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2001 Himmelsfeuer

2001 Himmelsfeuer

Titel: 2001 Himmelsfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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überdeckte, »tötete«. Sofort atmete der Mann befreiter, das Fieber schwand, und nach weiteren Gesängen seiner Familie schlug er die Augen auf und bat um Wasser.
    Godfredo sprach von Zauberei, Marimi nannte es das Zutun von Geistern. Wenn dagegen Marimi etwas als Zauberei bezeichnete, war das laut Godfredo nichts anderes als eine wissenschaftlich fundierte Erkenntnis. Als er sie endlich dazu überredete, einmal seine Augengläser aufzusetzen, schrie sie auf und sagte, der darin verborgene Zauber lasse sie in eine andere Welt schauen. Vergeblich versuchte er sie über Glas und Linsen aufzuklären; Marimi wollte nichts davon hören. Und schon gar nicht demonstriert bekommen, wie er damit ein Feuer entfachen konnte, indem er sie einfach in die Sonne hielt, ohne einen Stock in ein Stück Holz bohren zu müssen.
    Er schrieb die religiösen Praktiken der Topaa auf. Zur Wintersonnenwende fand sich der gesamte Stamm in einem heiligen Canyon ein und wartete dort, dass Marimi aus einer Höhle trat. Als sie erschien, klopfte sie dreimal auf den Stein an ihrem Sonnenstab, reckte dann den Stab zum Himmel empor und »zog« die Sonne zurück nach Norden, was das Ende des Winters symbolisieren sollte und die allmähliche Rückkehr der Sonne. Auch dass alle jubelten, vermerkte Godfredo in seinen Aufzeichnungen.
    Genauso verfuhr er mit ihren alltäglichen Gewohnheiten. Als er sah, wie Marimi in einem Korb Eichelmus kochte und heiße Steine in das dünnflüssige Mahl warf und ständig umrührte, damit der Korb nicht Feuer fing, fragte er: »Warum nimmst du keinen Topf?«
    Erst ihr verständnisloser Blick erinnerte ihn daran, dass er keinerlei Tongeschirr im Dorf gesehen hatte. Da gab es zwar ein paar Behältnisse aus Stein, die das Inselvolk gegen Harz eingetauscht hatte, aber Gebrauchsgegenstände aus Ton besaßen die Topaa nicht, stellten sie nicht her; sie benutzten ausschließlich Körbe – ob zum Kochen, zum Aufbewahren von Samenkörnern oder zum Wasserholen.
    In seiner Chronik notierte Don Godfredo auch, dass die Zähne der älteren Topaa bis auf die Kiefer abgekaut waren – nicht abgebrochen oder ausgefallen, sondern abgewetzt. Der Grund lag auf der Hand: Der Eichelbrei war mit grobem Sand durchsetzt, in die zerstampften Samenkörner gelangte unwillkürlich eine gewisse Menge Steinpuder, und Wurzeln und Knollen wurden samt der daran haftenden Erde roh verzehrt.
    Des Weiteren hielt Don Godfredo fest, dass die Topaa keine Felder bestellten, das heißt nichts anbauten außer ein wenig Tabak, dessen Blätter nach der Ernte auf erhitzten Steinen getrocknet und dann in kleinen Mörsern zu Tabak für ihre Pfeifen zerstampft wurden.
    Hauptsächlich aber ging es in seiner Chronik um Marimi, die ihm immer mehr ans Herz wuchs. Er beobachtete sie, wenn sie ihren Pflichten den Göttern gegenüber nachkam, wenn sie vor ihren Stamm trat, ihr Lachen, ihre natürliche Intelligenz; geheimnisvoll blieb, wenn sie sich einmal im Monat fünf Tage lang allein in eine kleine Hütte am Rande des Dorfes zurückzog, für niemanden zu sprechen war und ihr Essen und Wasser von weiblichen Angehörigen entgegennahm. Bis Godfredo dahinter kam, dass sich alle menstruierenden Mädchen und Frauen des Stammes so verhielten, weil das Monatsblut gewaltige Mondkraft besaß, die es zu bannen galt. Wenn eine Frau während ihrer Periode mit einem anderen Mitglied des Stammes sprach oder sein Essen berührte oder über seinen Schatten schritt, konnte er krank werden und sterben. Es hieß auch, Frauen seien in dieser Zeit anfällig für Krankheiten, weshalb es ihnen untersagt war, sich das Haar zu waschen, Fleisch zu essen, sich bei der Arbeit zu verausgaben, ihren Männern beizuliegen.
    Dann kam der Tag, da Godfredo die Frage, die ihm auf dem Herzen brannte, nicht länger für sich behalten konnte. Er fragte Marimi, was passieren würde, wenn sie sich mit einem Mann vereinigte. »Ich würde verbannt werden, und Unheil würde über den Stamm kommen.«
    »Und was ist mit dem Mann?«
    »Der Stamm würde ihn umbringen.«
    Lärm und der Geruch von Rauch weckten ihn.
    Er trat vor die Hütte. Alle in der Siedlung waren emsig beschäftigt, Fische in Körbe zu schichten und Otterfelle zu Bündeln zu schnüren. Und schließlich auch noch ihre Unterkünfte anzuzünden. Der Grund für all dies war, dass sie zu ihrer alljährlichen Wanderung ins Innere des Landes aufbrachen, zu Tauschgeschäften mit anderen Stämmen, und dass dies auch die Zeit war, ihre Behausungen

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