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2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

Titel: 2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D'Amato
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Hun Xoc – der als mein Erster Leutnant fungierte – zu sagen, er solle nicht zulassen, dass man den Mann tötete.
    Jeder aß ziemlich diskret, in gewisser Weise fast heimlich. Wie Zur Linken sagte, war es nicht gut, beim Essen Geräusche zu machen oder beobachtet zu werden, wie man zu gierig aß. Ganz sicher hatten wir bessere Tischsitten als, sagen wir, die meisten Leute in den USA des frühen 21. Jahrhunderts, auch wenn das nicht viel heißt. Außerdem mussten wir still sein, während Kohs Mutter und ihr sogenannter Vater den Zeremonienmeister baten, uns unsere ehelichen Pflichten zu erläutern. Anschließend hatten wir alle seiner Ansprache zu lauschen. Sie zog sich ewig hin, obwohl Koh ihn angewiesen hatte, sich kurz zu fassen. Komm schon, komm schon, dachte ich; wir hatten fast Mittag und mussten uns noch um zahllose viel wichtigere Dinge kümmern, ehe die Sonne endete. Und danach mussten wir noch alles mobilisieren und das Opferspiel mit menschlichen Figuren ausrufen. Bis zur Nacht hatten wir noch einen langen Tag vor uns.
    Am Treffen-mit-deinem-Bein-Tag hatte Koh mir gesagt, sie könne mich in den einhundertdreiundvierzig Tagen, an denen ich mich von den Nachwirkungen des Giftes und diversen »geheiligten Wunden« erholte, gerade so eben zu einem Neun-Steine-Addierer machen. Sie hatte mich nach meinen Visionen gefragt, meinen Träumen also, und sie gedeutet und gesagt, ich sei auf der richtigen Fährte. Sie brachte mir die wesentlichen Grundlagen des Opferspiels bei, die vielen Kleinigkeiten, die meine Mutter mich nie lehren konnte, weil sie in den fast fünfhundert Jahren seit der Eroberung in Vergessenheit geraten waren: Wie man zählte, ohne auf die Steine zu blicken; wie man vorauslas, ohne auf das Brett zu sehen; wie man sich in einen Zustand der Prophezeiung hineinzählte, ohne irgendwelche Drogen zu benutzen; wie man auf sein Blut horchte und spürte, wie dessenBlitze verschiedene Körperteile trafen, und wie man seinen Körper dem Brett und der Welt überlagerte, sodass die Blutblitze tatsächlich etwas bedeuteten – einen Ort, eine Zeit, ein Ereignis. Koh sagte, ich sei gut gewesen, als sie das erste Spiel mit mir gespielt hatte; jetzt aber würde ich zu einem großen Spieler. Ich sei ein Naturtalent, auch wenn ich das alles erst spät lernte. Sie sagte aber auch, sie bezweifle, dass ich jemals mehr als ein paar K’atunob’ vorhersehen könne. »Es muss dir in den Kopf gepresst werden, während er sich noch formt, wie mit einem Stirnbrett«, sagte sie. Dann ließ sie Frau Kreosotbusch zu mir kommen und mich unterrichten, wenn sie selbst fort war. KB war ihre Vorgesetzte innerhalb der Gemeinschaft der Seidenweberinnen und eine höhergestellte Neun-Schädel-Addiererin als Koh, aber kein solches Naturtalent wie Koh, nehme ich an. KB war vierundachtzig Sonnenjahre alt, gewiss der älteste Mensch, dem ich hier begegnet war; sie hatte noch mit eigenen Augen das große, stadtweite Opferspiel gesehen, das man vor sechzig Jahren in Teotihuacán gespielt hatte.
    Wir wollten versuchen, es hier und heute in Ix nachzustellen. Für ein Menschenspiel benötigten wir wenigstens zweihundert ausgebildete Sonnenaddierer. Wir hatten zweihundertvierzig aus den Satellitenstädten von Ix angefordert; weitere einundfünfzig kamen als Geschenke aus anderen Stadtstaaten, die teils so weit entfernt lagen wie Motul. Die meisten spielten nur auf Ein- oder Zwei-Steine-Niveau, aber ein paar wären besser, sagte KB . Die meisten von ihnen würden nicht überleben.
    Natürlich war ich erleichtert, dass Koh lebte und die Macht in Händen hielt. Trotzdem hing ich völlig von ihr ab, was mein großes Ziel anging, und ich wollte es mir nicht mit ihr verderben. Wie es schien, hatte sie an dem Spiel gearbeitet und herausgefunden, wie stark man die Drogen der Skorpion-Sippe dosieren musste und so weiter, aber sie hatte mir nichts gezeigt, was auf diesem Niveau lag, und sie hatte nicht einmal angedeutet, welcher Zug uns in den nächsten Zyklus bringen würde. Ich war noch immer ziemlich nervös, was das Ganze betraf. Die Zeit flog nur so dahin, und ich wusste noch immer nicht, was 2012 bevorstand. Dass 2-Juwelenbesetzter-Schädel vor seiner erneuten Gefangennahme die verbliebenen Skorpion-Puma-Addierer, die Koh für mich eingetauscht hatte, angeblich töten ließ, machte meine Situation nur noch heikler, denn dadurch waren Koh und vielleicht Frau Kreosotbusch die einzigen Personen in Ix, die die Neun-Steine-Version des Opferspiels

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