2012 - Schatten der Verdammnis
Band als Xibalba Be bezeichnet, als Schwarze Straße, die zur Unterwelt Xibalba führt. Bei neueren Ausgrabungen hat man in Teotihuacán große Kanäle unterhalb dieser Straße entdeckt, die zum Sammeln von Regenwasser gedacht waren. Das würde darauf hinweisen, dass die Straße der Toten womöglich gar kein Verkehrsweg war, sondern ein gewaltiges Wasserbecken von kosmischer Bedeutung.
Dies sind noch längst nicht alle Parallelen zwischen Giseh und Teotihuacán. Der größte der drei Tempel in der alten mittelamerikanischen Stadt, die so genannte Sonnenpyramide, ist ein präzise ausgeführter rechteckiger Bau, dessen untere Kanten mit insgesamt zweihundertsechsundzwanzig Metern Länge nur vier Meter kürzer sind als die seines ägyptischen Gegenstücks, der Großen Pyramide von
Giseh. Damit ist die Sonnenpyramide der größte von Menschenhand geschaffene Bau der westlichen Hemisphäre, die Große Pyramide der größte Bau der östlichen Hemisphäre. Interessanterweise ist die Sonnenpyramide nach Westen ausgerichtet und die Große Pyramide nach Osten. Aufgrund dieser Tatsache kam Maria zu der Vermutung, dass die beiden gewaltigen Bauten gewissermaßen als planetare Buchstützen fungierten.
Die genauen Maße der Großen Pyramide und der Sonnenpyramide weisen eindeutig darauf hin, dass die Architekten beider Stätten ein fortgeschrittenes mathematisches und geometrisches Wissen besaßen. Auch über den Wert der Zahl Pi wussten sie Bescheid. Die Kantenlänge der Sonnenpyramide entspricht ihrer Höhe, multipliziert mit 2 Pi, die der Großen Pyramide deren doppelter Höhe, multipliziert mit 4 Pi.
Ein Hinweis darauf, wer Teotihuacán entworfen hat, könnte sich im kleinsten der drei großen Tempel befinden, der Pyramide von Quetzalcoatl. Sie befindet sich innerhalb einer riesigen, rechteckigen Befestigung, der man den Namen Ciudadela (Zitadelle) gegeben hat und die hunderttausend Menschen aufnehmen konnte. Die Quetzalcoatl-Pyramide ist der am reichsten verzierte Bau von Teotihuacán. Unter den unzähligen Skulpturen und mit Reliefs geschmückten Fassaden hebt sich ein Motiv besonders ab: eine bedrohliche gefiederte Schlange.
Bei den Tolteken und Azteken war die gefiederte Schlange ein Symbol für jenen großen Weisen mit europäischen Gesichtszügen, den sie Quetzalcoatl nannten.
Erneut gab die Anwesenheit eines geheimnisvollen bärtigen Lehrers unserer Reise in die Vergangenheit ein neues Ziel.
Als die Tolteken und ihr Führer Teotihuacán aufgegeben hatten, wanderten sie nach Osten und ließen sich in der Maya-Stadt Chichén Itzá nieder. Hier verschmolzen die beiden Kulturen wieder und brachten den großartigsten und
rätselhaftesten Bau des Altertums hervor, die Kukulkan-Pyramide.
Damals wusste ich es noch nicht, doch es war Chichén Itzá, wo wir auf eine Entdeckung stoßen sollten, die nicht nur das Schicksal meiner Familie von Grund auf verändern, sondern uns dazu verdammen würde, unsere Reise ewig fortzusetzen.
Auszug aus dem Tagebuch von Prof. Julius Gabriel
Vgl. Katalog 1977-81, Seite 12-349
Fotojournal Diskette 5, Datei: MEXIKO, Luftaufnahme 176
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4. Dezember 2012 An Bord der USS Boone Golf von Mexiko
Außenminister Pierre Borgia steigt aus dem Hubschrauber und wird von Kapitän Edmund Loos willkornmen geheißen. »Guten Morgen, Herr Minister. Wie war der Flug?«
»Miserabel. Ist der Psychiater aus Miami schon angekommen?«
»Vor etwa zwanzig Minuten. Er erwartet Sie in meinem Besprechungszimmer.«
»Gibt’s etwas Neues von Gabriel?«
»Wir sind immer noch nicht sicher, wie es ihm gelungen ist, aus seiner Zelle zu entkommen. Er hat am Schloss herumgefummelt, aber offenbar ohne Erfolg. Daher vermuten wir, dass jemand ihn befreit hat.«
»War es seine Begleiterin?«
»Nein, Sir. Die hat eine Gehirnerschütterung erlitten und lag bewusstlos im Lazarett. Die Untersuchung des Vorfalls ist noch nicht abgeschlossen.«
»Und wie hat er es geschafft, das Schiff zu verlassen?«
»Wahrscheinlich hat er sich in einen Hubschrauber
geschlichen. Die sind den ganzen Tag hin und her geflogen.«
Borgia wirft dem Kapitän einen kühlen Blick zu. »Ich hoffe, Sie führen Ihr Schiff nicht so, wie Sie Ihre Gefangenen bewachen, Herr Kapitän.«
Loos erwidert den Blick. »Wir sind keine Babysitter, Herr Minister, und ich bezweifle, dass einer meiner Männer eine Zukunft im Gefängnis riskieren würde, um diesen Spinner zu befreien.«
»Wer hätte ihn denn sonst rauslassen können?«
»Keine Ahnung. An
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