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201 - Die Rachegöttin

201 - Die Rachegöttin

Titel: 201 - Die Rachegöttin
Autoren: Michelle Stern
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Wegbiegung fand er eine weitere Wache, die reglos am Boden lag. Auch hier roch es süßlich. Rulfan eilte in den Gang, den der Mann bewacht hatte.
    Da hörte er einen Schrei. Das Fell am Ende des Ganges war heruntergerissen. Rulfan setzte darüber hinweg und erreichte eine prachtvoll ausgestattete Höhle. Marii kauerte mit abwehrend erhobenen Händen auf einem weißen Fell. Vor ihr stand ein Junge von höchstens zwölf Jahren. Seine Kleidung unterschied sich nicht von denen anderer Peronkinder. Er war mager, dichtes schwarzes Haar bedeckte seinen Kopf. In der Hand hielt er ein langes Messer.
    Der Junge stand wie erstarrt, als wüsste er kurz vor dem Ziel nicht mehr, was er tun musste. Als er Rulfan hereinstürmen hörte, fuhr er herum. Angst lag auf seinem Gesicht. Die Starre fiel von ihm ab. Erneut wandte er sich Marii zu, hob das Messer höher – und stieß zu.
    Mit einem Satz war Rulfan bei ihnen. Er packte den Arm des Halbwüchsigen und verdrehte ihn, bis das Messer auf dem Boden lag. Der Junge wimmerte.
    Aus einer Wunde auf Mariis Brust floss Blut. Rulfan besah sie sich genauer. Der Junge hatte den Stich nicht zu Ende führen können. Die Verletzung war nicht tief.
    Endlich bewegte sich auch Marii, als würde sie aus einem tranceartigen Zustand erwachen. Der Blick ihrer hellgrünen Augen klärte sich. »Danke«, flüsterte sie. Zum ersten Mal sah Rulfan Wohlwollen ihm gegenüber. »Du sollst der Uneskaa der Perons nicht umsonst geholfen haben. Wenn wir den Paak nehmen, kannst du dir zwei hübsche Sklavinnen aussuchen.«
    »Sklavinnen?« In Rulfan stieg eine ungeahnte Wut auf. Was glaubte diese Frau eigentlich von ihm? Und für was hielt sie sich? Einen Moment war er versucht, den Jungen in seinen Armen loszulassen.
    Inzwischen näherten sich Rufe und schnelle Schritte. Mariis Schrei war gehört worden. Airin stürzte als Erste in die Höhle, dicht gefolgt von Maddrax und Kiras. Mehrere Krieger folgten.
    »Maam!« Airin stürzte besorgt neben die alte Frau.
    »Es geht mir gut«, beruhigte die Uneskaa. »Nur eine leichte Wunde. Kiras, mein Sohn, bring mich zur Heilfrau.« Sie stand auf und musterte den Jungen in Rulfans Griff mit kalten Augen. »Und du, kleiner Dornteufel, wirst Futter für die Manstaas. Aber erst wenn ich mit dir fertig bin. Glaub nicht, du könntest tapfer sein und schweigen. Ich werde dich brechen, und wenn ich dir jeden Nagel und jeden Zahn einzeln ziehen muss!«
    Rulfan schauderte. Diese Frau war wahnsinnig, einfach wahnsinnig. Mariis Stimme wurde nahezu freundlich. »Wenn du Glück hast, kleiner Adoor-Krieger, bist du tot, noch ehe die Sonne aufgeht.« Sie ließ sich von zwei ihrer Leute stützen und verließ gemeinsam mit Kiras die Höhle. Die anderen Perons kümmerten sich nicht weiter um Matt und Rulfan. Airin packte den Halbwüchsigen und zog ihn mit sich.
    »Warte!« Rulfan stellte sich Airin in den Weg. Er sah den Jungen eindringlich an. »Warum hast du das getan?«
    Der Junge sah trotzig zurück, antwortete aber nicht. Airin zog ihn weiter, an Rulfan vorbei.
    »Wird Marii ihn wirklich foltern und töten?« Matts Hand lag an seinem Gürtel, als suche er nach einer Waffe.
    Airin nickte. Rulfan bemerkte, dass sie beschämt wirkte.
    Matt schien einen starken Einfluss auf sie zu haben.
    »Ja. Das ist bereits vorgekommen. Hin und wieder gibt es Adoorkrieger, die Marii zu töten versuchen. Es ist das erste Mal, dass ein Kind kam. Aber das macht keinen Unterschied.«
    Airin klang nun wirklich betroffen. »Herak ist widerwärtig. Warum kommt er nicht selbst? Warum schickt er ein Kind?«
    Sie wartete die Antwort nicht ab und schaffte den Jungen in einen anderen Gang.
    Matt sah Rulfan an. »Es hätte fast funktioniert, nicht wahr? Der Kleine sieht aus wie ein Kind der Perons. Seine Leute haben ihn gut getarnt.«
    Rulfan nickte. »Vielleicht hat er sogar telepathische Kräfte. Marii wirkte wie hypnotisiert. Der Junge hat gezögert. Nur deshalb konnte ich ihn aufhalten. Marii hat mir für ihre Rettung Sklavinnen angeboten, Matt.«
    Matts Gesicht verfinsterte sich. »Sklavinnen? Sie wollte die Adoors doch gehen lassen.«
    »Ich habe einiges im Lager gehört, Matt. Ganz gleich, was dir Airin erzählt, ich rate dir, Marii nicht zu trauen.«
    Matt zögerte. »Was würdest du vorschlagen?«
    Rulfan wies auf das Handfunkgerät. »Inzwischen würde ich diesen Herak wirklich gerne kennen lernen.«
    ***
    Herak, 23 Jahre zuvor
    Langsam kam er wieder zu Kräften. Das Fieber war schon lange überwunden.
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