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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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dritte und interessanteste Unterschied jedoch sei, dass ich das Spiel von einer Frau erlernt hätte. Das sei fast ohne Beispiel. In achtundneunzig Prozent des Maya-Gebietes seien Addierer ausnahmslos Männer. Taro sagte, er sei kein Anthropologe, vermute jedoch, in meiner Mutter hätte möglicherweise irgendeine traditionelle weibliche Geheimgesellschaft der Ch’olan fortbestanden, die andernorts kurz nach der Eroberung verschwunden sei.
    Bis zum Ende des Semesters traf Taro sich zweimal wöchentlich mit mir. Dann reiste er zurück nach New Haven. Bis dahin hatte ich herausgefunden, dass er Forschungsleiter des sogenannten »Pachisi-Projekts« war; er und seine Mitarbeiter verfolgten eine Theorie, derzufolge alle oder fast alle modernen Spiele von einem einzigen Vorfahren abstammten, einem Urspiel sozusagen. Ihren Versuch einer Rekonstruktion hatten sie damit begonnen, in Zentralasien die Spiele der verschiedenen Stämme zu sammeln, doch ihre Arbeit hatte sie ziemlich schnell nach Amerika geführt.
    Damals verriss eine Reihe von Anthropologen die Theorie. Tatsächlich klang sie ein bisschen wie eine Theorie à la Thor von Danekowsky, bei der alle passenden Zutaten wie Archäologie, Sektierertum und Präastronautik zusammengerührt wurden. Doch Taro war von Haus aus Mathematiker und scherte sich nicht darum. Er betrieb reine Grundlagenforschung und gehörte zu den wenigen, die an der Überschneidung zwischen der Katastrophentheorie, der Physik komplexer Systeme und Rekombinanter Spieltheorie, kurz RST , arbeiteten. RST ist die Theorie von Spielen wie Schach und Go, wo die Steine oder Figuren durch räumliche Anordnung unterschiedliche starke Einheiten bilden. Ökonomen und Generale und so weiter haben seit dem Zweiten Weltkrieg die klassische Spieltheorie eingesetzt – in der es hauptsächlich um das Glücksspiel geht –, doch angewandte RST wurde erst in den Neunzigerjahren aktuell. Taro verfolgte das Ziel, eine rekonstruierte Version des Opferspiels als menschliche Schnittstelle einzusetzen und damit die Effektivität des Strategischen Modellierens entscheidend zu verbessern, etwa bei Simulationen von wirtschaftlichen Zusammenhängen, von Schlachten, vielleicht sogar des Wetters. Er hatte bereits einige experimentelle Erfolge erzielt, noch ehe er mir begegnet war, erklärte jedoch, er wollte lieber spektakulärere Ergebnisse abwarten, ehe er etwas veröffentlichte. Seine Arbeitsgruppe hatte Dutzende unterschiedlicher Rekonstruktionen des möglichen Originalspielbretts angefertigt. Wir steckten Hunderte von Stunden hinein, sowohl vor als auch nach meiner Collegezeit, und versuchten, der Sache auf die Spur zu kommen. Doch eines hielt uns immer wieder auf: Selbst wenn wir uns über den Aufbau des Spielbretts sicher gewesen wären, hätten wir nicht herausfinden können, wie in alter Zeit das exakte Zählprotokoll ausgesehen hatte, nicht einmal, wie viele Bohnen oder Kiesel oder was auch immer benutzt worden waren. Deshalb entschied Taro sich für eine andere Vorgehensweise. Er brachte Gehirnscanner ins Spiel.
    Ich besaß noch immer meine fünf Quarzsteine aus Guatemala. Tatsächlich waren sie das Einzige, was ich noch hatte, denn die tz’ite- Samen waren zu rosa Pulver zerfallen, und ich hatte sie durch Skittles ersetzt, bunte Kaudragees mit Fruchtgeschmack. Seit ich in den Staaten war, hatte ich nur wenige Male das Opferspiel gespielt, doch als ich in Provo nun wieder damit begann, verkabelt in einer Ganzfeld-Kammer im Keller sitzend, spielte ich seltsamerweise besser als je zuvor. Zuerst setzte Taro mehrere Personen in einen Raum auf der anderen Seite des Gebäudes, die unterschiedlichen vorgegebenen Szenarien folgten, die ich vorhersehen sollte. Ich schlug mich ganz gut. Dann fanden wir heraus, dass es besser funktionierte, wenn die Experimentatoren einen realen Nachteil hinnehmen mussten, indem sie beispielsweise Geld verloren oder Schmerzen zugefügt bekamen. Nach ein paar Monaten machten wir uns daran, an Ereignissen in der Wirklichkeit zu arbeiten, der Ausbreitung des Aids-Virus etwa, dem ersten Ölkrieg und dergleichen, wo die Kontrolle der Versuchsergebnisse erheblich schwieriger war. Trotzdem lagen wir in unseren Prognosen besser, als die statistische Wahrscheinlichkeit vorgab, und machten weitere Fortschritte auf einer quälend langsam ansteigenden Kurve. Taro sagte mir, meine Kalender-Inselbegabung helfe mir zwar, schneller zu spielen, aber bislang würde ich nicht tief genug ins Spiel eindringen. Ich

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