20 Science Fiction Stories
Mitchell schaltete die Steuerzentrale ab, und der komplizierte Mechanismus hörte zu reagieren auf.
»Die korrekte Anrede ist ›Eure Königliche Hoheit‹«, murmelte er zögernd.
»Ho«, schnaubte der Kapitän. »Ich denke nicht daran, jemanden so anzusprechen!«
»Bei unserem heutigen Denken«, mischte sich Chambers hilfreich ein, »ist, glaube ich, ›Sir‹ völlig ausreichend. Aber Sie brauchen sich darüber keine großen Sorgen zu machen. Schließlich ist es schon eine ganz schöne Zeit her, seit jemand in den Tower geworfen wurde. Und außerdem ist dieser Henry bei weitem nicht so’n schwerer Junge wie der, der die vielen Weiber hatte.«
»Alles in allem«, fügte Mitchell hinzu, »soll er ein sehr netter junger Mann sein. Recht intelligent sogar. Er soll den Leuten oft technische Fragen gestellt haben, die sie nicht beantworten konnten.«
Captain Saunders ignorierte die Bedeutung dieser Bemerkung. Im stillen beschloß er aber, Prince Henry an Mitchell zu verweisen, wenn er unbedingt wissen wollte, wie ein Feldausgleichsgenerator funktionierte. Mühsam stand er auf – während des Fluges hatten sie mit halber Gravitation gearbeitet, und jetzt auf der Erde fühlte er sich wie ein Sack mit Ziegelsteinen – und ging die Gänge entlang zur unteren Luftschleuse. Mit einem öligen Knarren schob sich die gebogene Tür vor ihm zur Seite. Er setzte ein etwas gezwungenes Lächeln auf und schritt hinaus, um sich den Fernsehkameras und dem Erben der Britischen Krone zu stellen.
Der Mann, der vermutlich eines Tages einmal Henry IX. von England sein würde, war etwas über zwanzig. Er war ziemlich klein und hatte feingeschnittene, regelmäßige Gesichtszüge, die seinem Stammbaum alle Ehre machten. Captain Saunders, der aus Dallas stammte und nicht die geringste Absicht hatte, sich von irgendeinem Prinzen beeindrucken zu lassen, stellte erstaunt fest, daß ihn die großen traurigen Augen bewegten. Diese Augen hatten zu viele Empfänge und Paraden gesehen, hatten zu viele uninteressante Dinge aufnehmen müssen, ihnen war nie Gelegenheit gegeben worden, von den sorgsam geplanten offiziellen Begebenheiten abzuschweifen. Als er in dieses müde Gesicht schaute, fühlte Saunders zum erstenmal die unendliche Einsamkeit der Königswürde. Sein ganzes Mißbehagen, das er gegen diese Institution empfand, verließ ihn: Es war nicht fair von der Krone, solch eine Last auf irgend jemanden in der Welt zu konzentrieren …
Der Landesteg war zu schmal für größere Menschenmengen, und es wurde bald klar, daß es Prinz Henry ganz lieb war, die Besichtigung ohne seinen Hofstaat durchzuführen. Als sie dann durch das Schiff schlenderten, verlor Saunders seine steife Zurückhaltung, und nach wenigen Minuten behandelte er den Prinzen wie jeden anderen Besucher.
»Wissen Sie, Captain«, sagte der Prinz nachdenklich, »das ist für uns ein ganz großer Tag. Ich habe schon immer gehofft, daß eines Tages Raumschiffe von England aus starten und auch hier landen. Aber jetzt erscheint es mir fast unfaßbar. Sagen Sie, haben Sie jemals etwas mit Raketen zu tun gehabt?«
»Nun ja, ich mußte darüber Bescheid wissen, aber bevor ich mein Studium beendet hatte, waren sie schon so gut wie überholt. Ich hatte Glück: Die älteren Leute mußten noch einmal von vorn anfangen – oder sie mußten die Raumfahrt ganz und gar aufgeben, wenn sie sich an die neuen Schiffe nicht gewöhnen konnten.«
»War der Unterschied so groß?«
»O ja – als die Raketen aufgegeben wurden, da war das ein ebenso großer Wechsel wie vom Segeln zum Dampfschiff. Diesen Vergleich kann man übrigens oft hören. Über den alten Raketen lag derselbe Zauber wie über den alten Windjammern. Diese modernen Schiffe machen wenig Eindruck. Wenn die Centaurus startet, so geht das ruhig und langsam vor sich. Der Start einer Rakete dagegen ließ die Erde meilenweit erschüttern, und man wäre tagelang taub gewesen, wenn man zu nahe an der Startbahn gestanden hätte. Aber das kennen Sie sicher alles von den alten Nachrichtenblättern her.«
Der Prinz lächelte.
»Ja«, sagte er. »Ich habe sie oft im Palast gelesen. Ich glaube, ich habe jeden Vorfall, der die ersten Expeditionen betraf, aufmerksam verfolgt. Auch mir tut es leid, daß die Zeit der Raketen vorbei ist. Aber hier auf Salisbury Plain hätten wir keinen Flughafen für sie haben können – die Erschütterungen hätten Stonehenge niedergerissen!«
»Stonehenge?« fragte Saunders, als er eine Tür aufhielt, um den
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