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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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Mühe gekostet, zu dem übersättigten Sophisten zu werden, der zu sein ich heute vorgebe. Trotzdem waren Mr und Mrs Ø nett; besser gesagt, sie wären gern nett gewesen, aber sie mussten so viel Energie in die Aufrechterhaltung ihrer Illusionen stecken, dass für die einzelnen Kinder nicht vielZeit blieb. Außerdem waren meine Stiefbrüder kleine Monster: Wenn ihnen Kabelfernsehen und Videospiele verboten wurden, vergnügten sie sich damit, kleine Tiere zu quälen. Ihre Eltern jedoch hielten sie für Gottes auserwählte Engel.
    Ich muss wohl nicht sagen, dass ich nie zu den HLT konvertiert bin oder »Hilfe zum Verständnis« erhielt, wie sie es nennen. »Hilfe zum Verständnis« bedeutet, dass man zu der Erkenntnis gebracht wird, von jeher ein Heiliger der Letzten Tage gewesen zu sein. Ihrem Programm gemäß durften sie so etwas erst mit einem versuchen, wenn man ein bisschen älter war, und bis dahin war mir klar geworden, dass es nicht normal war, seine längst verstorbenen Vorfahren zu taufen, die Hand aufzulegen und freimaurerische lange Unterhosen zu tragen, auch nicht in El Norte . Sie fuhren mich sogar ein oder zwei Mal in eine katholische Kirche, aber die hatte nicht den richtigen Geruch oder die richtigen Heiligen und nicht überall Opferflaschen auf dem Boden wie in Guatemala; deshalb sagte ich, es wäre nicht nötig. Auf ihre Weise nahmen sie es gleichmütig hin. Es ist tatsächlich so, dass ich Ma und Pa Ø. selbst heute noch ab und zu anrufe, obwohl ich sie nicht ertragen kann. Und jedes Mal, wenn ich nach meinen Stiefbrüdern frage, haben sie gerade wieder ein Zwillingspaar zur Welt gebracht. Unter der Wirkung dieser Kombination aus Ideologie und Fruchtbarkeitsdrogen vermehren sie sich wie die Salzkrebschen.
    Statt dass ich ein lebender Heiliger wurde, leitete man mich zu Aktivitäten außerhalb des Lehrplans an. Ich begann mit der Schachmannschaft und dem Monopolyteam. Man zwang mich ins Schulorchester und ließ mich Cello spielen, das demütigendste aller Instrumente. Ich war ein miserabler Cellospieler. Musik betrachtete ich als Mathematik für Idioten. Ich versteckte mich oft in der Bibliothek und prägte mir Seiten von Lexika ein, um später darauf zugreifen zu können. Englisch lernte ich, indem ich die Werke H. P. Lovecrafts auswendig lernte, und heute sagen mir die Leute, so redete ich auch. Höflich lehnte ich es ab, auf der Halloweenparty in der Schule Äpfel aus dem Wasser zu schnappen – genauer gesagt, rannte ich heulend aus dem Mehrzweckraum, weil ich dachte, ich sollte einer Folter durch submarino, durch Waterboarding unterzogen werden. Ich gehörte der Programmier-, Computerspiele- und Strategiespielmannschaft an. Man sollte meinen, dass jemand, der in so vielen Teams dabei ist, mit den anderen Schülern reden müsse, doch das tat ich nicht. Wegen meiner Hämophilie durfte ich mich am richtigen Schulsport meist nicht beteiligen. Stattdessen mussten ich und die anderen Krüppel auf Turnmatten sitzen und so tun, als würden wir uns strecken und Gewichte stemmen. Der einzige Sport, bei dem ich mich hervortat, war Scheibenschießen. Die ganze Familie war verrückt nach Waffen. Ich auch. Außerdem schloss ich mich dem Matheteam an, obwohl ich es albern fand, Mathematik als Mannschaftssportart zu betrachten. Da könnte man genauso gut ein Masturbationsteam aufstellen. Einmal legte mein Mathetrainer mir einen Stapel Topologiefragen vor und staunte nicht schlecht, als ich die Aufgaben meisterte. Zusammen mit einem anderen Lehrer nahm er meine Fähigkeiten genauer unter die Lupe und erklärte, ich sei hochbegabt, was Kalender angehe, weil ich jedes Datum auf der Stelle berechnete und es nicht wie andere auswendig gelernt hätte. Aber das hätte ich ihm auch so sagen können. Außerdem kann man damit kein Geld verdienen; es ist bloß eine Fähigkeit, die ungefähr einer von zehntausend Menschen besitzt – etwa die gleiche Quote wie die Leute, die sich selbst die Genitalien lecken können. Ungefähr zur gleichen Zeit schloss ich mich dem Tropenfischteam an. Meine ersten Aquariensysteme baute ich aus Gartenschläuchen und alten Tupperware-Dosen. Ich beschloss, Profischachspieler zu werden, wenn ich groß wurde. Im Bus trug ich meinen Skateboard-Helm. Ich beschloss, professioneller Sonic-the-Hedgehog-Spieler zu werden, wenn ich groß wurde. Ich tauchte als »J.« in einer Studie auf, die unter dem Titel »Hypernumerische Inselbegabung bei jugendlichen PTBS- Patienten« in Medical Hypotheses

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