen, das dazu nötige Material für uns zu sammeln. Es war ja möglich, daß wir die Hütte erst nach eingetretener Dunkelheit erreichten; dann war es für uns zu spät, nach Holz zu suchen, und so hatten lieber sie dafür gesorgt, daß unsere Personen ihnen durch ein Feuer sichtbar gemacht wurden.
    Der Sill forderte uns schon nach kurzer Zeit auf, nach dem Ufer zu halten. Wir sahen bald darauf die Hütte liegen, und er deutete uns die Stelle an, wo wir landen sollten. Ich folgte dieser Aufforderung nicht, sondern dirigierte das Floß nach einer andern Stelle, wo das Ufer frei von Büschen und also zu übersehen war. Wenn die vor uns hier angekommenen Perser im Gesträuch steckten, konnten sie uns einfach niederschießen. Ich hatte ihnen zwar ihr Pulver genommen, aber es verstand sich ganz von selbst, daß sie in Mansurijeh darauf bedacht gewesen waren, diesen Verlust zu ersetzen.
    „Warum landest du hier und nicht weiter unten bei der Hütte?“ fragte mich der Sill. „Ich habe dir ja die Stelle gezeigt, welche viel passender als diese ist!“
    „Der Pferde wegen“, antwortete ich. „Sie haben von früh bis jetzt stehen müssen und brauchen Bewegung. Wir werden jetzt ein Stück reiten. Geh du mit deinem Weib einstweilen nach der Hütte. Wir kommen nach, ehe es ganz dunkel wird.“
    Wir zogen die Pferde an das Ufer und setzten uns auf. Es ging im Galopp hinter dem Schilf- und Buschsaum, welcher den Fluß begleitete, auf die Hütte zu, welche vielleicht fünfzig Schritt vom Wasser entfernt stand.
    „Warum willst du zu Pferd und nicht mit dem Floß hierher, Sihdi?“ fragte mich Halef.
    „Um vor dem Mann und seiner Frau hier zu sein“, antwortete ich. „Ich suche nach den Spuren der Perser.“
    Es genügte, einmal um die Hütte zu reiten, so sah ich die gesuchten Stapfen. Die drei haßerfüllten Menschen waren hier gelandet, hatten sechs große Bündel Brennholz und Schilf gesammelt und sich dann auf ihrem Floß wieder entfernt. Dies hatte nur flußabwärts geschehen können, und so wußte ich, in welcher Richtung sie sich versteckt hielten. Höchstwahrscheinlich waren sie nicht weit fort von hier, und als ebenso sicher war anzunehmen, daß sie eine Uferstelle gewählt hatten, von welcher aus sie unsere Ankunft beobachten konnten. Diese Stelle mußte eine in das Wasser hineinragende sein, und wenn ich dabei die

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