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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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einmal in eine Falle geraten und wieder aus derselben entkommen ist, die geht gewiß nie wieder hinein. Sie ist pfiffiger als dieser große Kriegsanführer des Comanchenvolks.“
    „Schweig, Hund!“ brauste da, sein bisheriges Schweigen aufgebend, To-kei-chun auf. „Deine Worte sind wie die Losung eines Coyoten auf der Savanne: kein Mensch achtet auf sie! Du wirst sie aber dennoch zu bereuen haben!“
    „Wann denn wohl?“
    „Wenn du dich in meiner Hand befindest.“
    „Wetter! Du glaubst also, mich noch einmal fangen zu können?“
    „Ich glaube es nicht, sondern ich weiß es.“
    „So? Höchst sonderbar! Weißt du es auch, alter Tim?“
    „No.“
    „Schön! So wird er sich also wohl irren. Er, und mich einmal fangen! Der Kerl ist verrückt! Es liegt in unserer Hand, ihn auszulöschen wie ein Licht, das nicht mehr brennen darf, und da hat er die Frechheit, mir zu drohen! Man sollte – – – horch!“
    Vom Berge scholl ein vielstimmiges Geheul herüber.
    „Das sind die Roten“, fuhr Jim fort. „Was mag wohl dieser ihr schöner Gesang zu bedeuten haben, Mr. Shatterhand?“
    „Das wißt Ihr nicht?“
    „Nein. Es ist mir keine Veranlassung für sie bekannt, jetzt ein solches Lied anzustimmen.“
    „Die Antwort ist aber sehr einfach. Wie ich Euch schon sagte, haben sie, obgleich sie durch mich vertrieben wurden, ihre Absicht, uns zu überfallen, nicht aufgegeben, sondern sie doch noch ausgeführt. Sie haben unser Versteck umzingelt und sind auf ein gegebenes Zeichen alle auf einmal in dasselbe eingebrochen.“
    „Die Vögel waren aber ausgeflogen!“
    „Ein Glück für uns, daß es so ist. Sie aber sind so wütend darüber, daß sie heulen.“
    Das konnte der Häuptling nicht ruhig anhören, er zischte mich an:
    „Du sagst, sie heulen vor Wut; ich aber sage dir, daß sie noch vor Freude heulen werden!“
    „Pshaw!“ antwortete ich. „Ihr Geheul ist eine Dummheit und deine jetzigen Worte sind noch viel dümmer.“
    „Schweig! Was To-kei-chun sagt, ist niemals dumm; er weiß, was er spricht!“
    „Und ich weiß, was du denkst! Ist dir die Mahnung unbekannt, daß man nicht immer sagen soll, was man weiß? Wären deine Krieger jetzt still gewesen, so wüßten wir nicht, daß sie den vergeblichen Überfall unternommen haben. Und hättest auch du geschwiegen, so wüßten wir nicht, auf was du wartest.“
    „Glaubt Old Shatterhand vielleicht, allwissend zu sein?“
    „Nein; aber wenn ein dummer Mensch seine Zunge nicht halten kann, so pflege ich zu sehen, was auf derselben liegt. Soll ich dir deine Gedanken sagen?“
    „Du kennst sie nicht!“
    „So höre! Du hast uns soeben gedroht. Du glaubst also freizukommen, ohne zum Frieden verpflichtet zu sein. Das kann aber nur dadurch geschehen, daß deine Krieger dich befreien. Und weil ihnen dies am Tag unmöglich ist, so meinst du, daß sie dich noch in dieser Nacht holen werden.“
    „Uff!“ höhnte er. „Old Shatterhand scheint in die Haut des großen Geistes gefahren zu sein, der alles weiß!“
    „Spotte immerzu! Grad dieser Spott sagt mir, daß ich das Richtige getroffen habe.“
    „Wie kann ich denken, daß meine Krieger mich befreien! Sie wissen ja gar nicht, wo ich mich jetzt befinde.“
    „Sie wissen es!“
    „Nein, denn sie sind nicht so allwissend, wie Old Shatterhand, welcher einem sagen kann, was jeder Wurm und jeder Käfer für vortreffliche Gedanken hat!“
    „Dein Hohn nützt dir nichts. Die Krieger der Comanchen wissen, daß ich das gefangene Bleichgesicht austauschen will und also am Morgen mit ihnen sprechen muß; ich werde mich also nicht weit von ihrem Lager entfernen. Sie fragen sich jetzt, wo ich bleiben und mit ihnen verhandeln werde, und die Antwort wird ganz natürlich lauten: da, wo er schon einmal mit uns verhandelt hat. Wenn deine Krieger sich das nicht sagten, so hätten sie kein Gehirn. Sie werden also die Nacht benutzen, noch einmal einen Überfall zu versuchen.“
    „Uff!“
    Jetzt klang dieser Ausruf nicht mehr höhnisch, sondern wie zornige Enttäuschung.
    „Er wird ihnen aber nicht gelingen“, fuhr ich fort, „obgleich du deine ganze Hoffnung auf ihn setzest. Wenn du diese Hoffnung nicht hegtest, würdest du es unterlassen haben, uns zu drohen. Du siehst also ein, daß deine Rede eine ebenso große Albernheit wie vorhin ihr Geheul da drüben war.“
    Ich bediente mich mit voller Absicht der beiden sonst verpönten Worte dumm und albern. Er hatte sein Wort gebrochen und mußte nun so tief beschämt

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