Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
20.000 Meilen unter den Meeren

20.000 Meilen unter den Meeren

Titel: 20.000 Meilen unter den Meeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
meinem Fleisch!«, rief er überschwänglich. »Die Gefahren des Meeres, die ihr dort oben empfindet, bestehen für mein Schiff nicht mehr. Es wird nicht leck, kein Takelwerk, kein Segel kann beschädigt werden, kein Kessel zerplatzen, kein Feuer bricht aus, kein Kohlenmangel legt’s lahm und es braucht weder Zusammenstoß noch Sturm zu fürchten: Das, Monsieur, ist ein Schiff, wie es sein soll, und ich liebe es, denn ich bin sein Ingenieur, sein Erbauer und sein Kapitän.«
    »Sie sind von Beruf Ingenieur?«
    »Ja. Ich habe zu meiner Erdenzeit in Paris, London und New York studiert.«
    »Eins begreife ich nicht: Wie haben Sie dieses Schiff bauen können, ohne dass es jemand gemerkt hat?«
    »Ich habe jedes seiner Einzelteile von einer anderen Firma unter einem anderen Namen bezogen, das ist das ganze Geheimnis. Der Kiel kommt von Creuzot, die Welle der Schraube von Pen & Co. in London, die Rumpfplatten von Leard in Liverpool, die Schraube von Scott in Glasgow, die Behälter von Cail & Co. in Paris, die Maschine von Krupp in Essen; der Schnabel kommt aus Schweden, die Instrumente aus den USA und so fort. Alle diese Teile sind schließlich in meiner Werkstätte auf einer einsamen Insel im Ozean gelandet. Dort haben meine Gefährten und ich unser Schiff zusammengebaut. Und nachdem der letzte Hammerschlag getan war, haben wir die Spuren unserer Arbeit durch Feuer vernichtet.«
    »Ich will nicht neugierig sein, Kapitän«, sagte ich nach all diesen Ausführungen. »Aber mir scheint, dass in Ihrem Schiff ein schönes Stück Geld steckt.«
    »Wenn Sie die Sammlung mitrechnen: 5 000 000 Franc.«
    »Sie sind also reich?«
    »Unermesslich reich. Es würde mir überhaupt nichts ausmachen, die 10 000 000 000 Franc Schulden, die Frankreich hat, bar zu begleichen.«

9. Kapitel
    Der von Wasser bedeckte Teil der Erde ist 363 500 000 km2 groß. Die flüssige Masse der Erde hat ein Volumen von 14 300 000 000 km3. In Kugelform hätte diese Masse einen Durchmesser von 297 km und ein Gewicht von 14 300 000 000 000 000 000 t. Das ist ebenso viel Wasser, wie alle Flüsse der Erde in 40 000 Jahren zusammenbringen.
    In den geologischen Epochen folgte auf die Zeit des Feuers die Zeit des Wassers. Der gesamte Erdball war von Wasser bedeckt. Dann traten die Spitzen der höchsten Berge hervor, Inseln tauchten auf und verschwanden wieder in Überschwemmungen, tauchten erneut auf und mit ihnen stieg Land aus dem Wasser, das die Inseln zu Kontinenten zusammenfasste und den großen Erdteilen ihre heutige Gestalt gab. Zwischen den Kontinenten blieben die Wassermassen der großen Weltmeere stehen, die wir heute mit fünf Namen nennen: Nördliches und Südliches Polarmeer, Indischer, Atlantischer und Pazifischer Ozean. Vom nördlichen Polarkreis bis zum südlichen, über 145 Längengrade von der Westküste Amerikas bis zur Ostküste Asiens, erstreckt sich der Pazifik, das stillste aller Meere, und in diesem Ozean begann unsere Reise um die Welt.
    »Wir wollen den Punkt unserer Abreise genau aufnehmen«, sagte Kapitän Nemo. »Es ist jetzt 11.45 Uhr. Steigen wir empor!«
    Ich hörte, wie nach dreimaligem Knopfdruck die mächtigen Pumpen im Innern des Schiffsleibs zu arbeiten begannen und mit schwerem Summton das Wasser aus den Behältern trieben. Die Nadel auf dem Zifferblatt des Manometers zeigte die ständig aufsteigende Bewegung an, indem sie die Veränderung der Druckverhältnisse maß. Schließlich stand sie still.
    »Wir sind oben.«
    Ich ging mit dem Kapitän zur Mitteltreppe, die zur Plattform hinaufführte, und stieg mit ihm nach oben. Diese Plattform ragte nur 80 cm hoch aus dem Wasser. Etwa in der Mitte waren die Umrisse des ablösbaren Bootes zu erkennen, davor und dahinter zwei Gehäuse, die zum Teil statt Stahlplatten dicke Linsengläser trugen: die Kabine des Steuermannes und das Scheinwerferhaus.
    Das Meer war prachtvoll, der Himmel klar. Das lange Fahrzeug wurde von den Wogen des Meeres nur sanft bewegt. Leichter Ostwind kräuselte die Wasseroberfläche. Bis zum Horizont herrschte klare Sicht, aber wir hatten nichts im Blickfeld: eine unermessliche Öde. Der Kapitän Nemo stellte sich mit seinem Sextanten auf und berechnete nach der gemessenen Sonnenhöhe unsere Breite. Während er peilte, zitterte nicht ein einziger Muskel in seinem Arm; ein Marmorstandbild hätte nicht ruhiger sein können.
    Schweigend stiegen wir wieder hinab, der Kapitän nahm im Salon seinen Rechenschieber zur Hand und berechnete mithilfe des Chronometers und

Weitere Kostenlose Bücher