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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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physische Präsenz besaß, erheblich mehr, als ich als Jed ausgestrahlt hatte. Schakal war ein bedeutender Sportler gewesen, und obwohl ich versuchte, meine Bewegungen zu dämpfen, war nicht zu verkennen, dass mein Körper der eines Athleten war. Mich befiel leichtes Lampenfieber. 2-Juwelenbesetzter-Schädel hatte mir alles eingedrillt: die korrekten Grußgebärden, die ich in 14s Haus vollführen musste, die andere Art zu gehen, die ich in Teotihuacán zu beherzigen hatte, wie man vor jemandem buckelt oder jemanden überragt, wo ich im Verhältnis zu 12-Kaiman sitzen würde – und zum Herd und zu meinen eigenen Dienern –, bei welchen Worten ich aufsehen durfte, wann ich den Blick senken sollte, und so weiter und so fort. Allerdings war mein Rang innerhalb der Gruppe weiterhin ein wenig unklar, und das machte es für alle schwierig. Und hier konnte man jemanden schon dadurch beleidigen, dass man sich in die falsche Richtung stellte. Sei vorsichtig, ermahnte ich mich. Sei nicht nervös, aber vorsichtig. Hun Xoc kam unmerklich etwas näher, entweder, damit mein Gesicht nicht so gut zu erkennen war, oder um mir seine Unterstützung zu zeigen. Danke, dachte ich. Du bist ein guter Kerl.
    14 führte uns zu einer der großen Holzfiguren, zu derjenigen in der Südostecke. Sie war eine hässliche, stämmige, beinahe nackte sitzende Frau, ein wenig kleiner als lebensgroß, keine Urahnin, wie ich geglaubt hatte, sondern vielleicht die Jadehexe. 14 und ein Helfer ergriffen die Statue an Knäufen auf Schultern und Knien und hoben sie an. Nur die vordere Hälfte löste sich vom Boden; die ganze Statue klappte auf wie eine Muschel, und das Vorderteil ließ sich mitsamt der Hälfte beider Arme und der untergeschlagenen Beine bis zu den Knöcheln abnehmen. Die Füße und der hintere Teil blieben auf dem Steinsockel zurück. Gefüllt war die Statue mit ungefähr sechzig kleinen bemalten Lehmfiguren. Überall waren sie befestigt, nicht nur im Leib der Statue, auch in den Armen und im Innern der Beine wimmelte es geradezu davon. Ich vermutete, dass jede von ihnen jemanden aus 14s Haus repräsentierte. Vielleicht gehen Matroschka-Puppen auf diegleiche Idee zurück. Ein Diener kam mit einem Tablett heran, auf dem zwanzig Puppen lagen, eine für jeden von uns, und wir blieben stehen, während ein Maler jede einzelne Puppe farbig markierte, um sie zu kennzeichnen.
    Ich warf einen kurzen Blick auf Hun Xoc. Was ist das für ein neuer Irrsinn, fragte seine Miene. Ich schaute weg, damit ich nicht lächeln musste. Der Maler reichte mir eine Puppe. Sie war abgegossen, plump und billig, trug einen großen Kopfputz im Teotihuacánischen Stil und sah mir bis auf die roten Streifen auf der Schärpe überhaupt nicht ähnlich. Aber da ich sie nun hielt, war sie wohl ich. Ich wartete, bis ich an der Reihe war, und gab die Puppe dem Akolythen. Er band sie an einen Sporn, der unter der linken Hinterbacke der Statue herausragte. Ob die Stelle etwas bedeutet, fragte ich mich. Oder hatten sie nur eben dort gerade etwas Platz? 12-Kaiman zögerte kurz, ehe er seine Puppe aushändigte. Der Brauch war mexikanisch. Von den Maya stammte er nicht. Ich bekam das Gefühl, 12-Kaiman sei der Ansicht, 14-Verwundeter passe sich ein wenig zu sehr an das Leben in der Fremde an. Als alle Puppen aufgehängt waren, schlossen sie das Ding wieder. Mich überkam das unwillkürliche Gefühl, die Körperschale schlösse sich über mir, und ich hätte es in dem großen gemeinschaftlichen Organismus vollkommen sicher und behaglich, doch ohne die geringste individuelle Freiheit zu besitzen. Vielleicht war es überall in Teotihuacán so: Alle kleinen mulob’ scharten sich um große mulob’ , kleine Plätze waren in größere Plätze eingeschlossen, und alles hing von etwas anderem ab.
    Jetzt, wo wir zur Familie gehörten, wurden wir ins Schwitzhaus eingeladen. Während wir den nördlichen Torbogen durchschritten, entschuldigte sich 12-Kaiman. Ihm, Hun Xoc, 3-Heimkehrende-Motte – unserem Erinnerer / Rezitator / Buchhalter – und mir gelang es, uns von der Gruppe zu lösen und in einer Seitentür zu verschwinden. Höflich war es nicht, aber 12-Kaiman war bereits hier gewesen und stand im Rang über jedem anderen in diesem Haus.
    Wir brauchten ein wenig Abgeschiedenheit, doch der erste Raum, in den wir gelangten, stank fürchterlich. Wie sich zeigte, ging der Gestank von fünf Sklaven aus. Sie waren etwa acht Jahre alt und hocktengeduldig in der Ecke. Man hatte sie mit

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