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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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Traverse in der Nähe eines breiten gekrümmten Abhangs. Zu unserer Linken stieg die Steigung auf etwa fünfundvierzig Grad, und dunkle, tückische Felsbrocken wurden von einem natürlichen Netz gelber Lianen zurückgehalten. Zu unserer Rechten reichte der Hang gut hundert Meter weit zu einer Reihe von Montezuma-Kiefern hinauf. Dahinter lugte ein Dorf hervor, Gruppen kleiner Häuser, Kornspeicher und halb offener Werkstätten, alle aus unbehauenen Felsblöcken erbaut, abgedichtet mit mattrotem Putz und gedeckt mit den Wedeln der Xit-Palme. Die roten und schwarzen Streifen an den Mauern besagten, dass es ein Harpyiendorf war, doch an einem der zentralen Häuser war das Sonnendach schwarz und türkis gefleckt, was nach Schakals Wissen bedeutete, dass auch Mitglieder des Ozelot-Hauses dort wohnten. Nirgends sah ich mulob’ oder andere zeremonielle Bauten. Vielleicht war dies das profane Dorf, und sein sakraler Zwilling stand woanders. Auf einer gestuften Anhöhe in der Dorfmitte gab es eine große, kunstvolle Zisterne, und Sklaven mit kurzen Haaren, graue Tuchstreifen durch die Ohrläppchen gezogen, die Haut mit grauer Farbe gestreift, schleppten sich dorthin und zurück. Jeder trug einen mit weißem Gummi überzogenen Wasserkorb auf dem Rücken, sodass sie aussahen wie Ameisen, die ihre Puppen transportieren. Jenseits des Dorfes ragte ein ähnlicher Kamm auf; dahinter, gerade eben noch zu erkennen, ein weiterer. Über den Tälern hing kein Dunst, was bedeutete, dass die Brandrodungssaison noch nicht begonnen hatte. Vielleicht war sie wegen des Vulkanausbruchs aufgeschoben worden. Vor uns führte eine grob gezimmerte Holztreppe – eher eine Leiter – mindestens zwanzig Meter steil hinunter in eine breite Felsspalte. Wahrscheinlich würden sie mir eine Sicherheitsleine umlegen und sehen, ob ich sie unterstützen konnte, wenn sie mich nach unten reichten.
    Hmm.
    Es waren zwanzig Mann. Vier waren Harpyien-Geblüte. Sechs waren liksajob , Wächter. Das heißt, sie waren Krieger aus einer der untergeordneten Sippen, die niemals vollwertige Geblüte werden konnten, egal was für zähe Kämpfer sie waren. Die anderen waren offenbar Unberührbare und Träger. Ich blickte von einem Gesicht zum anderen. Alle starrten zurück, als wäre ich ein Suchwort-Rätsel. Keiner sprach ein Wort. Mein Blick blieb an Hun Xoc hängen. Er schaute mich genauso neugierig an wie alle anderen, aber mit ein bisschen mehr Sympathie. Allmählich erinnerte ich mich. Hun Xoc. Klar. Schakal hatte ihn trainiert, in dem, was man die Kreisklasse der Hüftballliga nennen könnte. Er war dunkelhäutig und ungewöhnlich drahtig für ein Geblüt. Seltsamerweise klang sein Name ins Englische übersetzt ziemlich ähnlich: One Shark – 1-Hai. Zwei schokoladenbraune Jagdhunde sprangen heran, um mich zu beschnüffeln. Sie sahen aus wie Mexikanische Xolos, waren aber größer, ungefähr wie Dalmatiner. Eine Schar Kanadagänse flog schreiend über uns hinweg, zur falschen Jahreszeit auf dem Weg nach Süden. Nur fort von dem Vulkan.
    Hun Xoc drehte sich zu den anderen um und fing an, sie für den Abstieg über die Leiter umzugruppieren. Mir wurde klar, dass ich von zwei Leuten an die Hand genommen werden sollte.
    Nur ein Aufpasser vor mir, ein Unberührbarer hinter mir. Dann die Hunde. Dann die Stufen.
    Die Gänse flogen eine Rechtskurve, nach Süden.
Jetzt oder nie. Los.
    Ich drehte mich gegen den Griff des Unberührbaren, kam frei, rempelte an dem verblüfften Wächter vorbei, sprang auf die oberste Sprosse und schlug einen Purzelbaum in die Tiefe. Noch bevor die Luft an meinen Ohren vorbeirauschte und das Gefühl der Schwerelosigkeit einsetzte, fiel die Scham von mir ab wie eine strahlenverseuchte Bleischürze. Ich kicherte beim Fallen, und auch meine Jedhälfte kicherte und fühlte sich ausnahmsweise einmal völlig frei, fast zum ersten Mal. Obwohl mir klar war, dass nicht ich das getan, sondern Schakal sich wieder behauptet hatte, empfand ich das rauschhafte Hochgefühl von …
    Beim Aufprall auf eine Steinstufe explodierte in meiner rechten Schulter der Schmerz. Ich prallte ab und drehte mich langsam in der Luft. Meine linke Hüfte brach als Nächstes, doch der Stoß war irgendwie … breiig, mit zu wenig Schmerzen verbunden, zu wenig Kontakt. Ich hätte schneller werden müssen, stattdessen wurde ich langsamer, und da waren überall Hände: Die anderen waren hinter mir her gesprungen, klebten förmlich an mir und schirmten mich ab, indem sie die Knie

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