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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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männliche Ritualplätze zu betreten, zum Beispiel das Teocalli auf der mul des Rasslers. Ich schätze, das Entscheidende ist –
    Moment mal. Was, zum Teufel …
    Der Hund stand auf den Hinterbeinen! Ich schauderte. Der »Hund« war ein Mensch, eine Frau.
    Sie war eine Zwergin mit einem verlängerten, wie in einen Schnabel auslaufenden Gesicht, und sie war fast nackt. Ihre Haut war grün gefärbt, aber in diesem Licht sah sie schwarz aus. Wie sie um den Herd herumwatschelte, musste ich an einen Pinguin denken. Trotzdem empfand ich keinen Drang zu lachen. Sie ist kein achondroplastischer Zwerg wie 3-Blaue-Schneckem dachte ich. Sie war, was man einen Primordial- oder vogelköpfigen Zwerg nennt: Das Seckel-Syndrom. Ich erinnerte mich, dass diese Menschen nicht lange lebten. Vermutlich war sie noch ein Teenager. Ich hatte in Erinnerung, dass sie in der Regel zurückgeblieben wären, doch sie wirkte geistig völlig normal. Sie machte eine Gebärde, die »Hör mir zu« bedeutete. Ich kauerte mich ein wenig tiefer.
    »Du über uns … Frau Koh spricht nur … zu einem Fragesteller auf einmal«, sagte sie. Ihre Stimme klang auf befremdliche Weise katzenhaft monoton, und sie sprach Männer-Teotihuacánisch mit einem rauen Klang.
    »Ich unter dir trage unser Ansinnen«, sagte ich. Ich sah Hun Xoc an.
    Er erwiderte den Blick zögernd. Mit seiner Direktive, mich keinen Moment aus den Augen zu lassen, war diese Lage nicht zu vereinbaren. Dennoch ließ sich daran nichts ändern. Meine Audienz bei Frau Koh war das einzige Ziel unserer Mission. Er schloss einmal die Augen, was »Also gut, meinetwegen« bedeutete.
    Danke für dein Vertrauen, äugte ich ihm zu.
    Die Zwergin hatte einen Teppich zurückgeklappt. Darunter befand sich ein quadratisches Loch. Wie am französischen Königshof Ludwigs XIV . war man hier einfach verrückt nach Falltüren, Geheimgängen und Beobachtungslöchern. Die Zwergin kroch mit dem Kopf voran in das Loch, wie das Weiße Kaninchen. Ich streckte einen Fuß hinein, um zu prüfen, wie tief es war, fand einen abwärts geneigten Boden, kauerte mich in die Öffnung und kroch der Zwergin hinterher. Immer wieder verfingen sich meine Knie an meinem Rock und hielten mich auf.
    Der Stollen neigte sich mit ungefähr dreißig Grad nach unten. Ich kroch vielleicht fünfzehn Arme weit durch die Dunkelheit und gelangte an eine Mauselochtür mitten auf einem nicht überdachten Weg. Die Zwergin führte mich um eine Ecke, dann durch eine andere kleine Tür, die mit Tierhautklappen geschlossen war, und schließlich in einen dunklen Raum von etwa acht Armen im Geviert. Er war niedriger gelegen als der vorherige Raum, aber das Dach befand sich auf gleicher Höhe, sodass die schräge Decke beinahe zwanzig Arme hoch über uns schwebte; man bekam das Gefühl, am Grunde eines Brunnens zu stehen. Aus einem Ochsenauge, das mit geölter Haut verhangen war und vermutlich auf einen Hof führte, schimmerte eine Spur von Blau. Auf dem Boden standen ein schlichtes Kohlebecken aus Terrakotta mit erlöschender Glut darin, zwei Go-Schalen-große Körbe, zwei Fliegenpatschen in einem kleinen Gestell und ein beinerner Halter mit einer einzigen Myrtenfackel, die mit grünlicher Flamme brannte. Das grüne Federcape, das wir geschickt hatten, und der Krug mit den Giftfroschhäuten lagen in einer Ecke nebeneinander wie zwei schlafende Katzen. In der Luft hing ein eigentümlicher Geruch, den ich nicht beschreiben kann.
    Er stammte weder vom bitteren Rauch draußen noch von den Wachsmyrtenbeeren der Fackel, deren Geruch irgendwo zwischen Wintergrün und Leinöl liegt. Er roch … nun, mir kam er vor wie das Gegenteil von Zimt, wenn es so etwas gibt. Allerdings sind Gerüche anders als Farben; auf dem Odafon existieren es keine Primärgerüche. Ich nehme an, dadurch ist ein neuer Geruch auf eine Weise möglich, wie es bei Farben undenkbar wäre. Ich brachte die Beine unter meinen Leib und versuchte, mit einer geschmeidigen, beiläufigen Bewegung den Fall meiner Manta zu richten. Stattdessen prallte ich zu Boden wie ein Walross mit drei Flossen. Meine Güte, was bin ich ungeschickt,dachte ich. Ich muss so was üben. Die Zwergin huschte um mich herum und verschwand auf dem gleichen Weg, auf dem wir gekommen waren.
    Ich kauerte mich in halb bittender Haltung zusammen, das Gesicht pflichtgetreu auf das Kohlebecken gerichtet. Der Boden unter meinen Schienbeinen war mit einem schwammigen Material belegt und mit Geranienblüten bestreut, damit ich ihn

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