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2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

Titel: 2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D'Amato
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2-Juwelenbesetzter-Schädel zusammenzubringen. Sie ist der aufsteigende Stern, also tue ich ihm einen Gefallen, sagte ich mir. Trage ihm die Tasche und so weiter. Trotz des Ärgers, den die Ozelots machten, war und blieb die Harpyien-Sippe die wohl reichste Familie von Ix, und er war nach wie vor ihr Oberhaupt. Stimmt’s? Vielleicht sollten wir sogar jeden wissen lassen, dass Ix unser Ziel war. Bisher wussten es nur die Anführer. Unser angeblicher Bestimmungsort war Kaminaljuyu, das dort stand, wo später Guatemala-Stadt errichtet werden sollte. Davon abgesehen hatten wir nur verlauten lassen, dass wir das Gebiet durchqueren wollten, das wir in meiner eigenen Zeit Oaxaca nannten und in dem sich heute dicht an dicht kleine Stadtstaaten drängten, die dem Reich Teotihuacáns unterworfen gewesen waren. Wenn wir jemandem unser wahres Ziel verrieten, konnten die Katzen davon erfahren und uns den Weg verlegen. Oder 9-Reißzahn-Kolibri erwartete uns schon, oder irgendetwas anderes geschah …
    Ich döste langsam ein. Aber dann hörte ich etwas beklemmend Vertrautes:
    »1-Stachelschwein-Arsch fing zwei der Käfer-Männer.«
    Ohne ersichtlichen Grund bekam ich eine Gänsehaut und brauchte einen Schlag, bis ich begriffen hatte, dass ich nur ein paar Amateur-Rhythmushalter irgendwo vor uns hörte, die Verse sangen, um zu messen, wie lange jedes Geblüt beim Trinkwasserfassen seinen Mund unter dem Wasserschlauch halten konnte. Sie benutzten das gleiche zur Zeit populäre Lied, das die Ball-Brüder und ihre Gast-Geblüte aus anderen ixianischen Sippen benutzt hatten, um in jener Nacht die Zeit zu messen – der schlimmsten Nacht meines Lebens, trotz einer Menge Mitbewerber. Jener Nacht vor zweiundfünfzig Tagen, als sie mich als Hirsch verkleideten und jagten:
    »(Trink) Er zermahlte sie in einem großen Topf, er warf (Stopp),
    (Trink) zwanzig blaue Maiskornschädel in den Topf (Stopp) …«
    Na ja, dachte ich, inzwischen stehen die Dinge anders. Vielleicht geht die Welt zu Ende, aber wenigstens gehöre ich jetzt mit dazu.



(21)
    Mein Kostümierer – nicht Gürteltierschiss, sondern ein Diener, der am Totempfahl noch weiter unten saß – brachte mir meinen Urinbeutel. Ach, Redivivus. Ich bekam einen Schluck kalten Kakao aus einer Hundehaut. Dann untersuchte er meine Füße, ölte sie ein und band mir ein frisches Paar Laufsandalen an. Schließlich rannte er fort, um meine Exkremente zu vergraben, damit niemand sie in die Hand bekam und aus der Ferne Flüche auf mich legen konnte. Na los, Junge, dachte ich. Tu, was du tun musst. Ich ließ mich absetzen und ging in einen leichten Trab über. Die dünne trockene Luft kam mir entgiftend vor. Ich verließ den Weg für kurze Zeit und sah ungefähr zwanzig Seillängen voraus Kohs drei Sänften. Sie waren identisch, damit der Feind nicht wusste, in welcher Sänfte sie saß, sollte er mit einem Angriff durchkommen. Die Schlucht öffnete sich auf eine Hochebene zwischen erloschenen Vulkanen, auf der sich noch das Raster einer alten Stadt zeigte, übersät mit toten Eichen, verdorrten Agaven, Ocotillos und Feuerbüschen, und auf allem wimmelten sich paarende schwarze Marienkäfer. Merkwürdigerweise folgten uns noch immer Holzascheflöckchen von den brennenden Häusern hinter uns; sie wehten über die überwucherten Plätze und wirbelten zu den Grashüpfer-Spaßmachern, flinken Staubteufeln, die wild wie Derwische vor uns zum alten Tempelbezirk hintanzten. Einige Geblüte hatten sich über die Ruinen verstreut und vernichteten sämtliche Tierornamente, die irgendwie mit Katzen zu tun hatten. Wir wollten keine deutliche Spur hinterlassen, aber die Wischer, die uns folgten, konnten auch nicht jeden Hinweis auf so viele Menschen vollständig beseitigen. Einige »geschichtslose Sippen« – Personen, die wir vom letzten B’ak’tun »die Obdachlosen« nennen –, hatten sich in den alten Palästen einquartiert, aber als wir kamen, watschelten sie davon wie verwirrte Mutanten nach dem atomaren Holocaust und behielten uns, hinter rußige Lehmsteinwände geduckt, im Auge.
    Beim Tod der Sonne hatten wir die Messer-Minen erreicht, eine glänzend schwarze Felslandschaft aus rasch abgekühlten Lavaspritzern, die aussah wie das Hologramm einer winzigen Zeitspanne jenes geologisch brutalen Tages, an dem der Überlieferung zufolge der Kalender begann, nach gregorianischer Zeitrechnung der 11. August 3113 vor Christi Geburt. Der weiße Himmel färbte sich rot, was bedeutete, dass unser Ahnherr

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