2001 Himmelsfeuer
Mutter gesprochen. Werden Sie nach Hause gehen?«
»Ich kann nicht nach Hause«, erwiderte er. »Sie wollen mich dort nicht.«
»Ihren Vater kann ich verstehen. Er ist böse auf Sie. Aber Ihre Mutter wird gewiss wollen, dass Sie heimkehren.«
»Als ich aus dem Gefängnis entlassen wurde, bin ich heimgegangen. Meine Mutter hat mir erklärt, ich sollte mich zum Teufel scheren. Sie sagte, ich hätte ihr einen nutzlosen Krüppel aufgehalst. Ich hätte ihn entweder töten oder in Ruhe lassen sollen. Sie sagte, ich hätte ihr das Leben hundertmal schwerer gemacht, als es schon war.«
»Sie wird ihre Meinung ändern. Sie ist immer noch Ihre Mutter.«
»Letztes Jahr habe ich ihr all mein Gold aus den ersten Monaten geschickt, Gold im Wert von fünfhundert Dollar. Sie schrieb mir zurück, ich sollte mein Geld behalten, mein Vater würde sich davon doch bloß Schnaps kaufen.« Seth schüttelte den Kopf. »Sie wollen mich nicht. Ich bin auf mich allein gestellt. Ich habe mich damit abgefunden.«
Angelique verspürte einen heftigen Stich im Herzen. Wie gern hätte sie ihn in die Arme genommen, mit ihm geweint und ihm gesagt, dass er nicht allein war, dass er von jemandem geliebt wurde. Aber sie brachte es nicht fertig, brachte die Worte nicht über die Lippen. »Ruhen Sie sich aus«, sagte sie stattdessen. »Bald werden Sie wieder bei Kräften sein und an Ihrem Claim arbeiten können.«
»Warum sind wir alle krank geworden und Sie nicht?«
»Ich habe keine Pfirsiche gegessen.«
»Ich werde mein Leben lang keine Pfirsiche mehr essen. Woher wussten Sie, dass wir sie nicht essen sollten?«
»In Mexiko erzählen uns die
doctores,
dass es Menschen gibt, die Krankheiten übertragen, selber aber nie krank werden. Wenn man Sachen isst, die sie gekocht haben, oder Wasser von ihnen trinkt, bekommt man das Fieber. Ich hatte eine Ahnung, dass der alte Mann so ein Überträger sein könnte.«
Seth musterte sie von oben bis unten. »Bis auf die Zöpfe sehen Sie wie ein Junge aus.«
»Ich habe keine Kleider mehr«, erklärte sie mit einem mühsamen Lächeln. Dann schlug sie die Hände vors Gesicht und brach in Tränen aus.
Sobald Seth sich wieder bei Kräften fühlte, stattete er Eliza Gibbons, die nun auch wieder genesen war, einen Besuch ab und ging dann an den Fluss, seinen Claim inspizieren.
Als er zurückkehrte, war Angelique am Packen. Sie brauchte keinen Reisekoffer mehr. Ihre gesamte Habe passte in einen Kissenbezug. Sie sagte: »Ich kam nach San Francisco in der Hoffnung, jemanden zu finden, der sich um mich kümmert. Mr. Boggs. Meinen Vater. Oder vielleicht sogar jemanden zum Heiraten. Ich hätte mir nie träumen lassen, jemals auf eigenen Füßen zu stehen. Aber jetzt kann ich waschen, kochen und wirtschaften. Ich habe sogar gelernt, richtig Amerikanisch zu sprechen. Ich werde von Camp zu Camp ziehen, von Goldgräbersiedlung zu Goldgräbersiedlung. Ich werde kochen und waschen und auf mich selber aufpassen, bis ich meinen Vater gefunden habe.«
»Sie dürfen nicht gehen!«
Sie wandte sich ab, den Tränen nahe. »Unsere Wege trennen sich hier, Mr. Hopkins. Sie werden zu Ihrem Claim am Fluss zurückgehen und zu Eliza Gibbons, die in Sie verliebt ist. Und ich gehe meinen Vater suchen.«
Seth packte sie bei den Schultern. »Angelique, hör auf damit! Ich bin es, der dich braucht. Bevor du in mein Leben tratst, lebte ich in einer Welt ohne Farben. Meine Welt war braun, schwarz und grau. Aber du brachtest mir Regenbogen, Sonnenuntergänge und alle Blumen dieser Erde. Du lieber Gott, was habe ich bloß gemacht? Ich habe dich in dieser düsteren Hütte gehalten, so wie ich selbst einst in einer dunklen Kohlengrube und später in einer finsteren Gefängniszelle saß. Du bist für den Sonnenschein geschaffen, Angelique. Jeden Morgen bin ich an den Fluss gegangen, habe die Steine, die Bäume, die Vögel und die Sonne gesehen und dich im Dunkeln gelassen. Ich hätte mit dir Spaziergänge durch den Wald machen sollen. Ich habe dir noch nicht einmal meinen Claim am Fluss gezeigt. Ich habe dich eingesperrt, wie ich selber einmal eingesperrt war.«
Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und sagte leise und dringend: »Hör mich an, Angelique. Ich habe genug vom Goldwaschen. Da ist immer noch Gold im Fluss, aber ich bin nicht gierig. Ich habe, was ich brauche. Was noch da ist, überlasse ich dem Nächsten. Außerdem bin ich reich. Die Bank in American Fork verwaltet mein Vermögen, das ich gerne mit der Frau teilen möchte, in
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