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20.000 Meilen unter den Meeren

20.000 Meilen unter den Meeren

Titel: 20.000 Meilen unter den Meeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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das Licht im Salon ging wieder an.
    »Kein Mensch auf der Erde wird uns glauben, was wir gesehen haben«, sagte Conseil. »Und alle Wunder der Erde werden uns schmächtig vorkommen. Wir sind zu erfahren für sie. Die bewohnte Welt ist unserer nicht mehr würdig.«
    Das waren erstaunliche Worte aus dem Mund des phlegmatischen Flamen, aber sie zeigten, bis zu welchen Höhepunkten unsere Sinnesreizungen gestiegen waren.
    »Keine Angst, mein Freund«, sagte der Kanadier kalt. »Die bewohnte Welt wirst du kaum wieder betreten müssen.«
    Wie zur Bekräftigung dieser Worte erfolgte ein Stoß. Es war fünf Uhr früh, die Nautilus war mit ihrem Vorderteil auf Widerstand gestoßen. Ein Block, der den Tunnel versperrte? Das Manöver in der schmalen Rinne war nicht leicht. Und dann merkten wir gleich, dass es rückwärts ging.
    »Wir fahren rückwärts«, sagte ich tonlos.
    »Tja, Herr Naturforscher!«, rief Ned Land. »Sieht fast so aus, als sei euer famoser Tunnel an einer Seite ohne Ausgang!?«
    »Und wenn!«, fuhr ich ihn an. »Dann fahren wir eben am südlichen Eingang hinaus.«
    »Wenn Sie rauskommen.«
    Ich konnte diese Reden nicht länger ertragen, da mir selbst ähnliche Gedanken im Kopf herumgingen. Ich trat in die Bibliothek, nahm ein Buch zur Hand und schlug es auf. Meine Augen liefen mechanisch über die Zeilen.
    Nach einer Viertelstunde hörte ich Conseil kommen. Er trat neben mich, sah mir eine Weile zu und sagte dann : »Ein gutes Buch?«
    »Ach ja, doch, sehr interessant.«
    »Hab ich mir bald gedacht. Es ist das Werk von Monsieur.«
    »Mein Buch?«
    Ich schlug die Titelseite auf und las meinen Namen, meinen Buchtitel. Verwirrt klappte ich das Werk zu und stellte es wieder auf das Lesepult, von dem ich es heruntergenommen hatte. Ich ging auf und ab, die Hände auf dem Rücken, verkrampft. Ned Land und Conseil wollten sich zurückziehen. Ich bat sie zu bleiben. Das Warten dauerte Stunden. Wir waren uns peinlich. Wir redeten kein Wort miteinander.
    Um 8.25 Uhr löste sich die Starre des Wartens. Ein Stoß brachte uns auf die Beine, diesmal kam er von rückwärts. Ich bekam die Hand meines Dieners zu fassen. Ich war bleich geworden. Wir sahen uns an. Der Kapitän kam herein.
    »Auch der Südeingang zu?«, fragte ich.
    »Ja, Monsieur. Alle Wege sind abgeschnitten.«
    »Aus?«
    »Aus.«

25. Kapitel
    Der Kanadier schlug fürchterlich mit der Faust auf den Tisch. Conseil schwieg. Ich sah Nemo an. Der Kapitän redete kühl : »Meine Herren, es gibt in der augenblicklichen Situation zwei Arten des Todes. 1. Wir werden langsam erdrückt. 2. Wir werden langsam ersticken. Den Hungertod halte ich für ausgeschlossen, denn unsere Lebensmittel reichten wahrscheinlich länger als unser Leben.«
    »Wieso ersticken?«, rief ich unbeherrscht. »Unsere Behälter sind doch mit Luft gefüllt.«
    »Die reicht höchstens noch zwei Tage. Wir sind bereits 36 Stunden unter Wasser, müssen also in spätestens 48 Stunden die Luft erneuern.«
    »Das bedeutet: In 48 Stunden müssen wir uns frei gearbeitet haben?«
    »Wir können es wenigstens versuchen. Die Nautilus wird gleich aufsetzen; dann steigen meine Leute in Taucheranzügen hinaus und sondieren. An der dünnsten Stelle hauen wir das Eis durch.«
    Wir setzten in 350 m Tiefe auf dem Eisgrund auf. Die Fenster des Salons öffneten sich. Ich sagte: »Freunde, die Lage war noch nie so ernst. Ich hoffe, dass wir gemeinsam unseren Mut und un. . .«
    »Was sollen die langen Reden«, unterbrach mich der Kanadier. »Ich bin bereit, mein Bestes für das Allgemeinwohl zu tun. Mir liegt eine Hacke ebenso gut in der Hand wie eine Harpune. Ich stehe zur Verfügung.«
    Ich drückte ihm die Hand und brachte ihn zur Schleusenkammer, wo er seinen Taucheranzug verpasst bekam. Anschließend postierte ich mich mit Conseil vor dem Fenster im Salon. Wir sahen eine Gruppe von zwölf schwarz gekleideten Männern auftreten, darunter Ned, darunter den Kapitän. Die Männer sondierten an mehreren Stellen und fanden heraus, dass der Boden unter uns 10 m dick war. Es galt also, ein Stück Eis von 6 500 m3 aus dem Boden herauszuhauen, durch dieses Loch konnte die Nautilus in Wassertiefen hinabsinken, die für sie wieder schiffbar waren.
    Die Arbeit wurde unverzüglich in Angriff genommen und mit unermüdlicher Ausdauer durchgeführt. Statt um die Nautilus herumzugraben, ließ Nemo 8 m weiter seitlich eine Grube abstecken und ausheben, das vereinfachte die Arbeit. Da die losgemeißelten Eisblöcke leichter waren als

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