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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zu wiederholen, was du soeben über die Kaiser, Könige, Sultane und mich gesagt hast, damit Hanneh, der Inbegriff aller Lieblichkeit des weiblichen Geschlechts, in Erfahrung bringt, was der Gebieter ihres Zeltes für sie und alle, die ihn kennen, zu bedeuten hat!“
    „Ich werde es tun. Also, du verzichtest darauf, die Perser eigenhändig zu bestrafen?“
    „Ja; aber da sie die Prügel unbedingt bekommen müssen, weil ich sonst nie wieder ruhig schlafen könnte, so frage ich dich, wer eigentlich dieses trotzdem beneidenswerten Amtes walten soll.“
    „Safi, ihr Verbündeter.“
    „Der – – –? Oh, Sihdi, das erfüllt die Tiefe meiner Seele mit Wehmut und Trübseligkeit! Grad weil er ihr Verbündeter ist, wird er die Streiche mit einer so zarten Sanftmut niederfallen lassen, daß jeder Hieb als labende Erquickung auf die ihm angewiesene Stelle kommen wird. Und das widerstreitet der Fülle der Gerechtigkeit, welche in dem ganzen Umkreis meines Herzens wohnt.“
    „Dieser Umstand braucht dich nicht im mindesten besorgt zu machen; es gibt ein Mittel, die Kräfte seines Arms in der Weise anzuspornen, daß du mit seinen Leistungen zufrieden sein wirst. Komm! Wir wollen ihn und sein Weib holen.“
    „Ja, das wollen wir. Hoffentlich besitzt er Einsicht genug, zu begreifen, daß Hiebe vorhanden sind, um durch die Haut zu gehen und bis an den hintersten Punkt der menschlichen Innigkeit gefühlt zu werden. Sollte er das noch nicht wissen, so müssen wir uns bemühen, die Mangelhaftigkeit seiner Erkenntnis in vollkommene Erleuchtung zu verwandeln.“
    Wir begaben uns nach dem Kellek und fanden den Sill und sein Weib noch in der Lage, in welcher wir sie zurückgelassen hatten. Es hatte ihnen jedenfalls Pein bereitet, die ganze Nacht in derselben zu verharren, und nicht geringer war wohl auch die seelische Qual gewesen, welche ihnen durch die Ungewißheit über den Ausgang des Abenteuers verursacht worden war.
    Als wir sie losgebunden und von dem Lasso befreit hatten, waren sie kaum imstande, aufrecht zu stehen. Die Frau verhielt sich ebenso still wie gestern abend; der Mann aber wartete gar nicht ab, was wir ihm sagen würden, sondern warf uns, kaum daß er sich von den Fesseln erlöst fühlte, die Frage zu:
    „Ihr wolltet uns freigeben, falls wir uns ruhig verhielten; das haben wir getan. Können wir nun gehen?“
    „Jetzt noch nicht“, antwortete ich.
    „Warum nicht? Ihr habt uns euer Versprechen gegeben, und wer sein Wort nicht hält, der fällt der Verachtung anheim und wird –“
    „Schweig!“ fiel ich ihm in die Rede. „Niemand ist so verächtlich wie ein Lügner und Verräter deines Schlages, und wenn du etwa meinst, in diesem Ton mit uns sprechen zu können, so irrst du dich! Wir haben euch befohlen, ruhig und still zu sein, und wenn du jetzt mit Beleidigungen um dich wirfst, so nehme ich mein Wort zurück und laß dir zukommen, was du durch deinen Verrat verdienst!“
    Da meinte er viel kleinlauter als vorher:
    „Ich wollte euch nicht beleidigen, sondern nur wissen, ob und wann wir gehen dürfen.“
    „Ob wir euch freilassen, oder eure Leichen hier in den Fluß werfen werden, das soll ganz auf dich ankommen.“
    „Unsere Leichen!“ rief er erschrocken aus, während sein Weib mich entsetzt anstarrte. „Soll das heißen, daß ihr uns ermorden wollt?“
    „Nicht ermorden, sondern mit dem Tod bestrafen, dem uns zuzuführen, eure Absicht war. Ich bin ein Christ und gönne selbst dem verächtlichsten Menschen das Leben, denn ich weiß, daß Gott der allein gerechte Richter ist. Außerdem bist du eine so armselige Kreatur, daß es mich ekelt, mich mit einer Strafe für dich zu befassen. Aus diesen beiden Gründen werde ich dich laufen lassen, falls du dem Befehl, den ich dir jetzt geben werde, vollständig Gehorsam leistest.“
    „Sag, was ich tun soll! Ist es schwer?“
    „Nein. Die drei Perser, denen du uns ausliefern wolltest, haben den Tod ebenso verdient wie du, und wie ich bereit bin, gnädig gegen dich zu sein, so will ich auch ihnen das Leben schenken; aber ganz ohne Strafe dürfen sie nicht bleiben.“
    „Nein, das dürfen sie nicht!“ fiel Halef schnell ein, weil es sich um sein Lieblingsthema handelte. „Sie werden Prügel bekommen, herzerquickende Prügel. Sieh die Karbatsch, welche da an meinem Gürtel hängt! Sie ist aus der erfrischenden Haut des Nilpferds gefertigt und besitzt darum eine ergötzliche Vorliebe für Menschenhaut. Diese Peitsche werde ich dir leihen, damit du

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