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2.01 Donnerschlag

2.01 Donnerschlag

Titel: 2.01 Donnerschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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dein Rechts …!“
    „Was denn jetzt?“, fragte Leon unsicher und taumelte wieder.
    „Rechts!“, rief ich, „Rechts. Ja, und hab keine Angst, wenn die Bohle jetzt nachgibt. Sie wird etwas federn.“
    „Etwas federn, okay!“, wiederholte Leon die Worte und verlagerte dabei sein Gewicht. „Etwas federn. Ohoooh!“, rief er, als die Bohle nachgab. „Oh, Nerv, du nervst!“, schimpfte der Slalomdribbler und ruderte panisch mit den Armen. Doch dann fand die Bohle ihren Halt.
    „Yeah!“, grinste ich. „Aber das ist mein Schicksal.“
    Ich fixierte die nächste Brettspitze, überprüfte kurz, wie die Bohle im Boden stand, wie weit sie sich neigen konnte, bevor sie von der daneben wieder gestützt und gehalten werden würde, und wies Leon dann an.

    „Hey, das Spiel macht mir Spaß!“, lachte Leon urplötzlich, als er sechs der zwölf Meter hinter sich hatte. „Und Nerv, du bist gut.“
    Ich wurde knallrot und normalerweise hätte ich das als peinlich empfunden. Doch jetzt und hier war mir das plötzlich egal. Die, die mich sehen konnten, waren meine Freunde. Sie vertrauten mir endlich. Das freute mich, hört ihr?! Deshalb wurde ich rot, und die auf dem Hügel sollten das sehen.
    „Und mir macht das auch Spaß!“, rief ich zu Leon hinüber, und dann ging alles auf einmal ganz leicht. Für die zweiten sechs Meter brauchte Leon nur noch die Hälfte der Zeit, und für den Rückweg, den Willi ihm danach auch noch abverlangte, brauchte er von dieser Hälfte nur noch ein Drittel.
    „Bravo!“, applaudierte Willi begeistert. „Das war großartig! Und jetzt bist du an der Reihe. Jetzt schließt du deine Augen und Leon führt dich.“
    „Oh nein!“, stöhnte ich auf, und im selben Moment war alle Freude verschwunden. Aber Willi blieb hartnäckig. „Oh doch!“, grinste er. „Und wenn du das tust, wirst du ein Wunder erleben.“
    „Ein Wunder?“, fragte ich skeptisch und schaute von Willi über die Kerle zu den Wölfen hinauf. Dort tanzte Klette jetzt im Kreis.
    „Ein Wunder. Ein Wunder. Ein Wunder!“, sang sie. „Der Pimpf braucht ein Wun…!“
    Das letzte Wort schaffte es nicht mehr aus ihrem Mund. Der klappte jetzt nur stumm auf und zu. Es verschlug ihr die Sprache und sie fiel vor Staunen auf den Boden, als sie sah, dass ich aufstand. Ich hörte auf Willi, und indem ich das tat, verstand ich, was für ein Wunder er meinte. Ich hatte begriffen, was Vertrauen bedeutet und was es alles bewirken kann. Ja, das war der Lancelot Test hoch zwei! Leon hatte mir sein Vertrauen geschenkt und ich schenkte ihm dafür jetzt meins. Ihm und auch Willi, unserem Trainer, und weil ich das tat, weil ich ihnen mein Vertrauen schenkte, fand ich mein eigenes Selbstvertrauen. Verfuchst! Und ich brauchte dafür keine Polster, keine Kissen und Sofas mehr. Ich schloss meine Augen und stieg fast zu schnell für Leons Anweisungen über die schwankenden Bohlen zu ihm hinüber und wieder zurück.
    „Sternengefunkelter Drachenschweif!“, rief ich und tanzte dabei auf der Bohle, von der ich noch vor einer halben Stunde viermal hintereinander – und das auf die peinlichste Art und Weise – heruntergerutscht oder -gefallen war.
    „Leon, pass auf, sag jetzt mal nichts. Ich glaube, ich brauch deine Anweisungen nicht. Ich kann es auch ohne. Ich kann es allein.“ Ich holte tief Luft. Ich konzentrierte mich. Ich schloss meine Augen, und dann ging ich los. Ich hörte das staunende Flüstern der Kerle. Ich spürte, dass sich die Wölfe auf dem Hügel erhoben. Ich fühlte mich wie ein Zirkusartist, der ohne Netz und Sicherungsseil seinen ersten Salto mortale macht. Doch dann fand mein Fuß den ersten Halt. Ich fühlte und sah es und dann sah ich alles. Obwohl ich die Augen geschlossen hielt, konnte ich den Bretterzaun vor mir sehen. Ja, vor meinem Selbstvertrauensauge, und ohne noch einmal daran zu zweifeln, lief ich über die Bohlen hinweg.
    „Dampfender Teufelsdreck!“, raunte Markus, und Raban putzte sich über die Brille. „Hip … Hippo … Hip!“, rang er staunend nach Worten und ich half ihm aus. „Meinst du vielleicht den Propellerschwanz, den der Nilpferdbulle dreht, wenn er seine Flitzkacke …“
    „… gegen eine Palme schießt“, grinste Raban und strahlte mich an.
    „Genau!“, lachte Willi. „Die hat er gemeint, weil er an der Reihe ist. Kommt, Juli und Raban. Rauf auf die Leitern.“
    Doch anstatt sich zu fürchten, kletterten die beiden sofort auf den Zaun, von dem Leon und ich in die Polster sprangen. Sie

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