Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
ihr seid! Am liebsten blieb ich im Haus und ginge gar nicht über die Grenze unsers Gartens hinaus!“
    „Das ist recht gedacht von dir. Ich bin bereit, dir diese mutige Zurückgezogenheit zu erleichtern, indem ich selbst gehen werde, um einzukaufen, was wir nötig haben. Du magst dich inzwischen vorbereiten, sofort Feuer machen zu können, wenn ich wiederkehre. Komm mit mir in die Küche!“
    Sie gingen. Als sie fort waren, erkundigte sich der Wirt im besorgten Ton:
    „Hadschi Halef Omar hat auf alle Fälle übertrieben; aber sag, habt ihr wirklich Feinde, welche euch verfolgen?“
    „Wir sind allerdings mit Männern zusammengetroffen, welche uns so feindselig behandelten, daß wir ihnen die Peitsche schmecken ließen. Es waren Perser“, antwortete ich.
    „Ah, also auch Perser!“
    „Ja. Sie glühen vor Rache, und da sie wissen, daß wir in Bagdad sind, werden sie nach uns forschen, um eine Gelegenheit zu finden, uns die Schläge zu vergelten, welche sie bekommen haben. Wir fürchten uns natürlich nicht im mindesten. Halef hat die Sache übertrieben, um deinem Diener aus naheliegenden Gründen Angst zu machen. Dieser Kepek scheint ziemlich furchtsam zu sein.“
    „Da irrst du dich, Effendi. Er ist Onbaschi (Korporal) gewesen und war einer der brauchbarsten und furchtlosesten Unteroffiziere. Bei dieser Gelegenheit magst du erfahren, daß ich Dozorca heiße und als Bimbaschi (Major) entlassen worden bin. Kepek ist jetzt alt und bequem geworden; früher gewandt, beweglich und stets zum Raufen bereit, hat er durch seine geradezu ungeheure Körperdicke den Anschein des Gegenteiles erhalten, und es mag sein, daß die Liebe, mit welcher er an mir hängt, und die Sorge, welche er stets um mich hat, auch mit dahin gewirkt haben, daß er bedächtiger erscheint als er früher war, und also erschrickt, wenn er meint, daß wir Gefahren ausgesetzt sind. Er hat mich schon mehreremale mitten aus den Feinden herausgehauen und mir auch sonstige Dienste geleistet, welche mich über seine Schwäche wegsehen lassen, und ich bin überzeugt, daß er, wenn es nötig wäre, sein Leben auch jetzt noch für mich wagen würde, wenn er nur erst einmal wieder aus sich herausgegangen ist. Er ist mir treu wie Gold und auch am Herd erfahren, so daß ich keinen Koch zu halten brauche. Er ißt zwar außerordentlich stark und gibt mir bloß die Reste, mit denen ich aber ganz gut ausreiche, und was seinen Kaffee betrifft, so kocht er allerdings zweierlei, nämlich den guten, starken für sich und den dünnen für mich, weil er behauptet, daß der starke mir zu sehr ins Blut gehen würde und meine Nerven das nicht – – – Blyskawica! Da spreche ich vom Kaffee und erinnere mich erst hierbei, daß wir noch keinen haben! Welche Nachlässigkeit gegen dich, Effendi! Er soll sogleich welchen bringen!“
    Er klatschte zwei-, drei-, fünf- und zehnmal in die Hände, aber der Dicke kam nicht; erst als ich bei geöffneter Tür so kräftig in die meinigen schlug, daß sie schmerzten, hörte ich seine Stimme hinter einer angelehnten Tür erschallen. Dann kam er zwar sehr langsam geschlürft, aber sein Gesicht war doch so rot, als ob er einen anstrengenden Dauerlauf hinter sich habe, und er sagte in unwilligem Tone:
    „Schon wieder! Kaum habe ich diesem Hadschi Halef, der nichts begreifen kann, meine Instruktionen erteilt, über welche er nur lacht, anstatt sie mit Würde entgegenzunehmen, so muß ich schon wieder hierher rennen! Was wollt ihr denn?“
    „Kaffee“, antwortete sein Herr.
    „Kaffee? Es ist noch keiner da; der Hadschi wird welchen mitbringen. Da er nun doch einmal alles selbst bezahlt, was er holt, so habe ich ihm gesagt, er solle auch den Kaffee nicht vergessen.“
    „Aber du hast doch welchen!“
    „Wo?“
    „Ich weiß nicht, wo du ihn hingetan hast; der Hadschi hatte ihn in seiner Satteltasche stecken.“
    Weil auch ich glaubte, daß der Dicke den Kaffee wirklich vergessen habe, erinnerte ich ihn daran, daß er ihn an seiner Brust verborgen hatte; er schüttelte aber den Kopf und erklärte mir in wirklich überraschender Unbedenklichkeit:
    „Ja, hineingesteckt habe ich ihn, Emir, aber auch wieder herausgenommen.“
    „Wo ist er jetzt?“
    „Versteckt und aufgehoben.“
    „Warum versteckt?“
    „Damit ihn niemand finden soll.“
    „So willst du ihn wohl für dich allein haben?“
    „Ja. Du wirst einsehen, o Emir, daß ich dazu berechtigt bin. Wisse, daß mein Id el Milad (Geburtsfest) in einigen Tagen ist, an welchem ich

Weitere Kostenlose Bücher