Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
mir mein Vorhaben gelingen.
    Ich legte mich nieder und kroch vorsichtig weiter, immer gerade auf sie zu. Das war nicht leicht, denn es gab nun keine Büsche mehr, und das Gras war so niedrig, daß es mir keine Deckung gewährte. Ich mußte mich in dem Schatten halten, welchen die beiden Indianer nach meiner Richtung warfen. Auch in der Person dessen, den ich befreien wollte, lag eine Gefahr für mich. Er war mit dem Leben des Wilden Westens unbekannt; ich wußte, daß ihm die Gabe fehlte, sich im Augenblick der Überraschung zu beherrschen. Wenn er mich kommen sah und durch eine Bewegung oder gar einen Ausruf dies verriet, so konnte ich eine Kugel bekommen, ehe ich den Platz ganz erreicht hatte. Ich mußte also meinen Weg so nehmen, daß er mich nicht zu früh bemerkte, was nur dadurch erreicht werden konnte, daß ich stets einen der Indianer in gerader Linie zwischen ihm und mir hatte.
    Das war schwierig, aber es ging; ich kam näher und näher und befand mich endlich nur wenige Schritte von ihnen, so daß ich hörte, was sie sprachen. Sie redeten nämlich miteinander. Dschafar verstand englisch genug, und einer der Roten war dieser Sprache so weit mächtig daß er das, was er sagen wollte, wenigstens einigermaßen zum Ausdruck bringen konnte.
    Der Perser schien guten Mutes zu sein, denn sein Gesicht zeigte keine Spur von Besorgnis, und eben als ich in Hörweite herangekommen war, hörte ich ihn sagen:
    „Nein, ihr bekommt ihn nicht wieder!“
    „Der Häuptling wird befreit“, behauptete dagegen der Indianer.
    „Old Shatterhand gibt ihn nicht wieder her!“
    „Hat er ihn nicht schon gefangen gehabt und doch wieder hergeben müssen?“
    „Müssen? Kein Mensch hat ihn gezwungen; er hat es freiwillig getan.“
    „Er war dazu gezwungen, denn er wollte die weißen Gefangenen freihaben.“
    „Dabei ist er ehrlich mit euch verfahren; ihr aber habt hinterlistig gehandelt.“
    „Die roten Krieger sind klüger als die weißen.“
    „Was du meinst, das war keine Klugheit, sondern Unehrlichkeit. Ihr werdet das entgelten müssen, denn Old Shatterhand wird euern Häuptling ganz gewiß dafür bestrafen.“
    „Das kann er nicht, denn wir werden To-kei-chun befreien.“
    „Wann?“
    „Jetzt.“
    „Glaube das ja nicht! Ihr werdet ihn nicht wieder losmachen können.“
    „Alle unsere Krieger sind fort, dies zu tun!“
    „Wenn es ihnen überhaupt gelingen könnte, wären sie jetzt schon damit fertig. Sie müßten längst wieder hier sein.“
    „Sie warten, um Old Shatterhand sicher zu machen; dann fallen sie über die Bleichgesichter her.“
    „Pshaw! Old Shatterhand ist nicht der Mann, der so leicht überfallen werden kann. Zumal nach dem, was in der letzten Zeit geschehen ist, wird er doppelt vorsichtig sein.“
    „Und wenn er vorsichtig wäre, was würde er dadurch erreichen? Er müßte unsern Häuptling doch wieder freilassen!“
    „Wer soll ihn zwingen?“
    „Wir. Wenn er ihn nicht freigibt, wirst du getötet.“
    „Gut! Also wieder eine Auswechslung! Du gibst also zu, daß ich mich in keiner Gefahr befinde. Ihr könnt mir nichts tun.“
    Der Indianer wollte sich nicht als geschlagen bekennen und behauptete:
    „Wir werden den Häuptling holen und dich doch nicht losgeben!“
    Dschafar antwortete nun seinerseits auch mehr, als er eigentlich behaupten konnte:
    „Und Old Shatterhand wird mich holen und den Häuptling nicht loslassen.“
    „Uff! Wir bewachen dich!“
    „Das kann einen Mann, wie Old Shatterhand ist, nicht abhalten!“
    „Er mag es nur wagen, zu kommen!“
    „Er ist schon da“, antwortete ich, indem ich hinter ihm aufsprang und die beiden Revolver zog.
    Er und sein Kamerad drehten sich nach mir um; sie brachten vor Überraschung kein Wort hervor, hatten aber die Geistesgegenwart, nach ihren Messern zu greifen und auch aufstehen zu wollen.
    „Bleibt sitzen, und rührt euch nicht, sonst erschieße ich euch!“ gebot ich ihnen.
    „Uff, uff!“ stieß da der eine von ihnen, der bisher gesprochen hatte, hervor.
    „Ja, uff, uff!“ antwortete ich. „Dieses Bleichgesicht hier hat sehr recht gehabt: Old Shatterhand ist nicht der Mann, der sich vor euch fürchtet. Wenn ihr mir nicht Wort für Wort gehorcht, seid ihr des Todes und auch euer Häuptling ist verloren. Legt die Messer weg!“
    Sie taten es.
    Ich ging zu Dschafar und durchschnitt seine Fesseln, während ich mit der andern Hand die Wächter durch einen Revolver in Schach hielt. Als dies geschehen war, forderte ich Dschafar

Weitere Kostenlose Bücher