Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
Vom Netzwerk:
Hälfte Ladino, und wegen des vielen Kalziums, das ich in Utah bekommen hatte – untypischerweise litt ich nicht unter Laktose-Intoleranz, und ich war auf einem Planeten gelandet, wo Milch praktisch das einzige akzeptierte Getränk darstellte –, war ich zu turmhohen einhundertfünfundsiebzig Zentimetern herangewachsen, mehr als einen Kopf größer als irgendwer in meiner Familie. Im Augenblick wog ich um die einundsechzig Kilogramm, also kaufte ich nicht gerade in der Abteilung für große Größen ein, und mein Gesicht war dabei schmaler geworden. Ein reinblütiger Maya hat normalerweise ein breites Gesicht, mit dem er von der Seite aussieht wie ein Falke und von vorn wie eine Eule. Aber ich wirke nur irgendwie … tropisch. Wenn ich meinen Nachnamen nenne, werde ich manchmal gefragt, ob ich von den Philippinen komme. Sylvana, sie ist so was wie meine Exfreundin, hatte immer gesagt, mit meinem langen Haar sähe ich aus wie der weniger hübsche Bruder von Keanu Reeves in Little Buddha . Ich erwog, das alles Marena zu erzählen, beschloss dann aber, die Klappe zu halten. Bewahr doch wenigstens ein paar Geheimnisse, um Gottes willen.
    Als ich nichts sagte, wurde sie offenbar ein wenig unruhig. »Sie finden das Spiel doch nicht anstößig, oder?«, fragte sie.
    »O nein …«
    »Ich hatte die Befürchtung, wir zeigen die Maya-Typen vielleicht ein bisschen zu … Sie wissen schon, zu … äh …«
    »Wild?«
    »Ja.«
    »Na ja, wenigstens haben Sie sie nicht als niedlich hingestellt.«
    »Nein.«
    »Ich bin sowieso der Meinung, dass es damals ziemlich rau zugegangen ist.«
    »Ja, die Leute bekamen die Herzen rausgerissen und so.«
    »In Wirklichkeit haben die Maya das nie getan«, entgegnete ich. »Jedenfalls nicht, soweit jemand es wüsste.«
    »Wirklich?«
    »Vielleicht später, im fünfzehnten Jahrhundert, aber nicht in der klassischen Periode. Das mit dem Herzrausreißen passt eher nach Mexiko.«
    »Oh. Entschuldigung. Aber sie waren Kannibalen?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte ich. »Vielleicht war das nur spanische Propaganda. Auf jeden Fall haben sie manchmal Menschen geopfert. Aber ob sie die dann auch noch gegessen haben …?«
    »Tut mir leid.«
    »Kein Problem. Außerdem – was wäre schon dabei? Mittlerweile ist Kannibalismus fast so verbreitet wie Golfspielen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein gab es in England medizinischen Kannibalismus.«
    »Sie meinen, mit Mumienstaub und so?«
    »Ja, und noch mehr. Zum Beispiel glaubte man, das Blut eines Menschen, der eines gewaltsamen Todes gestorben war, könne Epilepsie heilen. Deshalb zapften beispielsweise auf den Lincoln’s Inn Fields, dem größten öffentlichen Platz in London, die Apotheker den frisch Gehängten das Blut ab, dann verdünnten sie es und mischten es mit Alkohol, und das konnte man dann in der Harris-Apotheke kaufen.«
    »Hat sicher geholfen.«
    »Ja. Und irgendwo gibt es eine christliche Sekte einvernehmlicher Kannibalen, die sich die Kirche der Allzu Wörtlichen Kommunion nennt oder so ähnlich.«
    »Moment, davon habe ich gehört. Aber vielleicht ist das nur wieder so eine Modediät.«
    »Vielleicht.«
    »Aber Sie haben schon recht, es ist keine große Sache. Ich zum Beispiel habe meine Nachgeburt gegessen.«
    Das verschlug mir die Sprache.
    »Entschuldigung, war das jetzt zu eklig?«, fragte sie.
    »Na ja …«
    »He«, sagte sie, »Taro hat erzählt, dass Sie auch astronomische Kunststücke machen.«
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Hat er Ihnen auch gesagt, dass ich Frisbeescheiben mit dem Mund auffange?«
    »Ach, kommen Sie schon. Tun Sie mir den Gefallen.«
    »Okay. Suchen Sie sich ein Datum aus.«
    »Wann?«, fragte sie.
    »Egal.«
    »Okay … äh, 29. Februar 2594.«
    »Das ist kein Schaltjahr.«
    »Okay, dann eben der 28. Februar.«
    »Freitag«, sagte ich.
    »Sie nehmen mich auf den Arm.«
    »Nein, es stimmt.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Ich kann Ihnen außerdem sagen, dass der Sonnenaufgang an diesem Tag – vorausgesetzt, es gibt einen – etwa um sechs Uhr fünfzig Ostküstenzeit sein wird, und der Sonnenuntergang ist gegen achtzehn Uhr vierundzwanzig.«
    »Na klar«, erwiderte sie. »Und ich bin Anastasia Romanow.«
    »Warten Sie, das ist noch nicht alles. An diesem Datum geht die Venus um acht Uhr siebenundfünfzig auf – obwohl Sie das natürlich nicht sehen könnten – und versinkt um einundzwanzig Uhr sechsundfünfzig. Ich meine, wenn Sie es sich ansehen wollen. Und der Saturn

Weitere Kostenlose Bücher