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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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werden, wie es mit meiner sonstigen Gesinnung zu vereinbaren war. Er antwortete nur mit einem zornigen Schnauben, und ich sprach weiter:
    „Du bist es eigentlich gar nicht wert, daß ein Krieger mit dir redet, denn du hast das Kalumet entweiht und den Frieden nicht gehalten, den du uns versprachst. Du solltest eigentlich die Strafe – – –“
    „Mir ist nur mein Kalumet heilig, das deinige aber nicht“, fiel er mir in die Rede. „Warum hast du nicht das meinige geraucht? Old Shatterhand ist noch viel dümmer, als er andere Leute schimpft!“
    „Ich habe nicht dumm und vertrauensselig gehandelt. Hätte ich aus deiner Friedenspfeife geraucht, so wäre mir das dabei gegebene Versprechen ebenso heilig gewesen, als wenn es aus meinem Kalumet gekommen wäre. Ich habe deine Verschlagenheit gar wohl gekannt und sogar meinen Gefährten gesagt, was du im Schilde führtest, und dich dennoch nicht gezwungen, dich deiner Pfeife anstatt der meinigen zu bedienen. Ich unterließ das nicht etwa aus Dummheit, sondern weil ich weiß, daß ich dich nicht zu fürchten brauche; du bist ein kleiner Wurm gegen mich, den ich in jedem Augenblick zertreten kann.“
    „So zertritt mich doch! Kannst du es wirklich?“
    „Ja.“
    „Was wird dann aus dem Bleichgesicht, welches sich bei uns befindet?“
    „Pshaw! Poche ja nicht zu sehr darauf! Ich würde diesen Weißen befreien, auch wenn du dich nicht in unserer Gewalt befändest. Ich will jetzt da weitersprechen, wo du mich vorhin unterbrochen hast. Mit deiner Treulosigkeit hast du eigentlich die Strafe der Lügner verdient, nämlich einen Schlag in das Gesicht, der dich für alle Zeit entehrt, so daß keiner deiner Krieger mehr etwas von dir wissen mag; aber Old Shatterhand weiß, daß Liebe besser ist als Haß, und so will ich auf eine solche Rache verzichten und noch einmal freundlich mit dir sprechen.“
    „Ich mag nichts hören!“
    „Ich will dir einen Vorschlag machen, von dem ich erwarte, daß du auf ihn – – –“
    „Ich mag von dir nichts hören!“ wiederholte er, mich unterbrechend.
    „Das ist natürlich nicht dein letztes Wort. Du weißt ja noch gar nicht, was – – –“
    „Schweig!“ fiel er mir wieder in die Rede. „Ich weiß alles!“
    „Gut, so werde ich schweigen; es wird die Zeit kommen, in welcher du gern mit mir sprechen wirst. Ob und wie ich dann reden werde, das wirst du erfahren.“
    „Sir, soll ich dem Halunken für seine Frechheit eine Ohrfeige geben?“ fragte mich Jim.
    „Nein“, antwortete ich. „Einen Wehrlosen schlägt man nicht, und ich habe ihm gesagt, daß er keinen Schlag bekommen soll.“
    „Darauf fußt er eben! Ah, ihm so einen tüchtigen Box ins Gesicht oder auf den Magen zu geben, das wäre für mich das höchste der Gefühle! Denkst du nicht auch, alter Tim?“
    „Yes!“ erklang es im tiefsten Brustton der Überzeugung; mehr als dieses Wort aber sagte er nicht.

Ich war überzeugt, daß wir bald abermals beschlichen würden. Was wir dagegen taten, das sollte der Häuptling nicht sehen; darum ließ ich ihm eine abgewendete Lage geben und besprach mich leise mit den Gefährten. Die beiden Snuffles, Perkins, die andern beiden Führer und ich wollten uns gegen die etwaigen Späher wenden, während die zwei Diener bei dem Häuptling sitzen blieben. Wir sechs krochen, auf der Erde liegend, eine Strecke vor; dann postierte ich sie so, daß sie ungefähr vierzig Schritt auseinanderlagen und eine gegen den Berg gerichtete gerade Linie bildeten, deren Mitte in noch weiter vorgerückter Lage ich selbst einnahm. Auf diese Linie mußte der oder mußten die Kundschafter treffen, welchen oder welche man aussandte, um zu erfahren, wo wir lagerten.
    Wie so oft, hatte ich mich auch diesmal nicht getäuscht. Wir lagen noch keine halbe Stunde, so hörte ich Jim Snuffle rufen:
    „Da will jemand zwischen uns hindurch. Halte ihn fest, alter Tim!“
    „Yes.“
    Die beiden Brüder lagen zu meiner rechten Hand hinter mir, erst Tim und dann Jim. Ich blickte mich um und sah Tim auf eine Gestalt zurennen, welche sich soeben vom Boden erhoben und schnell zu entkommen trachtete. Sie sprang in weiten Sätzen fast genau auf die Stelle zu, an welcher ich lag, ein Stück vor den anderen, wie bereits gesagt. Es war natürlich ein Roter. Ich ließ ihn bis auf zehn Schritte herankommen und sprang dann plötzlich auf. Er blieb erschrocken stehen, nur einige Augenblicke lang; aber das war Zeit genug für mich, mit zwei Sprüngen bei ihm zu sein und

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