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2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

Titel: 2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D'Amato
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Jeds Bewusstsein sie automatisch, aber ein wenig zu spät –, verließ das Krankenhausgelände, kam auf eine steile Rampe und erreichte schließlich eine reibungsfreie graue Sacbe, auf der ich zwischen Kristallen aus Topas entlangschlitterte, die, allesamt identisch und faustgroß, in die Oberfläche eingesetzt waren. Selbst bei heruntergelassenen Masken des Schlittens – offenen Fenstern  – belästigte mich der Gestank des toten Jungen, dessen Darm und Blase sich entleert hatten; deshalb hielt ich den Wagen für ein paar Schläge auf der linken Spur und zog dem Jungen mit einiger Mühe die Jacke aus. Als ich auf fünfzig Meilen beschleunigt hatte, öffnete ich die Fahrertür und stieß die Leiche hinaus. Ich spürte, wie sie aufprallte. Der Wagen machte einen Satz: Das Bein des Toten hatte sich im Sicherheitsgurt verfangen, und er schleifte über den Asphalt. An der Art, wie er zuckte, merkte ich, dass er doch noch nicht ganz tot war. Die Jed-Reste in meinem Kopf reagierten mit automatischem Abscheu, einer Art Kombination aus Angst undWiderwillen, doch ich durchschnitt den Gurt mit meinem Gipsstreitkolben, und endlich rollte der Junge von dem Wagen weg wie ein erschossener Gefangener in ein Massengrab. Bei dem Manöver wäre der Wagen beinahe auf den Mittelstreifen geschlittert, doch ich riss den Lenker herum, kam wieder auf die Bahn und schloss die Tür.
    Ich ließ Jeds motorische Erinnerungen übernehmen. Trotz meiner schmachvollen Angst vor dem riesigen Schlitten bekam er den Wagen auf die Große Sacbe. Der Wind fühlte sich in meinen Verbänden großartig an. SÜDE
N
, las ich auf einem grünen Schild. Falsche Farbe für Süden, dachte ich. Ich fuhr schon zu schnell, um mich umzusehen, aber ich bewegte den Rückspiegel von einer Seite auf die andere. Keine Wagen hinter mir, jedenfalls keiner, der schnell aufholte. Ich schaute auf die Tankanzeige. Irgendwoher wusste ich, dass die Nadel genug anzeigte. Jeds Geist schien zu glauben, dass die Nachtwächter-Geblüte – die Polizei – sich schnell abschütteln ließen, denn ganz egal, welcher Bonus winkte, sie konnten nur ein paar Leute für den Fall abstellen. Gleichzeitig jedoch war eine mächtige private Organisation hinter mir her, die im Geld schwamm, und so etwas ist viel ernster. Ich überlegte, achttausend Schläge lang so weit wie möglich zu fahren und dann den Wagen zu wechseln. Keine Panik, wie man heutzutage sagt. Ich zog die letzte Schicht durchsichtigen Zaubertuchs ab, das noch immer an meiner rechten Hand haftete, und beobachtete, wie das gelbe Tachometer mit den komischen Dezimalzahlen dieser Menschen hochzählte, hinauf durch eine Art Himmel oder Dach, das Jeds Geist den Unsichtbaren Gardol-Schild nannte, 61, 71, 79, 83, 90. Bei 94 drückte ich den Tempomatschalter und hielt mich an der Steuerplatte fest wie ein Kind am Rücken der Mutter, spürte die Geschwindigkeit von zwanzig Mixteken-Boten.
    Treffer, sagte ich zu mir selbst. Tor.
    Sieg.

VIERTER TEIL

    DIE ANARETA



(108)
    Ich verließ die USA auf der sogenannten Maya Diaspora , der Route für illegale Immigranten, die Jed einmal gesponsert hatte und die von Miami nach San Antonio und dann männerhandwärts an der sogenannten Panamericana-Sacbe entlang durch das wiederbesiedelte Teotihuacán und schließlich nach Belize City führt. Ich konnte mir einige Früchte von Jeds Paranoia zunutze machen. Ehe ich Florida verließ, tötete ich wegen seiner abstoßenden, aber korrekt sitzenden Kleidung jemanden aus einer geschichtslosen Sippe – ich glaube, man nennt sie hier Obdachlose –, nahm einen halb gefälschten Pass aus Jed 1 ’ anonymem Safe bei einem Einlagerungsunternehmen und fand sogar heraus, dass Jed 2 in der Dominikanischen Republik unter falschem Namen ein Bankkonto eröffnet hatte, von dem ich an Geldautomaten der Western Union Bargeld abheben konnte, indem ich einen Code benutzte, und keine Karte – und nachdem ich ihn ein wenig unter Druck gesetzt hatte, nannte Jeds sterbendes Bewusstsein diesen Code. Ich behielt Jed 1 ’ und Jed 2 s Gewohnheit bei, fünfmal am Tag den Geheimserver anzurufen, wie er ihn nannte, damit dieser nicht die ganze Geschichte ausplauderte. Einer von Jeds alten Zeta-Kontakten – ich setzte darauf, dass der Bursche in Ordnung war, denn er gehörte zu den wenigen, die Jed nie irgendwo erwähnt und in irgendeine Tastatur eingegeben hatte – verkaufte mir weitere Papiere und fünf sehr kleine Sprengsätze, die wir, als Druckerpatronen getarnt,

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