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20.000 Meilen unter den Meeren

20.000 Meilen unter den Meeren

Titel: 20.000 Meilen unter den Meeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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die Raummaße, die ich bisher mitbekommen hatte, und kam zu der Ansicht, dass Kapitän Nemos Unterseeboot 70 m lang sein musste. Mittschiffs gingen wir an einer Art Schacht vorbei, in dem eine Leiter hinaufführte.
    »Sie geht zum Boot«, erklärte Nemo.
    »Boot????«
    »Natürlich. Es ist unsinkbar und dient zu Spazierfahrten und zum Fischen. Wir brauchen nicht einmal aufzutauchen, um das Boot flottzumachen, denn es ist in eine Nische der Außenwand meines Schiffes eingepasst. Durch eine doppelte Luke in der Wand der Nautilus und im Boden des Bootes kommt man hinein, löst die Haltebolzen und schießt sofort zur Wasseroberfläche hinauf. Auf Signale über eine elektrische Leitung, über die das Boot mit der Nautilus verbunden bleibt, kommt das große Fahrzeug herauf und holt das Boot wieder ein.«
    Er öffnete die nächste Tür, die auf den Gang führte. Dahinter lag die Küche und auch hier geschah alles elektrisch: Glühende Kochplatten aus Platindraht sah ich und elektrisch beheizte Liebigkühler, mit denen das Trinkwasser erzeugt wurde. Gleich nebenan ein Baderaum, in dem warmes und kaltes Wasser aus Hähnen floss. Der Mannschaftsraum des Schiffes, der auf die Küche folgte, blieb mir verschlossen. Aber bereitwillig ließ mich Nemo einen Blick in den Maschinenraum dahinter tun.
    Hier spielte sich das ab, was das Geheimnis dieses elektrischen Genies bleiben musste: die Verstärkung des elektrischen Stroms, bis er zu gewaltigen Arbeitsleistungen fähig war. Hatte Nemo herausgefunden, wie man die Stromspannung erhöhen konnte? Oder besaß er ein Hebelsystem, das eine geringe Kraftleitung so günstig übertrug, dass er mit seiner 6-m-Schraube Geschwindigkeiten von über 100 km/h erzielte?
    Er führte mich einigermaßen rasch wieder zurück in den Salon. Wir setzten uns auf einen bequemen Diwan, ich steckte mir eine Zigarre an und ließ mir von ihm eine Konstruktionszeichnung der Nautilus erklären. Am meisten interessierte mich jetzt die Frage, wie er sein Fahrzeug zum Sinken und Auftauchen brachte.
    »Sie sehen, Professor, die Nautilus ist wie eine überdimensionale Zigarre gebaut, 70 m lang, an der dicksten Stelle beträgt der Durchmesser 8 m. Als ich die Pläne dazu entwarf, wollte ich erreichen, dass im normalen Schwimmzustand nur ein Zehntel ihres Körpers aus dem Wasser herausschaute, und musste dementsprechend das Eigengewicht dem Gewicht des verdrängten Wassers anpassen. Der Schiffskörper besteht eigentlich aus zwei Rümpfen, die durch T-Eisen miteinander verbunden sind und dadurch Widerstand leisten, als seien sie ein einziger Block. Ringsum sind Wasserbehälter angebracht, die ich nur zu fluten brauche, wenn ich tauchen will, und aus denen ich mit meinen elektrischen Pumpen das Wasser wieder herauspresse, wenn ich auftauchen möchte. Selbst die 100 at, welche die Pumpen beispielsweise beim Entleeren in 1 000 m Tiefe überwinden müssen, schaffen sie spielend. Die Kraft meiner Maschinen ist fast unbegrenzt. Es gibt aber noch andere Möglichkeiten zu tauchen: mit dem Höhenruder. Ich habe für Seitwärtslenkungen ein ganz übliches Steuerruder, das über Seilzug bewegt wird. Zum Auf- und Abwärtsfahren aber habe ich seitlich mittschiffs Tragflächen angebracht, die ich ebenfalls von innen bedienen kann – eben Höhenruder. Mit der Kraft der Schraube und der Neigung dieses Ruders kann ich mich auf jede gewünschte Weise nach oben oder unten bewegen. Selbstverständlich muss man zum Steuern etwas sehen können: Hier oben, das kleine Gehäuse, das ist die Kanzel des Steuermanns, aus der er durch dicke Linsengläser das Meer um sich beobachten kann. Aber ohne Licht sieht er nichts; deshalb befindet sich hinter der Steuerkanzel ein starker Reflektor, der mit einer elektrischen Lichtquelle das Meer auf fast 1 km erleuchtet …«
    »Das phosphoreszierende Oval!«, rief ich. »Jetzt ist mir alles klar. Aber ich habe doch noch Fragen, die mich sehr bewegen, Kapitän.«
    »Bitte.«
    »War der Zusammenstoß mit der Scotia zufällig?«
    »Ja. Ich fuhr damals 2 m unter der Oberfläche und war lange nicht aufgetaucht. Übrigens geschah dem Schiff nichts Ernstes, ich habe mich davon überzeugt.«
    »Und das Rammen der Abraham Lincoln?«
    »Ich wurde angegriffen, Professor Aronnax.«
    Es entstand eine peinliche Pause und ich überlegte, was ich ihm antworten sollte.
    »Ich gebe zu, dass die Nautilus ein wunderbares Fahrzeug ist«, sagte ich schließlich. Er ging sofort darauf ein.
    »Ja, ich liebe sie wie Fleisch von

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