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20 Science Fiction Stories

20 Science Fiction Stories

Titel: 20 Science Fiction Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: diverse
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Psychiater beobachtete und triumphierte: Oh, du wundervolles Azacyclonol, sang er in Gedanken, du schönes Piperidyl, freundliches Hydrochlorid, feines Serpasil … Zuversichtlich ließ er MacLyle allein und ging in die Hütte, wo er nach längerem Suchen ein paar anständige Kleidungsstücke aufstöberte, sie hinaustrug und den widerstandslosen Patienten darin einhüllte. Dann half er ihm über die Lichtung ins Auto, wobei er vor sich hinsummte, denn niemand kann je so glücklich sein wie ein Fachmann, der soeben eine gelungene Arbeit vollbracht hat. MacLyle sank in die Polster und warf noch einen verwunderten Blick auf die Hütte, auf das sich in der Sonne spiegelnde Ophikleid. Aber der Psychiater redete ihm mit ernster, ermahnender Stimme ein, daß diese Dinge nichts mit ihm zu tun hätten, absolut nichts, und MacLyle lächelte erleichtert und widmete sich aufmerksam der vorbeifliegenden Landschaft, passiv wie ein Pekinesenhündchen. Als sie am Warenhaus vorbeikamen, wurde er etwas unruhig, sagte aber nichts. Statt dessen fragte er den Psychiater, ob der Ardsmere-Bahnhof schon wieder geöffnet sei, worauf ihm der Psychiater mit einem befriedigten Schnurren antwortete: Der Bahnhof von Ardsmere, zwei Haltestellen vor MacLyles Vorstadtheim, sei vor fast sechs Jahren niedergebrannt und wieder aufgebaut worden; jetzt war er ganz sicher, daß MacLyle in einer Zeit lebte, die noch vor der seiner Schwierigkeiten lag – eine Zeit, in der MacLyle noch sprechen konnte. Er drückte seine Bewunderung für Chlorpromazin (das geholfen hatte, MacLyle zu beruhigen) in einem freudigen Summen aus, in das er auch seine ganze Hochachtung für Scopolamin legte, das den Patienten so außerordentlich gefügig gemacht hatte. Aber all das ließ er sich nicht anmerken, sondern antwortete MacLyle ernsthaft mit ja, Ardsmere sei neu eröffnet worden. Und ob er noch etwas wissen wolle?
    MacLyle dachte sorgfältig nach – er wußte, daß er in den Händen dieses Mannes sicher war, wer immer er auch sein mochte; er wußte (dachte er) sein genaues Alter. Man erwartete von ihm, daß seine Gedanken wild durcheinander liefen; er unterstand einem Befehl, nicht zu denken – sanft schüttelte er den Kopf und machte sich wieder daran, die Straße vor ihnen zu beobachten.
    »Steinschlaggefahr«, murmelte er, als sie an einem Schild mit dieser Bezeichnung vorbeikamen. Der Psychiater steuerte den Wagen wohlgelaunt aus den Bergen heraus, durch Ebenen und zurück zu der Stadt, wo er ihn sich geliehen hatte. Am Bahnhof ließ er ihn stehen (»Bahnübergang«, murmelte MacLyle) und reservierte für beide ein Zugabteil, ein Flugzeug war zu öffentlich für seine Zwecke, und außerdem viel zu schnell für seinen Stundenlohn, den er gerade dem Honorar hinzuzusetzen beschlossen hatte.
    Vor der Abfahrt hatten sie noch Zeit zu einem ruhigen Essen, und dann waren sie endlich im Zug, mit festem Boden unter den Füßen und einem Bestimmungsort. Der Psychiater drehte außer einer Leselampe alles Licht im Abteil aus und lehnte sich vor. MacLyles Augen schienen sich dem schwachen Licht schnell anzupassen, und der Psychiater machte es sich bequem und fragte, wie er sich fühle. MacLyle fühlte sich wohl und sagte das auch. Der Psychiater fragte ihn, wie alt er sei, und MacLyle antwortete siebenunddreißig, aber er schien nicht ganz überzeugt davon.
    Weil er wußte, daß die Wirkung des Scopolamin allmählich nachließ, die anderen Beruhigungsdrogen aber noch anhielten, holte der Psychiater tief Atem und deckte die Karten auf; er sagte MacLyle, wie alt er in Wirklichkeit war, und versetzte ihn in die Gegenwart. MacLyle sah ein paar Minuten sehr erstaunt drein, dann formte sich in seinen Zügen ein Ausdruck, der nicht als unglücklich bezeichnet werden konnte. »Rauchen verboten«, war alles, was er sagte, während er auf das Schild mit dem kleinen Metallzeichen starrte. Er wollte damit sagen, daß er wieder lesen könne.
    Der Psychiater nickte ernst, gab aber keinen Kommentar von sich. Der Patient sollte erst alleine mit der Situation fertig werden!
    Unvermittelt fragte MacLyle, warum er die Fähigkeit, zu sprechen und zu lesen, verloren hätte. Der Psychiater hob die Augenbraue und die Schulter ein wenig und setzte eines jener Lächeln auf, die so viel bedeuten wie »Wenn Sie’s nicht wissen, wer dann?« Dann stand er auf und schlug vor, daß sie sich jetzt schlafen legten. Er klingelte der Bedienung und ließ die Betten herrichten, und aus Gewohnheit bestellte er

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