2012 - Schatten der Verdammnis
Tränen. »Ich schwöre dir beim Andenken meiner Mutter: Wenn ich Unrecht habe, kehre ich am zweiundzwanzigsten Dezember nach Miami zurück und stelle mich den Behörden. Wenn du mir bis dahin helfen willst, wenn du mich wirklich magst, hör auf, dich als meine Therapeutin zu gebärden.
Sei meine Freundin.«
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10. Dezember 2012 Hauptquartier der Vereinten Nationen New York City
D as Publikum in dem bis auf den letzten Platz gefüllt Saal verstummt. Alle Fernsehkameras richten sich auf Viktor Iljitsch Grosny, der zum Podium schreitet, um zu den Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats und dem Rest der Welt zu sprechen.
»Frau Präsidentin, Herr Generalsekretär, meine Damen und Herren vom Sicherheitsrat, verehrte Gäste - dies ist ein trauriger Tag. Trotz aller Entschlüsse und Warnungen von Seiten der UN-Vollversammlung und des Sicherheitsrats, trotz des erschöpfenden Einsatzes der Diplomatie und der Friedensbemühungen des Generalsekretärs und seiner Beauftragten, bedroht ein Land - man könnte es als Schurkenstaat bezeichnen, wäre es nicht so mächtig - die übrige Welt weiterhin mit der gefährlichsten Waffe in der Geschichte der Menschheit.
Der Kalte Krieg ist lange schon vorbei, will man uns glauben machen. Die Vorzüge des Kapitalismus haben über die Übel des Kommunismus triumphiert. Während
die Wirtschaft des Westens beständig wächst, bemüht sich die Russische Föderation, auf die Beine zu kommen. Das russische Volk ist verarmt, Tausende hungern. Geben wir dem Westen die Schuld daran? Nein. Die Probleme Russlands wurden von Russen geschaffen und es liegt in unserer Verantwortung, uns selbst zu retten.«
Die himmelblauen Augen blicken mit kindlicher Unschuld in die Kameras. »Ich bin ein Mann des Friedens. Allein durch diplomatische Bemühungen habe ich unsere Freunde in Arabien, Serbien und Korea dazu gebracht, die Waffen niederzulegen, die sie auf ihre Erbfeinde gerichtet hatten. Weshalb? Weil ich von ganzem Herzen daran glaube, dass Gewalt nichts lösen und dass niemand die Fehler der Vergangenheit ungeschehen machen kann. Für welche Art von Ethik sich der Einzelne entscheidet, ist seine persönliche Sache. Wenn die Zeit kommt, müssen wir alle vor unseren Schöpfer treten, doch Gott hat keinem Menschen das Recht gegeben, anderen im Namen von Ethik und Moral Schmerz und Leiden zuzufügen.«
Grosnys Blick wird hart. »Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein. Der Kalte Krieg ist vorüber, doch die Vereinigten Staaten benützen ihre starke Wirtschaft und ihr militärisches Potenzial weiterhin dazu, die Welt zu bevormunden und zu entscheiden, ob die Politik anderer Länder moralisch vertretbar ist. Wie ein gemeiner Schläger ballt Amerika die Faust und droht mit Gewalt - und das im Namen des Friedens. Als mächtigster Heuchler der Welt bewaffnen die Vereinigten Staaten die Unterdrückten, bis sie zu Unterdrückern werden. Israel, Südkorea, Vietnam, der Irak, Bosnien, der Kosovo, Taiwan - wie viele Menschen müssen noch sterben, bis die Vereinigten Staaten erkennen, dass die Androhung von Gewalt nur immer mehr Gewalt hervorbringt und dass Tyrannei, selbst wenn sie von den besten Absichten verschleiert wird, Tyrannei bleibt?«
Der Blick wird weicher. »Und nun sieht die Welt sich mit einer neuen Bedrohung konfrontiert. Es genügt den Vereinigten Staaten nicht, die modernste Streitmacht der Geschichte zu besitzen und sogar den Weltraum zu beherrschen. Selbst die Realisierung des Raketenabwehrschilds ist nicht genug. Nun besitzen die USA eine neue Waffe, die das atomare Gleichgewicht ins Schwanken bringt. Weshalb erprobt Amerika weiterhin diese Waffe und leugnet gleichzeitig jede Verantwortung? Hält der amerikanische Präsident uns alle für naiv? Können seine Ausflüchte den Kummer des australischen und des malaysischen Volkes beschwichtigen? Wo wird die nächste Detonation stattfinden? In China? In der Russischen Föderation? Oder womöglich im Mittleren Osten, wo drei amerikanische Flugzeugträger und ihre Flotten sich zum Schlag bereitmachen - und das im Namen der Gerechtigkeit?
Wie China und der Rest der Welt verurteilt die Russische Föderation diese neue Androhung von Gewalt. Deshalb wollen wir heute eine Warnung aussprechen, und zwar ganz deutlich, falls man unsere ethischen Prämissen in Frage stellen sollte. Wir weigern uns, in Furcht und Schrecken zu leben. Wir werden uns der Einschüchterungstaktik des Westens nicht länger beugen. Die nächste Explosion einer Fusionsbombe wird
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