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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mir ein täglich sich erneuerndes Glück, welches sich vergrößerte, als mir erst ein Sohn und später eine Tochter geboren wurde. Ein Jahr nach der Geburt der letzteren wurde ich nach Damaskus versetzt, wohin mir nach wenigen Wochen der Vater meines Weibes folgte, da er und seine Frau glaubten, nicht ohne ihr Kind leben zu können. Das war Anfang 1860, dem für Damaskus so verhängnisvollen Jahr. Ist dir die traurige Geschichte desselben bekannt?“
    „Ja.“
    „So habe ich keine ausführliche Erzählung nötig. Wie glücklich ich war, können dir die Namen sagen, welche ich meinen Kindern gegeben hatte. Mein Sohn hieß Ikbal (Glück) und meine Tochter Sefa (Wonne). Auch mein Weib hatte einen bedeutungsvollen Namen, nämlich Aelmas (Diamant), und sie war für mich ein Edelstein.“
    „Und wie hieß ihr Vater?“
    „Er nannte sich Mirza Sibil oder auch Agha Sibil.“
    „War dieser Name ererbt, oder hatte er ihn sich in bezug auf seinen Bart beigelegt? Sibil bedeutet in der persischen Sprache Schnurrbart.“
    „Das weiß ich nicht; aber er hatte wirklich einen so starken Schnurrbart, wie ich keinen zweiten gesehen habe. Nur auf dem Bild des Königs von Italien, Viktor Emamuel, habe ich einen ähnlichen gefunden. Warum erkundigst du dich nach seinem Namen? Ein Mann wie du pflegt nichts ohne bestimmte Absicht zu tun.“
    „Ich habe keinen eigentlichen Grund gehabt; die Frage kam mir ganz unbeabsichtigt auf die Zunge, vielleicht nur, weil du die andern Namen alle nanntest und dieser eine fehlte.“
    „Ich nenne keinen einzigen gern, denn sie erinnern mich an das verlorene Glück, welches niemals wiederkehren wird.“
    „Gott ist allgütig und kein Mensch braucht, solange er lebt, auf das, was du Glück nennst, zu verzichten.“
    „Das verstehst du wohl kaum. Bist du auch verheiratet?“
    „Ja.“
    „Und hast Kinder?“
    „Nein.“
    „So kannst du mich nur halb begreifen. Könntest du dich jemals wieder im Leben glücklich fühlen, wenn dir dein Weib ermordet würde? Und mir hat man nicht nur das Weib, sondern auch die Kinder samt deren Großeltern umgebracht!“
    Als Halef das hörte, rief er aus: „Allah verdamme die Mörder! Wenn mir meine Hanneh, welche die herrlichste aller Jungfrauen, Frauen, Mütter, Muhmen und Tanten ist, und mein Sohn, Kara Ben Halef, dem der Stolz und die Tapferkeit aus den mutigen Augen blitzen, ermordet würden, so wäre das Glück meines Lebens für immer dahin, und ich fände keine Ruhe, bis ich die Scheusale, welche die Tat begingen, zu den verruchtesten Teufeln der tiefsten Hölle gesandt hätte!“
    „Ja, du verstehst mich wohl besser als dein Freund Kara Ben Nemsi, denn du hast einen Sohn. Auch ich glühte vor Rache; aber ich kannte die Mörder nicht, und alle Mühe, sie zu entdecken, war vergeblich.“
    „Erzähle, wie sich das Unglück zugetragen hat!“ forderte ich ihn auf. „Das wird dein Herz erleichtern.“
    „Es wird nicht leichter, sondern schwerer davon“, antwortete er. „Es verursacht immer Schmerzen, wenn man in Wunden wühlt, welche nicht zuheilen wollen. Ich hatte schon in Beirut die tödliche Feindschaft kennengelernt, welche zwischen den mohammedanischen Drusen und den christlichen Maroniten des Libanon stets geherrscht hat und wohl auch nie verlöschen wird. Da du die Verhältnisse kennst, so brauche ich keine Erklärung vorauszuschicken. Die erwähnte Feindschaft entspricht nicht einem Unterschied in Beziehung auf den Wohnsitz oder die Sprache, sondern der Verschiedenheit des Glaubens. Drusen und Maroniten bewohnen die Höhen und Täler des Libanon, und beide sprechen ganz dasselbe Arabisch; aber die Maroniten sind eigentlich katholische Christen, obgleich sie hinsichtlich ihrer Liturgie und der Priesterehe von dem Ritus der römischen Kirche abweichen, und die Drusen bekennen sich zum Islam, haben aber ihre geheimen Lehren und sollen, wie man sagt, sogar noch dem alten syrischen Naturdienst ergeben sein. In früherer Zeit hielten Drusen und Maroniten gegen die Türken zusammen; Bergvölker sträuben sich stets am meisten und am längsten gegen ihre Besieger. Um diese Eintracht zu zerstören, wurde Feindschaft zwischen sie gesät; die Frucht ging auf, und die Folge waren die blutigen und schonungslosen Metzeleien, welche in den Jahren 1842 und 1845 stattfanden. Als dann die Mohammedaner im Krimkrieg von Seiten der mit ihnen verbündeten Engländer und Franzosen wiederholte Demütigungen erlitten, setzte sich bei ihnen ein Haß gegen die Christen

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