2012 – Das Ende aller Zeiten
wenigstens eintausend gebürtige Maya in der Stadt lebten – nicht dass es »die Maya« gegeben hätte; deshalb nannte er die Namen verschiedener Stadtstaaten –, und von diesen seien nur etwa dreißig Ixob’. Achtzehn gehörten zu Sippen, die von den Harpyien abhängig waren, und wohnten in diesem Haus; die anderen stammten aus Sippen, die zu den Ozelots standen. Verglichen mit den etwa hundert Tik’alanern hier war es eine kleine Gemeinde, und da 14-Verwundeter in letzter Zeit die Ozelots hatte meiden müssen, fühlte er sich wahrscheinlich ziemlich isoliert.
12-Kaiman fragte, wo die Ozelots ihr Zentrum hätten. Von allen Bewohnern Teotihuacáns waren sie es, denen wir am dringendsten aus dem Weg gehen mussten. »Zu unserem Glück müssen sie bei den Pumas wohnen«, sagte 14, »und die Pumas werden unmöglich.«
14s Worten zufolge konnte die derzeitige Lage in Teotihuacán nicht mehr lange anhalten. Chalco, Zumpanco und fünf andere Stadtstaaten in der riesigen Wirtschaftszone des Tals von Mexiko – allesamt seit Jahrhunderten klaglose Untertanen Teotihuacáns – verweigerten den Tribut. Am schlimmsten war, dass sie kein Brennholz mehr für die Kalkbrennöfen der Metropole lieferten. 14 führte die Lage nicht weiter aus, aber ich vermutete, dass die lang andauernde Abholzung für die Überflutungen, die Erosion und die Schlammlawinen verantwortlich war, die wir auf unserer Reise durch das Tal gesehen hatten.
Dennoch, fuhr 14 fort, strömten mehr Einwanderer denn je in die Stadt, vor allem Zu-Große. Er sagte, die Zu-Großen seien das ernsteste Problem Teotihuacáns. »Von ihnen gibt es vierhundertmal vierhundertmal vierhundert Familien«, behauptete er, was ein Ausdruck für eine stattliche Menge war. Wenn sie sich alle vereinten, sagte er, könnten sie die Stadt überrennen. Sie stammten von Kojoten ab, deshalb stänken sie so. Sie mussten ausgelöscht werden.
Das Problem war nur, dass die Stadt die Pflicht hatte, jeden aufzunehmen, der kam. Nach dem Wenigen, was ich von ihrer Sprache gehört hatte, vermutete ich, dass die Zu-Großen das Volk waren, deren Abkömmlinge oder wenigstens nahe Verwandte einmal als die Tolteken bekannt werden sollten. Deshalb war ich ein bisschen neugierig auf sie. 14 sagte aber, die Zu-Großen seien niedersippige »Nebelwühler« – ich wusste nicht, was das hieß, und erhielt keine Gelegenheit nachzufragen –, die man aus ihrer eigenen Stadt geworfen habe und die nun das Tal überrannten, immer auf der Suche nach Dingen, die sie stehlen könnten. Nach allem, was ich sagen konnte, lag ihre Stadt ungefähr hundertfünfzig Kilometer weiter nördlich, und ich konnte sie mit keiner Stätte in Beziehung setzen, von der ich wusste. 14 behauptete, dort gewesen zu sein, und sagte, es sei eine Ortschaft aus niedrigen, ausgedehnten Häusern, in der es stank und wo die Kinder Kot aßen und Kojotenrudel über die Höfe rannten.
»Die Pumas ziehen aus und jagen sie in den Bergen«, sagte er, »aber innerhalb des Tales dürfen sie es nicht.« Es habe Straßenkämpfe und Unruhen gegeben, und die Puma-Gardisten seien unerträglich herrisch geworden. Während der letzten Friedenssaisons hatte in den ärmeren Stadtteilen bereits Hunger geherrscht, und »brauner Schorf«, irgendeine ansteckende Hautkrankheit, sei ausgebrochen. Bei den augenblicklichen unregelmäßigen Regenfällen wurde die schlechteste Ernte seit einundsiebzig Jahren befürchtet.
Ferner, sagte er, wachse die Spannung zwischen der Sternenrassler-Gemeinschaft und den Synoden der beiden großen Hälften. Wie er es erklärte, erschien es mir, als gebe es Parallelen zum Rom im 2. Jahrhundert nach Christus. Der Sternenrassler-Kult lebte wieder auf und fand besonders unter den »herdlosen« Sippen und Rundhäusler, das heißt, den Sippen niederer Kasten Zulauf, die unablässig in die Stadt einwanderten. Die Rassler-Gemeinschaft schwor jeden Tag zunehmend viele neue Anhänger oder Konvertierte ein, Leute aus der roten und der weißen Hälfte, die über die Verdummung der Teotihuacáner Gesellschaft verstimmt waren, wie man es vielleicht nennen konnte. Es klang, als biete die Rassler-Gemeinschaft einen weniger hierarchisch organisierten, weniger auf den Ahnen aufbauenden Glauben mit einem allumfassenden Beschützer, dessen Körper sich nicht in einem bestimmten Schrein auf Erden befand, sondern nichts anderes war als die Milchstraße. 14 sagte, dass viele dieser Neubekehrten sich speziell mit der charismatischen Frau Koh
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