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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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eigene Idee gewesen. Und vor allem natürlich durfte ich sie nicht nach den beiden Pulvern fragen. Ich sollte sie nicht einmal erwähnen. Wenn sie der Verdacht beschlich, dass wir es vor allem darauf abgesehen hatten, dann schrillte bei ihr jede Alarmglocke, und sie warf mich raus.
    Koh machte eine Geste mit der kleinen hellen Hand. Die Pinguinfrau kam hinter mir herein und schob sich zwischen uns.
    In ihren kleinen Pfoten hielt sie einen großen Korb. Sie kniete sich am Kohlebecken nieder, setzte sich und holte zwei sechseckige Terrakottaschalen und zwei zylindrische Trinktöpfe hervor. Wie fast alles Geschirr in Teotihuacán waren sie gut gefertigt, aber unverziert – wie Pyrex, pflegte Esther Pasztory zu sagen. Angeblich waren einige der höchsten hiesigen Raucher sehr arm, und alles Luxuriöse bedeutete Gefahr, weil es sie neidisch machen könnte. Die Zwergin mischte gepulverte Kakaobohnen, Honig und heißes Wasser, in dieser Reihenfolge; dann goss sie, wie es üblich war, die Flüssigkeit von einem Topf in den anderen, um Schaum zu erzeugen. Den leeren Topf stellte sie ab und reichte Koh den gefüllten. Koh trank einen Schluck und gab den Topf der Zwergin zurück. Diese reichte ihn an mich weiter. Ich machte die knappe Gebärde, die »Topf angenommen« bedeutete, trank die Hälfte, bekundete den Wohlgeschmack und trank den Rest. Der Kakao war heiß, scharfgewürzt und schmeckte nach Kardamom. Ich stellte den Topf ab, und die Pinguinfrau nahm ihn fort.
    Und das war es auch schon an Getränken. Mir wurde bewusst, dass ich auch Hunger hatte. Man hätte nun glauben können, dass die Pinguinfrau als Nächstes ein Tablett mit gegrillten Goliath-Kakerlaken oder dergleichen hereinbringen würde, aber so lief es hier nicht. Getränke wurden nicht zum Durstlöschen, sondern aus rituellen Gründen gereicht. Man setzte sich nicht oft mit jemandem zum Trinken zusammen. Etwas wie Tee im Osten oder Cocktails im Westen gab es nicht. Man nahm einfach sein Getränk und trank es im Stehen mit so wenig Zügen wie möglich, dann gab man das Gefäß zurück. Einen Imbiss nahm man zu sich, wenn man allein war. Mein Hunger hätte mich längst fertiggemacht, wäre Schakals Körper nicht daran gewöhnt gewesen. Selbst jemand, der sich so viel Essen leisten konnte, wie er wollte, aß selten zwei Mahlzeiten am Tag. Und jeden dritten Tag aß man überhaupt nichts. Hun Xoc konnte man ohne Weiteres einen Streifen getrocknetes Hirschfleisch anbieten, und er antwortete: »Danke, ich habe erst gestern gegessen.« Und er war Ballspieler – ein Mann, der sein Gewicht brauchte. Wenn sie dann aber aßen, wurde es ein Gelage, bei dem nicht selten drei Viertel der Speisen verschwendet waren. Na ja, wie auch immer. Wo war ich stehen geblieben?
    Zeit, etwas zu sagen.
    »Wir unter dir haben dir ein Bündel gebracht«, sagte ich. »Bündel« war eine höfliche Bezeichnung für ein Geschenk oder eine Gabe, da es bedeutete, dass man das Substantiv nicht weiter auszuführen und zu verraten brauchte, was darin war. »Ich unter dir habe versucht, die Schädel für uns, für meine Familie zu lesen, und bin gescheitert. Wir bitten dich, nimm das Bündel an und lies uns die Schädel.«
    »Du neben mir schenkst zu viel«, sagte sie.
    Wieder gönnte sie uns eine unerträgliche Pause. Ich fragte erneut. Verdammt, dachte ich. Wenn sie nein sagt, zerschmeiße ich etwas. Allerdings konnte oder sollte ein Addierer sich nicht weigern, wenn ein anderer ihn um eine Lesung bat. Zumindest nicht von Angesicht zu Angesicht. Aber vielleicht verließ ich mich zu sehr auf förmliche Höflichkeit.
    Die Pinguinfrau brachte etwas in einer kleinen Schale. Darin lag ein Weihrauchball, wie man ihn um Palenque als Uhr benutzte. Der Größe nach zu urteilen würde er ein Viertel eines Neuntellichts brennen, also etwa vierzig Minuten. Beeilen wir uns lieber, dachte ich. Doch die Pause dehnte sich. Schließlich schnalzte sie zweimal mit der Zunge, was hieß, dass sie annahm. Von ihrem Stab löste sie zwei Bänder. Er erwies sich als zusammengerolltes Spielbrett aus Flechtwerk. Sie breitete es westlich vom Räucherbecken aus. Die gleiche Anordnung hatte auch 2-Juwelenbesetzter-Schädel benutzt – es hatte die gleiche Anzahl Mulden, aber es war größer. Sie öffnete einen Krug, nahm eine Prise gepulverten Tabaks heraus und rieb sich ihn recht sittsam auf die Innenseite ihres Oberschenkels.
    Okay, dachte ich. Fangen wir mit etwas Leichtem an.
    Ich bat sie, mir das Datum meines Todes zu

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