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2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

Titel: 2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D'Amato
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herauskam, der Große Östliche bacab , um uns zu beobachten. Als die Röte sich vertiefte, blies er einen anderen Wind zu uns, der überwältigend nach faulen Eiern stank. Ich spürte, wie das Magma im Boden pulsierte und wie eine riesige wachsame Präsenz vor uns eine beruhigende mütterliche Energie ausstrahlte. Jenseits der Steilhänge blitzte es am Himmelsrand. Eine frische Brise kam auf, und Hun Xoc entschied, die gesamte Kolonne von der Hauptstraße auf einen schmaleren Weg verlegen zu lassen, weil der Wind vielleicht unsere Spuren verwischte. Um dorthin zu kommen, mussten wir in der Dunkelheit ein Išhtar-Terra-haftes Plateau überqueren, und das war gar nicht lustig. Man konnte nichts hören, und meist sah man die Hand vor Augen nicht. Orientierung fiel daher flach, und Hun Xocs Rasslerführer ging nach dem Buch vor. Blitze ringelten sich über uns in grellen Knoten, und einen Schlag lang sah man alles in einem pulverigen Licht wie von Industrie-Leuchtstoffröhren. Gegen Morgen durchquerten wir ein großes, von Norden nach Süden führendes Tal voller toter Bäume, die sich alle in die gleiche Richtung neigten, fort von dem Hirschen, dem Sternbild Jungfrau. Das einzig Gute daran war, dass die Dorfbewohner uns Schnee von den Bergspitzen verkauften. Wir bestanden darauf, dass unser eigener Koch ihn zu Wassereis mit eingelegten Guavenfrüchten verarbeitete.
    Die Aschewolke hüllte uns nun völlig ein, als wären wir durch eine große Tür in eine Welt getreten, in der alles aus grauer Knetmasse modelliert war. Einmal glaubte ich, dass einige Ascheflöckchen lebten; dann erst begriff ich, dass es Wolken aus sich paarenden Weißen Fliegen waren. Jedes Dorf, durch das wir kamen, hatte die Leichenvon Opfern auf den gammeligen kleinen Zócalos aufgespießt, gewöhnlich hübsche kleine Kinder, aber in unterschiedlichen Stadien der Verwesung. Nach einem verbreiteten Stil traten die Pflöcke an ihrem Anus ein und ragten aus den Mündern. Einige sahen aus, als wären ihre Hände oder Füße abgebrannt worden, während sie noch lebten, damit sie die feurige Stimmung der Erdkrötin nachempfanden. Offensichtlich hatten die Opfergaben nicht geholfen; viele Dörfer waren verlassen. Manchmal fanden wir Haufen von alten Opfern aus Bataten und Maniok und Hunden, die schon viel zu ausgetrocknet und madendurchsetzt waren, um sie zu essen, aber unser kleiner Zug aus Gefangenen raffte sie an sich und kaute dennoch auf ihnen herum. Als die zwölfte neue Sonne starb, waren wir im Asphaltsumpf rings um die Zigarren der Kröte, rissige Flächen mit speienden Schloten wie Pockennarben. Wenn eine Gasblase die klebrige Kruste aufriss, erklärten die Geblüte unvermeidlich, dass »sie wieder ein Mordsding ausbrütet« oder Ähnliches, so als sagten sie »Gesundheit«. Der große Kegel links von uns wuchs nicht wahrnehmbar. Er war nervtötend regelmäßig geformt, und seine Hänge stiegen im gleichen 49°-Winkel an wie die Rassler-Mul in Teotihuacán. Er hob sich gegen den eigenen Staub ab und war mit dünnen, leuchtend rosafarbenen Lavafäden belegt, die sich wanden und zu verschlackten Gletschern erstarrten. Die Führer hießen uns nach Westen abbiegen, um etwas zu umgehen, das Xib’alb’a-Chen genannt wurde, Totenland-Brunnen. Aus ihrer Beschreibung reimte ich mir zusammen, dass es ein Kratersee sein musste, der das Kohlendioxid tonnenweise in die Luft pustete. Angeblich hatte er schon viele Menschen und Tiere getötet. Wir suchten uns einen Weg über eine Ebene aus Fumarolen und dampfenden Mineralquellen bis hinunter zu einem Weg, der dem Río Atoyac folgte, südwestlich durch die Sierra Madre del Sur, vorbei an Etla und Mitla, Orten, von denen ich geglaubt hatte, sie aus dem 21. Jahrhundert gut zu kennen, die aber jetzt völlig unähnlich aussahen, obwohl wir sie weniger als eine Jornada von der Stadt entfernt passierten, die später Monte Albán heißen würde. Ich denke, das eine oder andere ist durchaus schön gewesen, aber ich erinnere mich hauptsächlich an Monotonie, an den Gestank, der von den abgezogenen Häuten derMeldegänger aufstieg, die in der Sonne rösteten, und an die tödliche Einsamkeit der Jillion namenloser Dörfchen, die allesamt den Dominoeffekt der kontinentweiten Depression zu spüren begannen, die in Teotihuacán ihren Ausgang genommen hatte.
    Tausende der langsameren Reisenden hatten wir zurückgelassen, als wir unser Tempo verdoppelten, aber die Herolde gingen uns noch immer voraus, bekehrten Dörfer und

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