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2001 Himmelsfeuer

2001 Himmelsfeuer

Titel: 2001 Himmelsfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Raum, die freundliche Sozialarbeiterin: »Und, hast du was rausgefunden?«
    Und der Glatzköpfige, der nicht ahnt, dass die kleine Erica mithören kann: »Hab’s doch geahnt. Dachte mir gleich, dass die Kleine aus einer Hippie-Kommune stammt. Die Frau voll gedröhnt mit einer Überdosis, der Kerl, der sie herbrachte, wie der schon angezogen war. Also, die Kommune hab ich ausfindig gemacht. Die Kleine scheint sich selbst überlassen worden zu sein. Die Mutter soll mit einem Motorradfreak abgehauen sein. Was den leiblichen Vater betrifft – die Mutter war bereits schwanger, als sie in die Kommune kam, und hat dort das Kind bekommen. Den Vater hat sie nie erwähnt. Waren höchstwahrscheinlich gar nicht verheiratet.«
    »Hast du den Namen der Mutter in Erfahrung gebracht?«
    »Sie nannte sich Mondschein. Mehr war nicht rauszukriegen. Dürfte schwer sein, sie oder den Vater ausfindig zu machen. Vor allem, wenn sie nicht verheiratet waren. Wahrscheinlich gibt’s nicht mal ’ne Geburtsurkunde für die Kleine.«
    »Ich habe eine ausstellen lassen. Als Geburtsort wurde San Francisco eingetragen.«
    »Wie geht’s jetzt weiter?«
    »Eine Adoption wird schwierig sein, sie ist immerhin schon fünf.«
    »Meinst du? Es gibt durchaus Ehepaare, die ein älteres Kind möchten, erst recht ein so hübsches Mädchen wie die Kleine da.«
    »Ja, nur dass irgendwas bei ihr nicht zu stimmen scheint …«
    Aufzuwachsen in dem Bewusstsein, von der Mutter im Stich gelassen worden zu sein, von Fürsorgeheim zu Fürsorgeheim weitergereicht zu werden und dazu die ständig wechselnden Sozialarbeiterinnen – all dies hatte dazu geführt, dass Erica sich in eine Phantasiewelt zurückgezogen hatte. Geschichten wurden ihr kleines Floß, Ausgedachtes ihre geistige Nahrung.
    In der vierten Klasse hatte sie von einem gut aussehenden Mann geträumt, der in Militäruniform das Klassenzimmer betritt und in einem Ton, der keinen Widerspruch duldet, sagt: »Ich bin General Maclntyre. Ich komme direkt vom Kriegsschauplatz und möchte meine Tochter mit nach Hause nehmen.« Sie würden sich vor allen Mitschülern – Ashley und Jessica und Tiffany, dem Trio Infernale der Grundschule in der Campbell Street – umarmen und Hand in Hand von dannen ziehen. In der fünften Klasse dann sah sie sich im Krankenhaus nach einer Gehirnoperation mit dem Tode ringen, weil sie eine Bluttransfusion brauchte, die nur von einem nahen Verwandten kommen konnte, und wie dann ihre Eltern an ihr Bett stürzten und sagten, sie hätten sie überall gesucht und dann ihr Foto in der Zeitung mit der Überschrift »Kann jemand diesem kleinen Mädchen helfen?« entdeckt. Sie waren sehr wohlhabend und spendeten Geld für einen neuen Krankenhausflügel, der nach ihrer Tochter benannt werden sollte.
    In der sechsten Klasse legte Erica ein »Familienalbum« mit den Fotos wildfremder Leute an, unter die sie schrieb »Mom und ich am Strand« oder »Daddy bringt mir das Radfahren bei«. In der siebten Klasse, als mit der Pubertät ein neues Dringlichkeitsbewusstsein erwachte, fing sie an, in regelmäßigen Abständen bei Fürsorgeanstalten anzurufen, um in Erfahrung zu bringen, ob ihre Mutter sich dort gemeldet hatte.
    Die Sozialarbeiter wechselten einander ab, die Fürsorgeheime, die Schulen, die Umgebung. Erica kam sich vor wie die Kugel in einem Flipperautomaten, ständig von Sperren und Metallfedern abprallend, nie zur Ruhe kommend. Sie wurde flexibel, gewitzt, angepasst. Es gab Heime mit einer ganzen Schar von aufmüpfigen und streitsüchtigen Mädchen; Erica kam dennoch durch, weil man gern ihren Geschichten zuhörte. Sie gab vor, aus der Handfläche und aus Teeblättern lesen zu können, und sagte jedem eine glückliche Zukunft voraus.
    Und hörte nie auf, fest daran zu glauben, dass ihre Eltern eines Tages auftauchen würden.
    Ist es wirklich ein Andenken an eine Geburt? überlegte sie, als sie jetzt das Kruzifix auf ihrem Handteller betrachtete. Aber wessen Geburt? Sie warf einen Blick auf die restaurierten Gebäude um sich herum, fragte sich nochmals, was sie so spontan bewogen haben mochte, in diesen alten Teil von Los Angeles zu kommen, als ihr eine Bronzetafel ins Auge fiel, die die Inschrift trug:
Pueblo de Los Angeles, gegründet 1781 A.D.
Und plötzlich ging ihr ein Licht auf.
    Das Kruzifix erinnerte nicht an eine Geburt, sondern an eine Gründung …

Kapitel 8
    Angela
1781
    W as für eine Gegend, um eine Siedlung zu gründen! dachte Hauptmann Lorenzo ingrimmig. Der

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