2012 - Schatten der Verdammnis
herausbekommen, dass er nach Tampa kommt, um die Leitung einer neuen Hochsicherheitsanstalt zu übernehmen. Dich bringt man nächste Woche auch dort hin.«
»Hilf mir zu fliehen.«
»Das kann ich nicht...«
Sie steht auf, da sie Dr. Blackwell kommen sieht. »Ms. Vazquez, ich hab gar nicht gewusst, dass Sie so ein Star-Trek-Fan sind. Offenbar finden Sie diesen Film wichtiger als meine Therapiesitzung?«
»Nein, Sir. Ich hab bloß... ich hab bloß nach diesem Patienten geschaut. Er ist fast aus dem Rollstuhl gefallen.«
»Dafür haben wir Pfleger. Hier, nehmen Sie mal.« Blackwell reicht ihr einen dicken Stapel Krankenblätter und winkt sie weg von Mick. »Bringen Sie das sofort auf den neuesten Stand und dann in die Rechnungsabteilung. Vergessen Sie die heutige Sitzung nicht. Wenn Sie fertig sind, können Sie an unserer Teambesprechung im Konferenzraum drunten teilnehmen.«
»Ja, Dr. Blackwell.«
»Und, Ms. Vazquez: Bleiben Sie weg von Dr. Folettas Patienten!«
Golf von Mexiko
Das vierzehn Meter lange Fischerboot Manatee pflügt sich durch meterhohe Wellen. Die am Horizont versinkende Sonne taucht es in goldenes Licht.
Unter Deck gießt Isadore Axler sich einen Becher Kaffee ein, während Carl Reuben, sein bester Freund, in der kleinen Kombüse das Abendessen zubereitet.
Der frühere Zahnarzt reibt sich mit einem Handtuch
über das schüttere Haar, dann wischt er sich den Dampf von der dicken Brille. »Mensch, ist das heiß hier unten. Wie weit ist es eigentlich noch bis zu dieser geheimnisvollen Stelle?«
»Noch drei Meilen. Was gibt’s zum Abendessen?«
»Hab ich dir schon gesagt: gegrillte Goldmakrele.«
»Das gab’s doch schon zu Mittag.«
»Wenn ihr Hummer fangt, gibt’s Hummer. Erzähl mir doch mal von dieser Stelle. Du sagst, da gibt es keine Fische?«
»Richtig. Wir nennen so was eine tote Zone.«
»Und wieso ist die tot?«
»Keine Ahnung. Deshalb will ich mich dort ja umschauen.«
»Wie lange sollen wir in dieser toten Zone bleiben?«
»Wann ist das Essen fertig?«
»In zwanzig Minuten.«
»Tja, wenn da eine Bohrinsel steht, wie ich vermute, sind wir bis zum Nachtisch wieder weg.«
Iz verlässt die Kombüse, geht an Deck und schnuppert in die salzige Luft, in der der Duft von gegrillter Goldmakrele hängt. Für ihn, Carl Reuben und Rex Simpson ist der fünftägige Törn, den die drei Freunde jedes Jahr unternehmen, der absolute Höhepunkt. Nach der langen Hurrikansaison hat sich das Gewässer des Golfs von Mexiko beruhigt und es ist kühler geworden. Die Bedingungen für einen Fischzug sind ideal. In zwei Tagen haben sie ein Dutzend Goldmakrelen, acht Snapper und einen Zackenbarsch gefangen. Iz blickt in die sinkende Sonne, schließt die Augen, atmet tief ein und lässt den warmen Wind über das sonnenverbrannte Gesicht streichen.
Als er einen dumpfen Aufschlag hört, dreht er sich um. Rex Simpson rückt seine Luftflasche zurecht und schnallt sie hinten an seine Tauchweste.
»Willst du etwa ins Wasser, Rex?«
Der zweiundfünfzigjährige Chef des Schatzsucherclubs von Sanibel wirft einen Blick über die Schulter. »Warum nicht? Wenn wir an deinem Geheimplatz schon nicht fischen können, kann ich ja wenigstens ein wenig tauchen.«
»Ich weiß nicht recht, ob es da viel zu sehen gibt.« Iz setzt sich ans Steuer. Er nimmt das Fernglas und sucht den Horizont ab, dann überprüft er mithilfe des globalen Positionierungssystems den Standort des Bootes. »Komisch.«
»Was soll komisch sein?«
Iz stellt den Autopiloten ab und drosselt die Maschine der Manatee. »Wir sind da. Das ist der Ort, von dem ich euch erzählt hab.«
»Und hier ist nichts als Wasser.« Simpson zieht sein langes graues Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen. »Ich hab gedacht, hier soll ’ne Bohrinsel stehen.«
»Da habe ich wohl falsch gelegen.« Iz schaltet das Funkgerät ein. »Manatee ruft Alpha-Zulu-drei-neun-sechs. Alpha-Zulu, bitte kommen. Edie, bist du da?«
»Kommen, Manatee. Wie geht’s der Fischerei?«
»Nicht übel. Bisher haben wir hauptsächlich Snapper und Goldmakrelen gefangen. Heute Morgen hat Rex einen Zackenbarsch erwischt. Edie, wir sind soeben an der Stelle über dem Chicxulub-Krater angekommen. Da ist nichts.«
»Keine Bohrinsel?«
»Nein. Aber das Wetter ist fantastisch und das Meer ganz ruhig. Ich glaube, wir bleiben über Nacht hier, während ich ein paar Tests durchführe.«
»Pass bloß auf.«
»Tu ich. Ich melde mich später wieder.«
Wie eine schmelzende purpurrote Kugel geht
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