201 - Die Rachegöttin
würde auf Mariis Seite stehen.
Eines war bei dem langen Gesprächen deutlich geworden: Airin verehrte Marii wie ein goldenes Kalb. Er konnte ihr nichts von seinen und Rulfans Plänen erzählen.
»Es muss schnell gehen«, meinte Rulfan in seine Gedanken hinein. »Und wir müssen den Jungen ungesehen zum Haupttor hinausschaffen. Der Flugpanzer kann ja schließlich nicht mitten in der Siedlung landen.«
Es waren höchstens noch zwei Stunden bis zum Sonnenaufgang. Matt fühlte sich müde und leicht fiebrig, aber er hütete sich, Rulfan das zu sagen. Der Albino sah ebenfalls übernächtigt aus.
Sie hatten ihre Waffen geholt. Chira wartete vor der Höhle.
Gemeinsam gingen sie durch den ausgeschlagenen Gang. Hin und wieder mussten sie die Köpfe einziehen. Vielleicht war das früher mal ein Bergwerk gewesen. Wenn, dann aber kein sehr ergiebiges; die Tunnel und Höhlen boten kaum Platz für die zwanzig Menschen, die in ihnen lebten.
Matt sah Airin und Eelton am Ende des Ganges vor der Tür des inhaftierten Jungen stehen. Sie unterhielten sich leise miteinander; beide wirkten aufgeregt. Eeltons Gesicht war finster. »Airin, du musst unbedingt sofort mit Marii sprechen. Sie müsste jeden Moment in ihr Lager zurückkommen…« Er verstummte, als Matt und Rulfan zu ihnen traten, und blickten ihnen fragend entgegen.
Rulfan hielt sich nicht mit Erklärungen auf. Sobald er nahe genug an Eelton herangekommen war, schlug er ihn mit einem Uppercut nieder.
»Was…?« Airin zog ihr Schwert.
Matt packte ihren Arm, bevor sie es aus der Scheide hatte.
»Airin, wir können den Tod dieses Kindes nicht zulassen.«
Die junge Frau starrte ihn mit großen Augen an. »Du… du willst den Jungen mitnehmen?«
»Ich nehme ihn mit und rede mit Herak. Es muss Frieden…«
»Du bist mit Kiras verbündet!« Airins Gesicht verzerrte sich vor Wut. »Ihr alle habt euch verbündet und mir eine Falle gestellt! Wie konnte ich dir nur vertrauen!« Sie stieß Matt zurück und riss das Schwert hervor. Aber da war Rulfan bereits neben ihr und schlug ihr den Knauf seines Säbels unters Kinn.
Airin sackte zusammen.
Matt riss die Türe des Kerkers auf und trat in den Raum. Es fiel nur wenig Licht vom Gang herein, doch das reichte, um den Jugendlichen zusammengekauert in einer Ecke zu erkennen. Seine Augen sahen groß und fragend zu Matt auf.
»Bleib ruhig. Wir holen dich hier raus.«
Der Junge nickte verstehend.
Man hatte ihn gut gefesselt. Matt zog sein Messer und schnitt die Seile aus Tierhaar durch. Dann packte er den Jungen und hievte ihn auf seine Schulter, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren.
Gemeinsam mit Rulfan hetzte er den engen Gang entlang, zum Ausgang der Höhle. Sie hatten das anbrechende Dämmerlicht fast erreicht, als sie Schreie hinter sich hörten.
Airin rief aus Leibeskräften nach Verstärkung; ihre Ohnmacht hatte nicht lange gewährt.
Rulfan sah Matt entschuldigend an. »Ich schlage nicht gern Frauen nieder.«
Matthew keuchte unter der Last des Jungen. Zum Glück hielt er wenigstens still. Trotzdem spürte Matt bald jeden Knochen und jeden Muskel. Er war noch immer nicht völlig genesen, kämpfte mit den Nachwirkungen seiner vielen kleinen Verletzungen und des Fiebers. Am liebsten hätte er sich ausgeruht.
Jetzt nicht, dachte er unwirsch. Er holte aus sich heraus, was er konnte.
Rulfan stieß einen leisen Pfiff aus. Aus den Schatten der Zelte jagte Chira hervor. Die Lupa blieb treu an Rulfans Seite.
Hinter sich hörten sie Airin Befehle brüllen. Einige Menschen lugten verschlafen aus den Zeltöffnungen, mehr erbost über die Ruhestörung denn alarmiert. Die vorbeihetzenden Männer betrachteten sie mit überraschter Verständnislosigkeit.
Matt und Rulfan hatten jetzt die Mitte des Zeltdorfes erreicht. Noch dreihundert Meter lagen zwischen ihnen und dem Tor. Hinter ihnen wurde die Verfolgung aufgenommen.
Aus dem Höhleneingang strömten immer mehr Krieger.
Matt wusste nicht, wie lange er noch durchhalten würde. Er wurde langsamer. Rulfan bemerkte es, packte entschlossen den Jungen und zog ihn im Laufen auf seine Schulter.
»Ruf Jackson Sieben! Es wird knapp!«
Matt nickte keuchend. Er hob das Handfunkgerät. »Paul! Rebbie!«
Pauls gut gelaunte Stimme erklang. »Was ist los? Gibt’s Probleme?«
»Allerdings. Wie weit seid ihr weg?«
»Außer Sichtweite des Lagers, wie du uns bestellt hast. Warte, ich hole euch auf dem Schirm. Ah, da seid ihr ja…«
»Fahr den Geschützturm aus! Wir brauchen ein offenes
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