Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
Vom Netzwerk:
einem zeremoniellen dünnen Seil aneinandergefesselt. Einer verzog gequält das Gesicht, weil Fliegen ihm über die Schultern krabbelten, aber er schlug nicht nach ihnen. Zu passiv. Wir durchquerten einen weiteren Innenhof. Dort gab es Zisternen, Avocadogewächse in Körben, gelbe Baumwollmantas, die auf Gestellen trockneten, und Frauen in gelben quechquemitls – das sind die dreieckigen Dinger, die die Mädels hier anstelle von huipils trugen –, die in einem Fass etwas wuschen oder färbten. Alles völlig normal, dachte ich. Entspanne dich.
    Wir fanden einen dunkleren, verlassenen Raum. In ihm sah es ein wenig aus wie in einer Räuberhöhle; an den Wänden stapelten sich Stoffballen und große Krüge, deren Form uns zu verstehen gab, dass sie reines Salz enthielten. Einer von 14s Dienern folgte uns herein, doch 12-Kaiman funkelte ihn im Dunkeln an, und er ging rückwärts wieder hinaus. Hun Xoc nahm sein Bündel und zog das Geschenk hervor, das wir für Frau Koh mitgebracht hatten.
    Es handelte sich um eine kopfgroße Schachtel mit achttausend winzigen Kehlflecken – also der Haut mit dem Kehlfleck – von veilchenfarbenen Trogonmännchen. Als Hun Xoc die Schachtel öffnete, um sie zu prüfen, schienen sie im Dunkeln zu leuchten wie ein Reaktorbrennstab. Es war ein unglaubliches Geschenk, stand für Hunderte von Manntagen, war von unschätzbarem Wert.



(47)
    Eine unserer Besonderheiten lag darin, dass wir trotz all unserer Bücher im Grunde keine Schriftkultur hatten. Ich meine, es gab keine Memoranden oder Sendschreiben. Man schickte anderen Leuten nichts Schriftliches, und in den wenigen Fällen, in denen es doch vorkam, handelte es sich stets um förmliche Mitteilungen, die zu etwas anderem gehörten, wie eine Karte zu einem Geschenk. Niemand schickte jemandem einfach so eine Nachricht. Dazu benutzte man Erinnerer, Leute wie 3-Heimkehrende-Motte, die zehn Sprachen beherrschten, zertifizierte Renner waren, den Widerstand gegen die Folter eingeübt hatten und eine lange Ansprache nur einmal zu hören brauchten, um sie dann später jederzeit rezitieren zu können, ohne etwas zu vergessen oder zu verwechseln. Ich glaube, ich war auch so jemand, als ich noch mein altes Gehirn besaß. Abgesehen von der Renngeschwindigkeit und der Widerstandskraft gegen Folter. Somit war das, was ich tat, bereits ein Stück Innovation. Vielleicht war ja auch der Punkt gekommen, sich von der Menge abzuheben. Und sei es nur, um die Aufmerksamkeit dieser Frau zu erlangen. Auch wenn ein paar Leute die Nase rümpften.
    12-Kaiman fragte, ob Hun Xoc oder ich der Nachricht, die 2 JS ausgearbeitet hatte, irgendetwas hinzuzufügen hätten. Wir verneinten. Er sagte die Nachricht auf. 3-Heimkehrende-Motte wiederholte sie. Es handelte sich sowohl um ein Ersuchen um die Gunst einer Audienz als auch um eine Warnung, dass wir, als Gesandte von Kohs Familie, die Pflicht hätten, ihr eine Gefahr zu melden. Allerdings wussten wir nicht, wie sie das aufnehmen würde. Ihre Treuepflicht konnte geteilter Natur sein.
    12-Kaiman sagte, dass er während der Reise herausgefunden habe, wo genau Frau Koh sich aufhielt. Ich fragte mich, ob er seine Erkundigungen mit ausreichender Diskretion vorgenommen hatte. Aberwortkarg genug war er ja. Alles ist okay, sagte ich mir, ganz bestimmt. Er sagte, Frau Koh sei im östlichen Gebäude ihres Klosters. Und zu meiner Überraschung fügte er hinzu, dass wir zwei Neuntel lang warten müssten, und er würde zwei von 14-Verwundeters Leuten mitschicken.
    Ortskundige Begleitung, dachte ich. Zum Teufel. So viel zur Geheimhaltung.
    Mit 14-Verwundeter und seinem Fellator, einem seiner Söhne namens Linke-Yucca, warteten wir in der Vorkammer des Schwitzhauses. Man richtete uns das Haar. Hier musste man immer wie aus dem Ei gepellt auftreten. Hun Xoc und ich ließen uns das Haar im Stil der Teotihuacáner frisieren. Es wurde mit dem dünneren hiesigen Öl eingerieben und blieb ohne Perlen oder Knoten. Die meisten Ixianer wären zu stolz dazu gewesen – oder sagen wir, zu patriotisch –, aber wir wollten in der Menge untertauchen können, wenn es sein musste. Zum Glück hatten wir unsere Mund-Kämme abgenommen.
    Die Teotihuacáner waren berühmt für ihre lakonische Art; sie waren nicht geschwätzig wie die Ixob’, und 14-Verwundeter und sein kleiner Hofstaat hatten diesen Manierismus angenommen. 12-Kaiman jedoch war es gelungen, ihn raffiniert aus der Reserve zu locken, und nun berichtete 14 uns, dass im Augenblick

Weitere Kostenlose Bücher