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2.01 Donnerschlag

2.01 Donnerschlag

Titel: 2.01 Donnerschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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hab ich gesagt,
    ich bin so verzagt.
    Aber die Kerle, die fliegen,
    weil wir sie besiegen.“
    „Weil wir sie besiegen“, sang April versonnen „Weil ich dich besiege“, summte sie weiter und fixierte dabei die Nummer 10.
    Ich rede von Marlon, der Nummer 10. Dem Herz unserer Mannschaft. Sie schaute ihn an, und als könnte er ihr höllenhündisches Lächeln spüren, schaute er auf. Sein Blick scannte den Holzzaun und blieb am Eingangstor hängen.
    „Was ist?“, fragte Vanessa, der das nicht entging.
    „Ich weiß nicht“, raunte Marlon und nahm ihre Hand. „Ich habe nur plötzlich so eine Kälte gespürt. Einen eisigen Hauch. Als wäre alles längst entschieden, weißt du. Als hätten wir das Spiel bereits verloren.“
    „Du meinst, sie sind da? Sie beobachten uns?“, fragte Vanessa und Marlon biss sich auf die Lippe.
    „Ja“, nickte er. „Sie sind alle da und sie sehen, wie wir uns vor ihnen fürchten.“
    „Dann …“, zischte ich und sprang zornig auf, „… dann zeigen wir ihnen, dass wir auf diese Angst pfeifen. Wir pfeifen auf euch und auf die ragnaröksche Bagage! Wir schießen euch dahin, wo euch keiner mehr findet!“ Ich rannte ins Teufeltopftor und ballte die Fäuste, doch ich traute mich nicht auf den Hügel hinauf. „Wir schießen euch, hört ihr, ans Ende der Welt!“
    „Oh!“, lachte Klette und sprang auf den Hügel. „Da kommen wir her. Da steht unsere Burg. Weißt du denn nicht, was Ragnarök heißt?“
    „Doch“, raunte Markus. „Es heißt Weltuntergang.“

    Wir fuhren erschrocken zu ihm herum, und Klette, die Fiese, hielt sich die Hand an ihr Ohr. „Wie bitte, Markus! Ich hab’s nicht richtig verstanden.“ Sie gluckste vergnügt. „Oh, ich glaube, ihr wisst es. Ich les’ es in euren armen Gesichtern. Ragnarök! Ragnarök! Ich hab’ solche Angst.“ Sie drehte sich einmal tanzend im Kreis, und ich, der ich ihren Spott nicht mehr aushalten konnte, drehte mich wütend zu Willi herum.
    „Willi! Wo steckst du? Wir wollen trainieren!“
    Doch als unser Trainer hinter dem Kiosk hervorkam, fiel mir und den anderen Kerlen das Kinn auf die Brust. Schaumbesengeschlagener Oberbluff! Und noch jemand staunte. Hinterhältiges Hexenbiest. Jemand, den ich vergessen hatte und an den ich in diesem Moment, in dem es um alles ging – um alles, was mir und den Kerlen etwas bedeutete –, auf keinen Fall denken wollte.
    Doch meine Mutter war da. Sie kniete auf der den Wölfen und dem Teufelstopfhügel gegenüberliegenden Seite im hüfthohen Gras und schaute aus einer Entfernung von vielleicht einhundert Metern durch ihr Opernglas und den löcherigen Bretterzaun direkt in meinen offenen Mund.

WER NICHTS RISKIERT,
VERLIERT SICH SELBST
    Aber am meisten verwirrt von allen war Willi. Er zählte dreimal, wie unsere Zäpfchen hinter den heruntergefallenen Kinnladen zuckten, und schaute sich vorsichtshalber noch einmal um. Meinten wir wirklich ihn oder stand da vielleicht noch ein anderer? Ein gerade geschlüpftes Monster vielleicht, ein dreimäuliges Alien oder ein bis auf die geblümte Unterhose nackter Yeti? Doch der Platz hinter ihm war absolut leer.
    „Was ist?“, fragte er uns verständnislos. „Was glotzt ihr so blöd? Habt ihr noch nie im Leben eine Leiter gesehen?“
    „Eine was?“, fragte Leon und starrte auf die beiden rostigen Leitern, die der in Rost getauchte Willi auf seinen mit Rost gepuderten Schultern trug.
    „Eine Leiter!“, lächelte Willi. „Oder wenn du genau sein willst, sind es ja zwei. Jetzt brauchen wir nur noch eure Tribüne. Ähm, ich meine die Sofas und Sessel und alle Polster und Kissen.“ Er drehte sich einmal um sich selbst, scannte den Bretterzaun, entdeckte die schiefste und löcherigste Stelle an der westlichen Seite auf Höhe der Mittellinie und zeigte dorthin.

     „Stellt alles da auf. Zu beiden Seiten des Zauns, damit man sich nicht verletzen kann.“
    Damit ließ er uns stehen. Er ging zu dem Zaunstück, das er uns gezeigt hatte, und lehnte die beiden Leitern im Abstand von zwölf Metern daran an.
    „Macht endlich! Beeilt euch“, rief er über die Schulter. „Es ist schon halb fünf und ich hab keine Ahnung, wie viel Zeit euch noch bleibt, nachdem ihr zwei Jahre vertrödelt habt.“
    Er musterte uns mit funkelnden Augen, doch wir rührten uns nicht vom Fleck.
    Wir starrten uns an, als wär er vom Mars, und dann starrten wir genauso außerirdisch zu ihm und den beiden Leitern zurück.
    „Das ist nicht dein Ernst!“, protestierte Leon

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