2012 – Das Ende aller Zeiten
beherrscht, durch Handauflegen heilt und irgendwo am Körper ein drittes Auge hat. Und die Geschichte mit 2012 ist das Schlimmste von allem. Jeder deutet sie anders; die einzige Gemeinsamkeit ist, dass alle sich irren. Die Maya hätten einen Asteroiden gesichtet, der an diesem Datum auf der Erde einschlägt. Die Maya hätten ihre Städte verlassen und seien zur Venus geflogen, und der 21. Dezember sei das Datum ihrer Rückkehr. Die Maya hätten gewusst, dass sich an diesem Tag ein größeres Erdbeben ereignen wird, ein Vulkanausbruch, eine Seuche, eine plötzliche Eiszeit, ein Abfall des Meeresspiegels oder alles auf einmal. Sie hätten gewusst, dass sich an diesem Tag das Erdmagnetfeld umkehrt. An diesem Tag erlösche unsere gelbe Sonne, und eine blaue nehme ihren Platz ein. Quetzalcóatl werde in einer jadegrünen fliegenden Untertasse den transdimensionalen Mahlstrom wieder verlassen. Das allblühende Einssein der wahren universellen Meer-Himmel-Erde-Göttin werde sich durch das kosmische Oom mit sich selbst fortpflanzen. Die Zeit kehre in ihre Flasche zurück. Auerochsen und Mastodonten donnerten über die Interstate 95. Der Versunkene Kontinent Mu erhebe sich aus der Galápagos-Bruchzone. Der wahre Mahdi, Joseph Smith jr., erscheine mit einem U 2- T -Shirt auf den Golanhöhen. Shirley MacLaine werfe ihre menschliche Gestalt ab und offenbare sich als Minona / Minerva / Mama Cocha / Yoko / Mori / Mariammar / Mbabamuwana / Minihaha. Scarlet Johanson bringe einen schneeweißen Bison zur Welt. Der NASDAQ erreiche die 3000. Schweine werden fliegen, Bettler reiten, Jungs bleiben Jungs …
Andererseits müssen Sie zugeben, dass dieses konkrete Datum, 21.12.12, eine düstere Genauigkeit an sich hat, die einem ein mieses Gefühl verursacht. Ich meine, das ist etwas anderes als bei Nostradamus, bei dem alles so vage bleibt, dass man sich alles Mögliche ausmalen kann, und trotzdem scheint es immer zu passen. Natürlichsind wir – die Maya, meine ich – von jeher ziemlich selbstsicher gewesen.
Dieses Datum ist der lang ersehnte letzte Tag der Langen Zählung, des erstaunlich genauen rituellen Kalenders der Maya, der präzise mit Daten des christlichen Kalenders korreliert werden kann. In einem Jahr, von heute an gerechnet, endet der derzeitige Zyklus der Maya-Zeitrechnung.
Weltuntergangsszenarien weist Weiner zurück. »Wir hatten gar nicht vor, diese Sache vor Ablauf des nächsten Jahres zu veröffentlichen, auf jeden Fall erst nach dem 21.12.«, sagt er. »Die Menschen benehmen sich manchmal albern, und außerdem wollten wir unsere Forschungen abschließen, ehe wir publizieren.« Dennoch sagt er auch: »Wegen der vielen Spekulationen über den Kometen dachten wir uns, wir geben einige interessante Befunde frei, die mit Ixchel in Zusammenhang stehen.«
Könnten die Maya ihren Kalender an das Erscheinen des Kometen Ixchel angepasst haben? Seine Entdecker an der Swinburne-Universität in New South Wales, die ihren Fund nach einer Maya-Göttin benannt haben, sind eindeutig dieser Meinung. Schon bald für das bloße Auge sichtbar, weist Ixchel eine Periodizität
– oder Umlaufzeit
– von 5125 Jahren auf, was bedeutet, dass er zuletzt im Jahre 3113 v.
Chr. beobachtet wurde
– dem Jahr 1 des Maya-Kalenders der Langen Zählung. Wenn ein Volk des Altertums die Wiederkehr dieses Kometen errechnet haben könnte, so wären es die Maya gewesen. Unentwegte Weltuntergangsprediger müssen sich allerdings eine andere Bedrohung suchen: Die Kugel aus Steinen und gefrorenen Gasen wird die Erde um wenigstens 80000 Kilometer verfehlen.
Für die 2,3 Millionen Maya, die heute noch in Mesoamerika leben, verkündet das Datum jedoch etwas, das sie unmittelbarer betrifft:
Am 21.12.2012 läuft die Frist für die neuerlichen Bestrebungen ab, zu einem Friedensvertrag zwischen dem kleinen mittelamerikanischen Staat Belize, einem britischen Protektorat, und der Republik Guatemala zu finden, die 2010 zum vierten Mal innerhalb eines Jahrhunderts der Meinungsverschiedenheiten Belize als ihren dreiundzwanzigsten Bundesstaat oder
departamento
beansprucht hat.
W
enn die Gelegenheit verstreicht, bringt der Tag den Maya vielleicht eine Zeit der ganz anders gearteten Katastrophe, doch eine Resolution könnte den Beginn einer neuen Ära des Friedens in der unruhigen Region bedeuten.
US
-amerikanische Bemühungen, den Friedensprozess zu unterstützen, wurden dadurch kompliziert, dass die mexikanische Regierung die
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