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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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er sich gar nicht wehrte.
    „Halef, Feuer!“
    „Gleich, Sihdi!“ antwortete der Kleine jetzt laut. „Hast du ihn fest?“
    „Ja.“
    „Warte nur einen Augenblick, dann komme ich hin.“
    Das Hölzchen flammte auf und setzte das Schilf in Brand; die Überreste von vorhin fingen schnell Feuer; der Raum war hell erleuchtet. Der ‚Vater der Gewürze‘ lag ganz, der andere erst halb gebunden am Boden; der, welchen ich festhielt, war Aftab. Als-er sah, wer ich war, stieß er einen Fluch aus und versuchte, sich loszumachen. Halef bemerkte das, sprang herbei und sagte:
    „Wollen erst diesen binden, weil er lebendig ist; die andern beiden sind besinnungslos, wenn du sie nicht gar erschlagen hast. Sihdi, lieber Sihdi, das ist so leicht, so prächtig gegangen, daß ich gleich wieder von vorn beginnen möchte. Wären doch Zeugen unseres Sieges hier, meine Hanneh, der Ausbund aller Lieblichkeit, und deine Emmeh, welche nur mit der Lieblingsfrau des Sultans zu vergleichen ist! Sie würden die Preisgesänge des Sieges anstimmen und die Loblieder unserer unvergleichlichen Tapferkeit!“
    „Laß sie zu Hause singen; hier brauchen wir keine Lieder! Wirf die Kerle dort in die Ecke; dann wechseln wir zweistündlich im Schlafen und im Wachen miteinander ab!“
    „Und die Prügel, welche sie bekommen sollen?“
    „Davon sprechen wir morgen früh.“
    „Und der Sill mit seiner Frau?“
    „Die bleiben während der ganzen Nacht auf dem Floß liegen; das soll ihre Strafe sein; dann mögen sie laufen. Wir müssen schlafen, und weil dies nur abwechselnd geschehen kann, wollen wir keine Zeit verlieren. Uns mit den Gefangenen zu beschäftigen, ist noch Zeit, wenn es Tag geworden ist. Wer soll die erste Wache haben?“
    „Ich, Sihdi, ich! Ich muß unbedingt sehen, was die zwei Bewußtlosen für Augen machen, wenn sie beim Erwachen bemerken, daß sie uns weder geprügelt noch totgeschossen haben. Sie werden vor Scham erglühen und vor Schande wieder erbleichen. Der Zorn wird ihr Herz zerfressen und der Ärger ihre Lebern und Lungen zerstören. Ihre Nieren werden vor Grimm zerplatzen, und in allen ihren Eingeweiden wird – halt, wo willst du hin?“
    „Hinaus. Ich schlafe draußen. Halte du hier deine Reden weiter!“
    „O Sihdi, was bist du doch für ein sonderbarer Mensch! Wer nach einem solchen Sieg gleich zu schlafen vermag, der sollte überhaupt nie einen Kampf gewinnen. Der Schlaf ist der Mörder des Ruhms und das Ende jedes Ehrbegriffs. Im Schlaf ist der tapferste Mensch ein fauler – – –“
    Weiter hörte ich ihn nicht, denn ich ließ die Türmatte hinter mir niederfallen und ging zu meinem Pferd, welches in der Nähe der Hütte lag und auf mich gewartet hatte. Es begrüßte mich mit einem leisen, glücklichen Schnauben und bekam die gewohnte Sure in das Ohr gesagt. Dann dauerte es nicht lange, so war ich eingeschlafen und wachte nicht auf, bis mich Halef nach zwei Stunden weckte.
    „Erhebe dich, Effendi!“ sagte er. „Meine Zeit ist um, und ich will versuchen, ob die Gestalten meines Traums den Ruhm kennen, den wir heut im Wachen errungen haben.“
    „Wie steht es mit den Persern?“ fragte ich, indem ich aufstand.
    „Ihr Verstand ist ihnen wiedergekehrt, aber dennoch haben sie sich sehr unverständlich benommen.“
    „Wieso?“
    „Sie geben nicht zu, daß wir über alle Helden der Erde erhaben sind und daß unsere Klugheit und Tapferkeit von keinem andern Menschen erreicht werden kann.“
    „Ah! Du scheinst ihnen einige große Reden gehalten zu haben?“
    „Ja, das habe ich getan. Bist du etwa nicht damit einverstanden?“
    „Nein, gar nicht. Du hättest schweigen sollen.“
    „Schweigen? O Effendi, du hast keinen Begriff von der Gabe der Rede, welche mir verliehen worden ist! Darf ich schweigen, wenn diese Gabe mir die Lippen öffnet? Kann ich die Worte, welche mir wie junge Löwen von der Zunge springen, hinunterschlucken und mir damit die gesunde Verdauung meines Magens verderben? Wenn diese drei Männer sich für kühner und weiser halten, als wir beide sind, so kann es mir doch unmöglich einfallen, im dicken Brei der Sprachlosigkeit zu ersticken, sondern ich bin gezwungen, ihnen zu beweisen, daß der Glaube an ihre Vortrefflichkeit einem Läufer gleicht, welcher Sand in den Schuhen hat, oder einer Großmutter, welche ohne Enkelkinder durch das Leben gegangen ist! Glaube mir, lieber Sihdi, ich verstehe mich auf die Notwendigkeit der Sprachorgane viel, viel besser als du, und ich hoffe, daß du

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