2009 - Der V-Inspekteur
„Wir sind Zivilisten. Sie haben keinen Grund, uns umzubringen."
„Sie greifen alle an, die sich wehren", eröffnete der Roboter ihr. „Und nicht nur das. Deleight hat mir die Information übermittelt, daß die Arkoniden nicht mehr als dreißig Geiseln haben wollen. Er hat gehört, wie ihr Cel´Athor sich entsprechend geäußert hat. Sie fürchten, mehr als dreißig nicht überwachen zu können."
„Aber wir sind weit mehr an Bord! Ich weiß nicht, wie viele wir sind, aber es sind sicherlich mehr als dreißig."
„Das zahlen wir ihnen heim!" rief Gordon Dorgan. „Das werden sie uns büßen!"
„Wir müssen verschwinden", drängte Elaine Hoan. „Vielleicht haben sie schon dreißig Geiseln. Ich will nicht zu jenen gehören, die sie ermorden, Wir müssen raus aus dem Schiff. Sofort!"
„Sei keine Närrin!" Der V-Inspekteur stellte sich ihr in den Weg. „Du glaubst doch nicht, daß die Arkoniden uns gehen lassen? Wir sind so lange Geiseln, bis sie mit dem Raumschiff verschwinden können."
„Außerdem ist die WAYLON JAVIER zur Zeit von einem Paratronschirm umgeben", meldete der Roboter von seiner Schulter. „Wir können gar nicht raus."
„Wir müssen kämpfen", schloß sich Nehle Asky der Meinung des Ingenieurs an. „Kommt nicht in Frage", entgegnete Arkid Stromm, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. Der sonst so stille und zurückhaltende Mann, der sich nur äußerst selten zu Wort meldete, zog die Aufmerksamkeit der anderen auf sich. „Ich bin Techniker., kein Soldat. Es ärgert mich, daß die Arkoniden hier eingedrungen sind und den Raumer stehlen wollen, aber ich werde sie nicht aufhalten. Das ist nicht meine Aufgabe."
Damit hatte er seine Einstellung deutlich gemacht. Mehr gab es aus seiner Sicht nicht zu sagen. .„Verdammte Memme!" beschimpfte Gordon Dorgan ihn. „Ich habe schon immer gewußt, daß auf dich kein Verlaß ist."
„Du hast also vor, dich kampflos zu ergeben", stellte Grossier, der kleine Roboter, fest. „Ich bin nicht lebensmüde", bestätigte Stromm kühl.
Gratwar-SIER sprang auf, und plötzlich veränderte sich sein Äußeres. Seine Schultern schoben sich nach vorn, der Rücken krümmte sich, und sein rechter Arm verlängerte sich, so daß es aussah, als müsse er sich auf einen Handstock stützen. „Du alte Krücke!" krächzte der Roboter und schritt übertrieben stark hinkend auf der Schulter des V-Inspekteurs hin und her.
Stromm zuckte nur mit den Achseln und wandte sich gleichgültig ab. Er dachte offensichtlich nicht daran, sich durch eine derartige Karikatur oder von Gordon Dorgan provozieren zu lassen. „Müssen wir einen Entschluß fassen?" fragte der V-Inspekteur. „Müssen wir nicht", antwortete Nehle Asky. Die Mediatorin strich sich mit beiden Händen das dunkle Haar zurück. Ihre Blicke wanderten von einem zum anderen. Sie hatte sich gefaßt, bedauerte ihr erste, spontane Bemerkung und scheute sich nicht, sich zu korrigieren. „Wir alle haben lediglich einen Arbeitsauftrag. Wir von der Werft, du. Eizo, von der Gewerkschaft und Bauaufsicht. Mehr nicht."
Eigentlich war es nicht ihre Aufgabe, sich derart deutlich zu erklären. Als Mediatorin war sie lediglich Vermittlerin. Ihr Ziel war der Weg, der zu einer Lösung führte, nicht aber die Stellungnahme. In diesem Fall aber mochte sie sich nicht zurückhalten. Das Mediationsverfahren, das stets die sanfte Streitbeilegung verfolgte, war bei einem militärischen Angriff, wie die Arkoniden ihn vorgetragen hatten, nicht anwendbar. „Wie meinst du das?" Eizo Vikaryo wirkte tatsächlich verunsichert. „Ganz einfach. Jeder kann tun, was er für richtig hält. Es geht darum, die Situation unbeschadet zu überstehen. Da jeder für sich selbst verantwortlich ist, muß er selbst entscheiden, wie er sich verhält. Gordon kann kämpfen, wenn er will, und Arkid kann sich ergeben, wenn er sich dafür entschieden hat."
„Widerstand ist sinnlos." Hilflos hob Elaine Hoan die Arme und ließ sie wieder fallen. „Wir sind nur fünf, und wir haben es sicherlich mit beinahe hundert Arkoniden zu tun. Oder noch mehr. Die Roboter gar nicht gerechnet. Ich ergebe mich."
„Tu es nicht!" bat Nehle Asky „Elaine, die Arkoniden sind völlig unberechenbar. Jedenfalls zur Zeit. Beruhige dich! Bitte."
Die blonde Technikerin ließ sieh nicht aufhalten. Mit einem verlegenen Lächeln wandte sie sich ab, nahm gedankenverloren ein Werkzeug auf, das beim flüchtigen Hinsehen einer Waffe glich, und ging zum Ausgangsschott. Wie immer bewegte
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