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20.000 Meilen unter den Meeren

20.000 Meilen unter den Meeren

Titel: 20.000 Meilen unter den Meeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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den Menschen im Innern in Verbindung setzen. Da der Apparat nur mäßige Fahrt machte, schritt ich vorsichtig den aus dem Wasser ragenden Teil des Rumpfes ab, doch ich fand nur lückenlos aneinandergefügte Platten, nirgends den Anschein einer Luke.
    Aber es musste eine Öffnung da sein, mit der die Mannschaft Luft aufnahm, wenn das drinnen gespeicherte Atemgas verbraucht war. Oder bereiteten sie ihre Luft selbst zu, mit einem Gerät womöglich, wie es Reiset & Regnault entwickelten?
    Die Schraube, die sich mit mathematischer Regelmäßigkeit drehte, wurde um vier Uhr morgens plötzlich schneller. Oft traf uns der volle Schlag der Bugwelle und wir konnten uns dann kaum auf dem Fahrzeug halten. Zum Glück entdeckte Ned Land einen Ring, an dem er sich festhalten konnte, und damit bot er auch uns genügend Halt. Es dauerte unendlich lange, bis diese Nacht vorüber war. Kälte, Krampf, Nässe und Übermüdung hatten mich apathisch gemacht und ich kann mich kaum noch an das erinnern, was mit uns vorging. Nur einen Eindruck bewahrte ich mit Deutlichkeit: Mir schien manchmal, als drängten Tonfetzen zu mir heran, verwischte ferne Akkorde, die sich im Zischen der Bugwelle auflösten. Welche Geschöpfe bewohnten dies seltsame Fahrzeug? Und mit welcher mechanischen Kraft erzeugten sie diese unerhörte Geschwindigkeit?
    Frühmorgens lagen wieder Nebel über dem Wasser, verflüchtigten sich jedoch bald. Ich wollte gerade eine neue Untersuchung unseres Fahrzeugs beginnen, als wir merkten, wie der Apparat tiefer sank.
    »He, zum Teufel!«, brüllte Ned Land und trat mit aller Wucht gegen die eisernen Planken. »Warum so ungastlich! Macht doch endlich mal die Klappe auf!«
    Wir glaubten zunächst nicht, dass man das Trampeln im Innern gehört habe, aber die Tauchbewegung wurde plötzlich unterbrochen. Es ertönte ein metallisches Rasseln aus dem Innern, eine Platte des Verdecks hob sich und ein Mann erschien in der Luke. Als er uns sah, stieß er einen Schrei aus und verschwand sofort wieder. Wenige Augenblicke später kamen acht starke Männer mit Gesichtsmasken an Deck, packten uns und schleiften uns in den Leib dieses technischen Monsters.

5. Kapitel
    All das geschah blitzschnell. Ich weiß nicht, was meine Kameraden sich dabei dachten, ich jedenfalls spürte einen kalten Schauer bei diesem Empfang, der an Piraten erinnerte. Ich fühlte eine eiserne Treppe unter meinen nackten Füßen, konnte aber nichts sehen, denn nachdem sich die Einstiegsluke wieder geschlossen hatte, herrschte im Innern des Fahrzeugs undurchdringliches Dunkel. Am Ende der Treppe wurden wir etwas seitwärts gestoßen, dann öffnete sich eine Tür, man schob uns hindurch und schloss dahinter ab. Wir waren wieder allein und Ned Land hatte sich von seiner Überraschung so weit erholt, dass er kräftig zu fluchen begann. Er wurde noch aggressiver, als er entdeckte, dass man ihm sein Bowiemesser gelassen hatte, und schwor, jeden zu massakrieren, der ihn anrühre.
    »Damit seien Sie mal vorsichtig«, riet ich ihm. »Unnütze Gewalttaten können uns erst recht in Gefahr bringen. Wir könnten ja doch zunächst mal versuchen, uns mit diesen Leuten zu verständigen. Stellen wir fest, wo wir sind!«
    Ich tastete mich durch das Dunkel und stieß dabei nach fünf Schritten auf eine Wand aus Eisen. Ebenfalls aus genieteten Eisenplatten bestanden auch die übrigen Wände, nirgends ein Fenster. Der Fußboden war mit einer Flachsmatte ausgelegt und an einer Wand des Raumes stand ein hölzerner Tisch mit Schemel darum. Der Raum war etwa 6 m x 3 m groß, die Höhe bekamen wir nicht heraus.
    In der ersten halben Stunde geschah gar nichts. Dann ging plötzlich ein grelles Licht über uns an. Dieser blendend weiße Glanz war der gleiche, der das phosphoreszierende Oval auf dem Meer erzeugt hatte. Nach einigen Augenblicken der Gewöhnung sah ich, dass das Licht aus einer Halbkugel über uns an der Decke kam.
    »Aha, Licht!«, rief Land und stellte sich breitbeinig mit dem Messer auf.
    »Aber unsere Lage ist so dunkel wie zuvor«, sagte ich.
    »Also: Geduld«, meinte Conseil sanft.
    Wir konnten jetzt die Einrichtung der Kabine genau sehen. Um den Tisch standen fünf Schemel: Das war alles. Nicht mal der Rahmen der Tür war auszumachen, so hermetisch schloss sie. Es war ganz still um uns. Fuhr das Schiff? Ruhte es an der Oberfläche? Sank es langsam hinab zum Meeresgrund?
    Ich nahm an, die Beleuchtung sei eingeschaltet worden, weil uns jemand sehen wollte, und ich täuschte mich

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