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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Leuten an, wo ich mich befand, sondern machte es mir auch unmöglich, ihre Schritte zu hören, wenn sie in meine Nähe gelangten. Sollte ich ihn zum drittenmal betäuben? Das war eine ungewisse Sache; es gelingt nicht jedesmal, und ich konnte ihn auch erschlagen; außerdem hätte ich ihn losbinden müssen, weil ich ihn auf dem Rücken trug und dabei wäre eine kostbare Zeit vergangen. Ich langte also mit dem Messer über meine Schulter hinunter, setzte ihm die Spitze auf den oberen Teil der Brust und sagte:
    „Ich steche wirklich, wenn du nicht gleich schweigst!“
    „Stich zu, stich zu!“ war seine Erwiderung.
    „Gut, du willst es so!“
    Ich stach, doch nicht tief.
    „Hund!“ brüllte er.
    „Noch ein Wort, so fährt dir die Klinge bis ans Heft in den Leib!“
    Da war er still, und ich blieb einige Augenblicke stehen, um zu lauschen. Es regte sich nichts. Aber jetzt – ja, da klangen unterdrückte Stimmen zu mir herauf, nicht von der Lehne des Berges, sondern vom Fuß desselben her. Das verriet mir die Absicht, welche die Roten verfolgten. Der Aufstieg war ihnen zu beschwerlich, vielleicht gar unmöglich gewesen, und die Stimme ihres Häuptlings hatte ihnen verraten, daß ich nicht oben blieb, sondern mit ihm abwärtsstieg. Da brauchten sie ja nur unten zu warten, bis ich hinunterkam, um mich dann zu empfangen. Aber sie wußten die Stelle nicht, an welcher das zu geschehen hatte, und so mußten sie sich verteilen und eine Linie bilden, welche bei meinem Erscheinen schnell zusammengezogen werden konnte. Daher die Stimmen, welche einander jetzt zuriefen.
    Jetzt kam es darauf an, ob sie die Linie bis dahin ausdehnten, wo meine Gefährten versteckt lagen. Wenn dies der Fall war, so konnten die letzteren leicht etwas tun, was nicht gutzuheißen war, und darum hatte ich von jetzt an weit mehr Sorge um sie als um mich.
    Ich hatte allerdings nun den schwierigsten Teil des Wegs zurückgelegt, und der Abstieg ging viel schneller und besser vonstatten als bisher. In zehn Minuten konnte ich unten sein; da krachte plötzlich ein Schuß, und eine Stimme rief:
    „Da hast du etwas für deine Neugierde, roter Schuft! Nun weißt du, wer wir sind.“
    Das war Jim Snuffles Stimme. Die Indianer hatten also unser Versteck entdeckt. Sollte ich diesen Schuß und Jims Schreien gutheißen oder nicht? Das wußte ich jetzt noch nicht; jedenfalls folgte die Wirkung sofort, denn zunächst erhoben einige Rote ihr Geheul, dann fielen die andern in dasselbe ein; man hörte daraus die Länge der Linie, welche sie bildeten.
    Nach kurzer Zeit hörte ich einen zweiten Schuß, und zwar ein großes Stück von der Stelle entfernt, wo der erste gefallen war, und gleich darauf erklang die Stimme Jims:
    „Dieses Krachen kenne ich. Nicht wahr, du hast geschossen, alter Tim?“
    „Yes!“ lautete die allbekannte kurze Antwort.
    „Recht so! Gib es ihnen! Wollen doch sehen, ob sie uns an den Leib können! Das wäre für sie das höchste der Gefühle!“
    Es fielen noch einige Schüsse, auf welche die Roten mit Geschrei antworteten, und ich hörte aus demselben, daß sie sich entfernten. Sie hatten eine Lehre erhalten, welche sie beherzigten. Dann kam ich glücklich unten an. Ich fand nur die Pferde vor und einen der beiden Diener Dschafars.
    „Ihr seid allein hier? Wo sind die andern?“ fragte ich.
    „Fort“, antwortete er. „Die Roten kamen uns zu nahe, und Jim Snuffle war der Ansicht, daß sie vertrieben werden mußten.“
    Da hörte ich das Rauschen von Zweigen; es nahten Schritte, und der soeben Genannte kam.
    „Sie sind fort“, sagte er, mich nicht sogleich sehend, „und werden wohl nicht gleich wiederkommen. Wenn nur auch Mr. Shatterhand bald käme! Man weiß ja gar nicht, wie es steht. Man konnte aus dem Geschrei da oben nicht so recht klug werden. Es klang beinahe, als ob – – –“
    Da fiel sein Auge dahin, wo ich stand; er hielt inne, trat zwei Schritte näher und fuhr dann fort:
    „Wetter! Wer ist denn das? So ein dicker Kerl, wie dieser ist, hat man – – –“
    „Er scheint nur so dick“, unterbrach ich ihn; „es sind aber zwei Kerls, Mr. Snuffle.“
    „Ah, Ihr seid es, Ihr?“ rief er erfreut aus. „Gott sei Dank, daß Ihr – – –“
    „Still, still!“ warnte ich ihn. „Ihr schreit ja so, als ob man Euch unten in Texas hören solle. Wißt Ihr denn nicht, wie nahe uns die Roten sind?“
    „Nahe?“ lachte er. „Fällt ihnen nicht ein! Ja, sie waren nahe, sind es aber nicht mehr.“
    „Wißt Ihr

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