2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)
war nicht besonders überzeugend, es war nur eigenartig. Dann begriff er, was vor sich ging, doch ich hatte mich bereits von Grgur losgeschnitten und huschte zwischen die Jugendlichen. Grgur prallte gegen den Polizisten, ehe er zusammenbrach, was mir einen weiteren Schlag verschaffte. Ich schnappte mir einen der gesünder aussehenden Rabauken und schlug ihm ins Gesicht, aber nicht fest genug, um ihn wirklich zu verletzen.
»Du bist verhaftet, Drecksack!«, brüllte ich. Der Bursche erholte sich rasch, und er und zwei seiner Freunde griffen mich an und packten meinen Patientenkittel. Ich befreite mich von dem Ding, ließ es über dem Kopf von ihnen zerreißen, bahnte mir einen Weg durch das losbrechende Handgemenge und stand plötzlich vor einer Reihe aus Wartezimmersitzen. Ich sprang über die Sitze hinweg. Es fühlte sich gut an. Die Ampullen mit den Betäubungsmitteln warf ich in eine große steinbesetzte Mülltonne. So viel zu Grgur, dachte ich. Er hättesich nicht mit dem Großen Roten anlegen sollen. Er war Futter für die Käfer von Xib’alb’a.
»Bleiben Sie stehen!«, rief eine laute Männerstimme von rechts durch ein Megafon. »Sir!«
Ich schob mich auf die Tür zu, die nur zehn Armlängen entfernt war. Durch das Gewebe entdeckte ich zwei große Kerle in hellen Anzügen, die sich zusammen mit den Cops durch die Menge drängten, doch mittlerweile kam eine komplette mexikanische Großfamilie zu uns. Ein paar von den Teenager-Geblüten, oder wie man sie nennen sollte, trugen Farben der Kings. Ich lenkte uns um sie herum und kam zur Außentür und tanzte hindurch, als wäre ich ein Partytyp unter Drogen. Jemand packte mich von hinten bei der Schulter, und ich fuhr herum. Ich konnte durch die käsetuchbedeckten Augenovale in der Maske nicht besonders gut sehen, aber es war der Junge, dem ich eins auf die Nase gegeben hatte. Ich zog ihm die Spitze meines Gipsverbands übers Handgelenk, und er fiel zurück und starrte es an. Ich wandte mich um und ging davon, bewegte mich in relativ normalem Tempo auf das erste Paar großer Glastüren zu. Die Menge wich vor mir beiseite. Dass ich fast nackt war, wirkte sich nun zu meinen Gunsten aus, denn es ließ die Menschen ein wenig vor mir zurückschrecken. Dennoch, der Lärm in meinem Rücken erweckte den Eindruck, als hätten die Schergen von Warren uns fast erreicht. Die zweite Tür öffnete sich mit einem Schwall angenehmer, heißer Krötenatem-Abendluft. Ich sah nicht zurück, ging einfach über den Beton, öffnete die Beifahrertür des alten Dodge Van der mexikanischen Familie, stieg ein und knallte die Tür zur. Am Lenkrad saß eine nicht mehr ganz junge Frau vom Typ altjüngferliche Tante; auf der Rückbank hockten zwei kleine Kinder. Ich kroch über den Schoß der Tante auf den Vordersitz, blickte aus dem offenen Fenster und sah einen tiefergelegten schwarzen Maxima mit einem gespenstischen Schwarzlichtleuchten, das unter dem Chassis hervorkam, als schwebte der Wagen auf einer xib’alb’anischen Farbwolke. Hinter dem Steuer saß ein vielleicht fünfzehnjähriger Möchtegern-Pseudo-Maya. Ich glitt zur Fahrertür des Vans hinaus, öffnete die Beifahrertür des Maximas, stieg ein und knallte die Tür hinter mir zu.
»Mach keinen Fehler, sonst bring ich dich um«, sagte ich auf Spanisch. »Umfahr das Taxi da.«
Der Junge wollte nach irgendetwas zwischen seinen Beinen greifen, also tötete ich ihn, indem ich ihm den Gipsstreitkolben zwischen die Augen schlug, genau auf die Nasenwurzel, und dann über den Adamsapfel zog. Statt ihn aus dem Auto zu werfen, schaltete ich nur auf D (es war natürlich ein Automatik), kauerte mich hin, drückte den Fuß des Toten auf das Gaspedal und lenkte uns um das Taxi herum, indem ich mich an den Lichtern über uns orientierte, dann vorbei an zwei Minivans, deren Stoßstangen ich mit den kleinen Katzenfischbarteln des Wagens erspürte. Dann beschleunigte ich. Wir schossen unter dem Vordach vor dem Eingang der Notaufnahme hervor. Außer Reichweite, dachte ich. Ich hob den Kopf und begann richtig zu lenken, bewegte die Kiste mit durchgetretenem Gaspedal durch einen Kreisel und fuhr die Rampe zum Highway hoch. Irgendetwas scharrte auf der Straße. Tiefergelegte Autos sind klasse; sie haben ein tolles Kurvenverhalten. Kein Ausbrechen, kein Schlittern.
Von der anderen Seite her fuhren Polizeiwagen mit Sirenen und Blaulicht unter das Vordach, zu spät wie immer. Ich hüpfte über die Backenzähne der Straße – Temposchwellen nannte
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