2001 Himmelsfeuer
führen. Teresa wusste es besser: Bruder Felipe war zu seinem Gott gegangen.
Wegen der Schmerzen in der Brust, die ihr die Krankheit des weißen Mannes verursachten, versuchte sie, so flach wie möglich zu atmen. Ihr Blick streifte die Soldaten und die neuen Siedler, die höchst zufrieden zu sein schienen, »Anspruch« auf dieses Land erhoben zu haben, während die Yang-na verständnislos im Abseits standen und nicht begriffen, dass ihnen das Land ihrer Väter genommen wurde. Teresa war entsetzt. Diese Leute, die einstmals als Gäste angesehen worden waren, hatten vor, sich auf einem Gebiet anzusiedeln, das ganz anderen Ahnen gehörte!
Sie hielt Ausschau nach einer Möglichkeit, sich davonzustehlen. Von dem Augenblick an, da man gemerkt hatte, dass sie schwanger war, hatten die Padres der Mission die »Rumtreiberin« im Auge behalten und einer getauften und pflichtbewussten Indianerin aufgetragen, gut auf das Mädchen aufzupassen. Denn irgendwie musste sie ja ausgerissen sein, auch wenn sich das nicht beweisen ließ. Und wenn einem Indianer die Flucht gelang, so die Padres, dann würden es alle versuchen, und die Folge wäre ein Massenexodus zurück in die Dörfer, und es gäbe niemanden mehr, der die Feldarbeit verrichtete oder Kirchen baute. Seit Teresas Abstecher in die Höhle vor sechs Jahren waren die Regeln verschärft worden, die Strafen unbarmherziger. Es war mehrmals zu gewaltsamen Aufständen unter den Missionsindianern gekommen, die sich gegen die Unterdrückung durch die Padres auflehnten. Bewaffnete Soldaten hatten eingegriffen, und die Indianer, die nichts gegen Gewehre ausrichten konnten, wurden aufs Neue unterjocht.
Deshalb hatte sich Teresa auf diesem Gründungsfest eine Chance ausgerechnet, wenn nämlich die Padres durch das Zusammensein mit den Soldaten und Siedlern abgelenkt sein würden. Trotz des Fiebers, das ihr schier die Haut versengte, und trotz der Schmerzen in der Lunge war sie fest entschlossen, mit Angela ein für alle Mal zu fliehen.
Die Besitzurkunde der Spanischen Krone in der Tasche, ritt Hauptmann Lorenzo die Grenzen seiner zukünftigen Ranch ab: im Süden bis zum kleinen Flusslauf, der noch keinen Namen hatte und den er deshalb Ballona taufte, nach der Heimatstadt seines Vaters in Spanien; im Osten bis zum Sumpfgebiet, auf der Urkunde als
la ciénaga
ausgewiesen; im Norden bis zu
la brea,
den Pechgruben mit einem alten Trampelpfad, der in östlicher und westlicher Richtung entlang der nördlichen Begrenzung verlief. Das Land war ihm nicht gänzlich übereignet, sondern als Weideland zur Verfügung gestellt worden, mit der Aussicht, dass er in ein paar Jahren, wenn er es gut bewirtschaftet hatte, Anspruch darauf erheben und es unter seinem Namen eintragen lassen konnte. An jenem Tag, so stand für ihn bereits fest, würde er sein neues Zuhause Rancho Paloma nennen.
Viertausend Morgen. Indianische Arbeiter waren bereits dabei, Lehmziegel zu formen. Eine Gruppe stand mitten im Schlamm, stampfte mit den Füßen auf dem mit Stroh vermischten Lehm herum; eine andere Gruppe presste das Gemisch in hölzerne Formen; eine dritte löste die bereits von der Sonne getrockneten Ziegel aus den Formen und schichtete sie für den Bau auf. Die Indianer waren billige Arbeitskräfte, wurden mit Essen entlohnt und mit Perlen, dem Einsatz für ihre endlosen Glücksspiele. Sie hatten ihre Dörfer verlassen und an der Grenze von Lorenzos Grundstück Hütten errichtet. Fragte sich nur, ob sie, wenn sein Haus fertig war, ihr altes Leben wieder aufnehmen würden. Hoffentlich nicht. Lorenzo brauchte Arbeitskräfte für seine Rinder und Pferde.
Welch schöne Ranch dies einmal sein würde! Bald stünde hier ein Haus mit Stallungen und anderen Nebengebäuden, im Schatten von Bäumen, die Hauptmann Lorenzo per Schiff aus Peru kommen lassen wollte. Er stellte sich Rosenrabatten und Springbrunnen vor, mit Platten ausgelegte Wege und luftige Arkaden. Das Haus sollte mit polierten Holzfußböden ausgelegt und mit Luisas schweren Möbeln eingerichtet sein, die aus Mexiko gekommen waren, auf von Ochsen gezogenen Karren, und die, mit Leinwandbahnen abgedeckt, nur darauf warteten, ihren endgültigen Platz zu finden: kunstvoll geschnitzte Pfostenbetten, Kommoden, Schränke, Tische. Außerdem hatte Luisa Silber mitgebracht sowie Tapisserien, Zinngefäße und Steppdecken, Kerzenleuchter für die Kaminaufsätze, Servierplatten für die Küche. Das Haus würde einer Königin würdig sein, dachte Lorenzo stolz.
Und
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