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2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

Titel: 2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D'Amato
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das rote,
    und das schwarze und das weiße«, sagte ich. »Sie wirst du mir nicht geben.«
    Eine Pause von zehn Schlägen folgte.
    Erwischt, dachte ich. Dieser Satz ist falsch, du Bastard .
    »Dann nimm und iss«, sagte er.
    Ich nahm das blaue Tamale, schob es durch die Mundöffnung meiner Maske und zerbiss es. Blaue Flüssigkeit bespritzte mich. Die Ozelotjungen oder -welpen oder was immer sie waren – ich hatte sie gar nicht hereinkommen gehört – bliesen Tinte in die Schnitte an meinen Genitalien. Zischlaute erhoben sich in der Kammer. Draußen hörte ich riesige Birkenrinden-Kazoos die Gurgelgeräusche einer Geburt nachahmen. Eines meiner Ohren knackte, und plötzlich war mein Kopf von einem sinnlichen, besänftigenden Geruch angefüllt, wie wenn man als Kind bei einem Freund abends Filme gucken und dann dort übernachten durfte. Eine Steinglocke schlug zweimal, das Zeichen für mich, 6-Murmelnd den Bauch aufzuschlitzen. Ich tat es. Dann reichte mir jemand ein kleines Feuersteinskalpell. Ich nahm es fest in die Hand, schob sie in den Körper, fand sein Herz und schnitt es mühevoll heraus.
    Sie hoben mich hoch und wirbelten mich immer wieder herum. Sie rieben Asche in die Tinte, schnitten mein Kostüm herunter und woben mich in ein neues. Sie wickelten breite Bänder um meine Hand- und Fußgelenke, kämmten und flochten mein Haar. Und Ölwechsel machen sie auch, dachte ich. Schließlich drapierten sie mir 6-Murmelndes Haut über die Schultern. Während die Zeit um mich her rasend vergangen war, hatten sie ihn gehäutet, die Haut rasch gegerbt und zu einer groben Manta verarbeitet. Eine Hand schob mir ein Tamale in den Mund, in dem ein Teil seines kleingehackten Herzens verarbeitet worden war. Als ich schluckte, erhob das Uay eines Helden, des Enkelsohns von 1-Ozelot, sein Haupt in mir, schüttelte sich den Ichor als Wolke von Granatperlen aus dem Haar und blickte sich um. Wieder hörte ich ein Knacken, und noch eines, und dann prasselte es unaufhörlich. Das waren gar nicht meine Ohren. Vielleicht war es der Stein, der sich Molekül für Molekül zerriss. Dann erst begriff ich, dass es platzende Maiskörner waren, die aus den erhitzten Töpfen sprangen. Ich wandte mich der Mundtür zu. Einige Welpen hielten Ballkellen und schaufelten die blau-weißen Moleküle wie Schnee durch die Öffnung. Sie fielen die Stufen hinunter und wurden vom Wind davongeweht. Von unten musste es aussehen, als schäumte das Maul des Katzenkopfs der Mul. Kühle Luft umfing mich. Ich trat hinaus in den großen blau-grünen Raum der Null-Ebene, und obwohl ich mir immer wieder ins Gedächtnis rief, mich nicht mitreißen zu lassen und dass alles nur ein Schauspiel sei, kam es mir vor, als würde ich aus einer Wunde im Herzbeutel des Himmels geboren.
    Ich sah die weißen Blüten niederfallen und an der lebendigen Oberfläche der Stadt verschwinden, wo an jeder sichtbaren Facette Menschen sprossen wie Knospen an einem Zweig. Unendliche Aufmerksamkeit prallte mir entgegen, die Erwartungen der menschlichen Maisreihen aus Geblüten und Geiseln und Abhängigen, alle auf ihren Ebenen geordnet; alle starrten sie mich an, oder genauer das Kostüm, das ich trug und das perspektivisch von der Pyramidenspitze betont wurde wie das Haupt Christi im Fluchtpunkt von da Vincis Letztem Abendmahl . Es zog die Macht der konvergierenden Masse der Stadt an, der Biomasse, der Anordnung der Berge, der Erde und des Ozeans und der zweiundzwanzig Ebenen des Universums. Ich kam mir vor wie eine Spinnenmutter mit Tausenden von Jungen, die ich mit meinem Leib nähren wollte. Jede Fläche war mit Menschen besetzt wie mit Girlanden, und ich konnte jedem einzelnen in die Augen sehen. Ich trat an den Rand des Schwellensteins und blieb dort stehen. Die Menschen beantworteten meine Wiedergeburt mit einer Art ausgedehntem glücklichem Zischen, das sich immer länger hinzog, länger als die Ovationen beim Bühnenabschied einer Operndiva. Es war zugleich ein Willkommensgruß und ein kollektiver Gefolgschaftseid, etwas, das wir ein »Atemgeschenk« nannten und das theoretisch genauso bindend war wie ein Blutgeschenk. Jeder Einzelne hauchte mir einen Teil seiner oder ihrer Seele ein.
    »Unsere jüngeren Brüder, jüngere Vettern«,
    sagte ich,
    »Ich brauche all eure Hilfe, auf dass ihr mich pflanzet,
    Beim Säen meiner selbst, 1-Türkiser-Ozelots.«
    Näher konnte kein Ahau einer Anrufung des Volkes kommen, denn ich bat um eine Heiligung – oder genauer, ein

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